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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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wir beide umgebracht.«
    »Es ist mein Haus!«
    Als Cottle wieder einmal die Flasche zum Mund führte, zitte r ten seine Hände so sehr, dass das Glas an seine Zähne klapperte. Whiskey rann ihm übers Kinn.
    Ohne sich das Zeug vom Gesicht zu wischen, sagte Cottle:
    »Er will, dass Sie da sitzen bleiben. Wenn Sie versuchen reinzugehen, bläst er Ihnen das Hirn aus dem Schädel, noch bevor Sie die Tür erreicht haben.«
    »Welchen Sinn soll das denn haben?«
    »Und anschließend bläst er auch mir das Hirn aus dem Sch ä del, weil ich Sie nicht dazu gebracht hab, mir zuzuhören.«
    »Nein, das wird er nicht tun«, widersprach Billy, der allmä h lich zu ahnen begann, wie der Irre dachte. »Er ist nicht bereit, die Sache so enden zu lassen.«
    »Woher wollen denn Sie das wissen? Sie haben doch keine blasse Ahnung!«
    »Er hat einen Plan, ein Ziel, etwas, das Sie und ich nicht begreifen, das für ihn aber Sinn ergibt.«
    »Ich bin bloß ein nutzloser Säufer, aber selbst ich weiß, dass das völliger Quatsch ist!«
    »Er will, dass alles genauso läuft, wie er es sich ausgedacht hat«, sagte Billy mehr zu sich selbst als zu seinem ungebetenen Gast. »Da soll es nicht mittendrin mit zwei Kopfschüssen enden.«
    Furchtsam blickte Ralph Cottle in den grellen Tag jenseits der Veranda. »Sie starrköpfiger Trottel, jetzt hören Sie mir doch mal zu! Wieso tun Sie das denn nicht endlich mal?«
    »Gut, ich höre zu.«
    »Sie haben selbst gesagt, er will, dass es so läuft, wie er es vorgesehen hat. Er will nicht mit Ihnen sprechen. Kapiert? Vielleicht will er nicht, dass Sie seine Stimme hören.«
    Das war plausibel, falls es sich bei dem Irren um jemanden handelte, den Billy kannte.
    »Oder er hat genauso wenig Lust, sich Ihren Blödsinn anzuh ö ren, wie ich. Keine Ahnung. Wenn Sie ans Telefon gehen wollen, um ihm zu zeigen, wer der Boss ist, bloß um ihm eins reinzuwürgen, und wenn er Ihnen dafür das Hirn rausbläst, ist mir das scheißegal. Aber anschließend wird er auch mich abknallen, und für mich können Sie keine Entscheidung treffen. Dazu haben Sie einfach nicht das Recht! «
    Billy wusste, dass sein Instinkt richtig war: Der Irre würde sie nicht erschießen.
    »Ihre fünf Minuten sind abgelaufen«, sagte Cottle kummervoll und deutete auf die Armbanduhr. » Sechs Minuten. Es sind sogar schon sechs Minuten vorbei. Das wird ihm gar nicht gefallen.«
    In Wahrheit wusste Billy natürlich nicht, dass der Irre nicht abdrücken würde. Das vermutete er zwar, er ahnte es, aber wissen tat er es nicht.
    »Die Zeit ist um. Jetzt sind es bald sieben Minuten. Sieben Minuten! Er erwartet von mir, dass ich die Veranda verlasse und ins Haus gehe.«
    Cottles ausgebleichte blaue Augen glühten vor Angst. Er hatte so wenig, wofür er leben konnte, und war doch so versessen darauf weiterzuleben.
    Was gibt es sonst auf der Welt?, hatte er gesagt.
    »Los«, sagte Billy.
    »Was?«
    »Los, gehen Sie rein. Gehen Sie ans Telefon.«
    Cottle sprang so hastig auf, dass er die offene Flasche fallen ließ. Whiskey gluckerte heraus.
    Statt sich zu bücken, um seinen Schatz zu retten, tappte er so hektisch zur Haustür, dass er mit dem Fuß an die Flasche stieß, sodass diese über den Boden kreiselte.
    An der Türschwelle blickte er sich noch einmal um. »Ich weiß aber nicht, wie lange es dauert, bis er anruft.«
    »Prägen Sie sich bloß jedes Wort ein, da? er sagt«, wies ihn Billy an. »Jedes einzelne Wort, und zwar genau!«
    »Natürlich, Sir. Das werde ich tun.«
    »Und jede Betonung. Sie prägen sich nicht nur jedes Wort ein, sondern auch, wie er es sagt, und dann berichten Sie es mir.«
    »Gewiss, Mr. Wiles«, versprach Cottle. »Jedes Wort.« Damit ging er ins Haus.
    Billy blieb allein auf der Veranda sitzen, vielleicht immer noch im Fadenkreuz eines Präzisionsvisiers.
     

24

    Wie luftige Geishas tanzten drei Schmetterlinge aus dem Sonnenschein in den Schatten der Veranda. Ihre Seide n kimonos bauschten und schlossen sich mit anmutig wirbelnden Farben, so scheu wie hinter den Falten handgemalter Fächer verborgene Gesichter. Dann entflohen sie rasch wieder in die Helligkeit, aus der sie gekommen waren.
    Darbietung.
    Vielleicht war dies das Wort, das den Mörder am besten charakterisierte, das zu einer Erklärung seiner Taten führte und seine Achillesferse enthüllte, wenn man es begriff.
    Laut Ralph Cottle hatte der Irre den Mord und die anschli e ßende Verstümmelung einer Frau als »zweiten Akt« innerhalb einer seiner »besten

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