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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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zu und ließ den Motor an. Das Lenkrad in den Händen, überlegte er, ob er überhaupt fahrtüchtig war.
    Er schaltete die Klimaanlage ein und richtete zwei Düsen auf sein Gesicht.
    Während er versuchte, seine Benommenheit richtig einz u schätzen, ging automatisch die Innenbeleuchtung aus. Billy schaltete sie sofort wieder ein.
    Er kippte den Rückspiegel so, dass er sein Gesicht inspizieren konnte. Es sah aus, als hätte er sich eine Teufelsmaske aufg e malt: dunkelrot mit hellen Zähnen. Das Weiß der Augen war unnatürlich grell.
    Um seine Stirn zu betrachten, musste er den Spiegel noch einmal justieren. Dann sah er endlich die Ursache seiner Schmerzen.
    Im ersten Augenblick weigerte er sich zu glauben, was er sah. Er gab sich lieber der Vorstellung hin, dass das Betäubungsmi t tel nicht nur Schwindel verursachte, sondern auch Halluzinationen.
    Er schloss die Augen und atmete einige Male tief durch.
    Dabei bemühte er sich redlich, das Bild im Spiegel zu ve r drängen, und hoffte, es beim zweiten Blick nicht wiederzusehen.
    Leider hatte sich nichts geändert. Einen Fingerbreit unterhalb des Haaransatzes steckten nebeneinander drei Angelhaken in seiner Stirn.
    Die mit einem Widerhaken versehenen Spitzen ragten ebenso heraus wie die Ösen auf der anderen Seite. Die Krümmung dazwischen befand sich unter der Haut.
    Schaudernd wandte Billy den Blick ab.
    Es gibt Tage, vor allem aber einsame Nächte des Zweifels, da fragen sich selbst gläubige Menschen, ob es tatsächlich etwas jenseits des irdischen Lebens gibt – oder ob sie nur wie die Tiere sind, die nichts erben werden als Wind und Finsternis.
    Dies war eine solche Nacht für Billy. Es war nicht die erste, und immer war der Zweifel wieder zurückgegangen. Billy sagte sich, dass das wieder so sein würde, obwohl das Gefühl diesmal kälter war und gewiss einen stärkeren Rückstand hinterließ.
    Zuerst war ihm der Irre wie ein Spieler vorgekommen, für den Mord ein Sport war. Die Angelhaken in der Stirn waren jedoch offenbar kein reiner Spielzug mehr. Das hieß, es handelte sich also doch nicht um ein Spiel.
    Für den Täter war das Töten mehr als bloßer Mord, aber nicht so, dass es für ihn wie eine Form von Schach oder Poker gewesen wäre. Menschen umzubringen besaß für ihn eine symbolische Bedeutung und war mehr als reines Amüsement. Er verfolgte damit irgendeinen geheimnisvollen Zweck.
    Wenn »Spiel« das falsche Wort war, dann musste Billy das richtige finden. Bevor er es fand, war er nicht in der Lage, den Mörder zu verstehen und würde ihn deshalb auch nicht aufsp ü ren können.
    Mit einem Papiertaschentuch tupfte er sich vorsichtig das geronnene Blut von den Augenbrauen und reinigte auch seine Lider und Wimpern.
    Der Anblick der Angelhaken hatte ihn völlig aus der Trance gerissen. Aller Schwindel war verflogen.
    Die Wunden mussten versorgt werden. Er schaltete die Scheinwerfer ein und lenkte den Wagen auf die Landstraße.
    Unabhängig davon, welches Endziel der Irre verfolgte und welche Symbolik sich hinter den Angelhaken verbarg, er hatte Billy sicherlich auch dazu bringen wollen, einen Arzt aufzus u chen. Der würde eine Erklärung für das Vorhandensein der Haken verlangen, und dann steckte Billy noch tiefer im Schl a massel, egal, welche Antwort er gab.
    Sagte er die Wahrheit, dann brachte er sich mit den Morden an Giselle Winslow und Lanny Olsen in Verbindung. Mehr noch, er wurde zum Hauptverdächtigen.
    Ohne die drei Botschaften hatte er keinerlei Beweis dafür, dass der Irre existierte.
    Die Angelhaken würde man bei der Polizei kaum als glaubha f ten Beweis ansehen, denn es konnte sich ja auch um einen Fall von Selbstverstümmelung handeln. Es kam schließlich durchaus vor, dass Mörder sich selber eine Verletzung beibrachten, um sich als Opfer darzustellen und dadurch den Verdacht von sich abzulenken.
    Billy kannte den zynischen Blick, mit dem manche Cops seine dramatischen, bizarren, aber doch oberflächlichen Wunden betrachten würden. Er kannte ihn nur zu gut.
    Außerdem war Billy ein Angler. Er fischte Forellen und Barsche. Die Haken in seiner Stirn hatten genau die Größe, die man brauchte, um einen großen Barsch aus dem Wasser zu ziehen, wenn man Lebend- statt Kunstköder verwendete. In seinem Angelkasten zu Hause befanden sich genau solche Haken, wie sie ihm jetzt im Fleisch steckten.
    Er wagte es nicht, einen Arzt zu konsultieren. Deshalb musste er sich selbst verarzten.
    Es war halb vier Uhr morgens, weshalb er die

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