Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Darbietungen« bezeichnet.
    Offenbar war die Annahme, dass er Mord in erster Linie für ein spannendes Spiel hielt, falsch. Teilweise mochte das zwar durchaus zutreffen, aber die Freude an einem perversen Zeitve r treib war weder ganz noch vorrangig das, was den Täter motivierte.
    Billy wusste nicht recht, was er mit dem Begriff »Darbietung« anfangen sollte. Vielleicht hielt sein Peiniger die Welt für eine Bühne, die Wirklichkeit für eine Täuschung und alles, was es gab, für künstlich.
    Wie diese Einstellung eine solche Mordgier erklären konnte, war Billy jedoch völlig schleierhaft.
    Diesen Mann als »Peiniger« zu bezeichnen, war die falsche Einstellung. Das war jemand, dem man hilflos ausgeliefert war. Ein besserer Ausdruck war »Widersacher«. Schließlich hatte Billy die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
    Da die Haustür offen stand, würde er hören, wenn das Telefon in der Küche läutete. Noch war es still.
    Billy begann langsam zu schaukeln, nicht um ein unruhigeres Ziel abzugeben, sondern um seine Nervosität zu kaschieren und es dem Mörder zu versagen, sich daran zu weiden. Dabei betrachtete er die beiden Lebenseichen, die dem Haus am nächsten standen.
    Es waren riesige alte Bäume mit weit ausladenden Kronen. In der hellen Sonne sahen ihre Stämme und Äste schwarz aus.
    Dort oben im Schatten hätte ein Schütze durchaus eine Astg a bel finden können, die genug Platz für ihn und das Stativ seiner Waffe bot.
    Die nächsten beiden Häuser, eines auf dieser, eines auf der anderen Seite der Straße, waren etwa tausend Meter weit entfernt. Falls dort niemand zu Hause war, hatte der Irre dort einbrechen können und lauerte jetzt womöglich an einem der Fenster im Obergeschoss.
    Darbietung.
    Billy kannte niemanden, für den dieses Wort eine größere Bedeutung hatte, als Steve Zillis. Für Steve war die Kneipe eine Bühne.
    Aber war es logisch, dass ein Serienmörder, der seine Opfer verstümmelte, einen so schlichten Humor und eine so infantile Vorstellung von Theater hatte, dass er sich daran aufgeilte, Erdnüsse aus der Nase abzufeuern, mit der Zunge Knoten in Kirschstängel zu binden und Blondinenwitze zu reißen?
    Ab und zu warf Billy einen verstohlenen Blick auf die Ar m banduhr, die da auf dem Geländer lag.
    Drei Minuten zu warten war vernünftig. Auch vier Minuten. Aber als fünf vergangen waren, kam Billy das zu lange vor.
    Er wollte schon aufstehen, als er die Stimme Cottles hörte: Für mich können Sie keine Entscheidung treffen! Da drückte das Gewicht der Verantwortung ihn wieder auf den Schaukelstuhl.
    Weil Billy seinen ungebetenen Besucher vorher gezwungen hatte, die fünfminütige Entscheidungsfrist zu überschreiten, zahlte der Irre es ihm und Cottle womöglich heim, indem er sie eine Weile auf glühenden Kohlen sitzen ließ, um ihnen unter die Nase zu reiben, dass mit ihm nicht zu spaßen war.
    Dieser Gedanke beruhigte Billy eine kleine Weile. Dann kam ihm eine wesentlich verhängnisvollere Erklärung in den Sinn.
    Als Cottle nach den vorgegebenen fünf Minuten nicht sofort ins Haus gegangen, sondern von Billy weitere zwei oder drei Minuten aufgehalten worden war, hatte der Mörder das womö g lich so gedeutet, dass Billy sich weigerte, ein Opfer auszuwählen. Was ja tatsächlich der Fall war.
    Angesichts dieser Annahme konnte der Mörder dann zu dem Schluss gekommen sein, dass er keinen Grund mehr hatte, Ralph Cottle anzurufen. Hatte er deshalb einfach sein Gewehr geno m men und sich davongemacht, egal, ob er nun im Wald oder in einem der Häuser da unten gelauert hatte?
    Wenn er bereits ein Opfer ausgewählt hatte, bevor er Billys Antwort hörte, und das hatte er bestimmt getan, dann brannte es ihm womöglich auf den Nägeln, seinen Plan auszuführen.
    Zu den Menschen, die Billy kannte, gehörte natürlich auch die wichtigste Person in seinem Leben: Barbara, die hilflos im Pflegeheim lag.
    Obwohl Billy über keinerlei Erfahrungen oder Informa tionen verfügte, die seine Folgerungen rechtfertigten, spürte er, dass dieses bizarre Drama sich noch im ersten von drei Akten befand. Sein furchtbarer Widersacher war bei weitem noch nicht bereit, diese Darbietung abzuschließen, weshalb Barbara sich nicht in unmittelbarer Gefahr befand.
    Falls der Irre etwas über die Ursache von Billys Qualen wusste – und offenbar wusste er eine Menge darüber –, dann war ihm auch klar, dass Billy durch Barbaras Tod sofort allen Kampfe s mut verlieren würde. Widerstand war jedoch ein Grundelement

Weitere Kostenlose Bücher