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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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Invasion und Entführung der Kaisertochter. Außer Eudocia wurden auch ihre Mutter und ihre Schwester verschleppt sowie weitere Angehörige der römischen Oberschicht und Männer mit Berufen, die in Nordafrika benötigt wurden. Insgesamt steht diese Demütigung Roms in Zusammenhang mit dem Ausbau vandalischen Einflusses im Mittelmeerraum zuungunsten des Weströmischen Reiches. Ein Beutezug war es also durchaus, aber kein Vandalismus im heutigen Sinne, zumal die Bevölkerung auf Betreiben des Papstes offenbar weitgehend geschont wurde. Aber natürlich war die Breitenwirkung dieser Nachricht enorm: Ein Newcomer-Völkchen hatte die ehrwürdige Stadt Rom erobert und geplündert! Die römischen Chronisten empörten sich nach Kräften und beklagten den Bruch des Vertrages von 442, den die Vandalen aber offenbar mit der Ermordung Valentinians für erloschen betrachteten. Wie auch immer: Die Schlagzeile von der Plünderung der Ewigen Stadt überdauerte in den Köpfen der Menschen die Jahrhunderte, weil es das Ende der römischen Kultur nach einem glanzvollen Jahrtausend durch den Druck barbarischer Völker vortrefflich zu illustrieren schien.
    Der schlechte Leumund der Vandalen verweist zum anderen auf ihren Zug durch Gallien, wo sie sich ziemlich rabiat gebärdeten. In verschiedenen Städten Nordgalliens haben Archäologen Brandschichten im Boden lokalisiert, die von Zerstörungen durch Vandalen stammen können, wenn auch nicht müssen. In Frankreich wurde denn auch der Begriff Vandalismus für blinde Zerstörungswut geprägt: 1794, also während der Französischen Revolution. Henri Grégoire, Bischof von Blois und revolutionärer Politiker, geißelte im Pariser Nationalkonvent Mordlust und Kulturbarbarei mancher Jakobiner, die auch viele Kunstwerke als Symbole des überwundenen Ancien Régime eifrig zerstörten, als »Vandalismus«. Schon vier Jahre darauf wurde der Ausdruck ins Wörterbuch der Académie française aufgenommen. Damit war der Begriff in der Welt und sollte trotz des schiefen historischen Bezugs Karriere machen – im Wortschatz der meisten europäischen Sprachen.

Mit ihrem Kalender wollten die Maya den Weltuntergang datieren – IRRTUM!

    Wieder einmal ist er ausgeblieben, der Weltuntergang. Seit Menschengedenken wird in unregelmäßigen Abständen das Ende der Zeiten erwartet, herbeigesehnt, heraufbeschworen – ob aus religiösen Gründen, zu propagandistischen oder ideologischen Zwecken oder aus bloßer Sensationsgier. Als im Jahr 2012 der 21. Dezember näher rückte, wurden die alten Maya Mittelamerikas zum großen Thema der Medien. Abermals ging es um den Untergang unserer Welt, der zuletzt für den Jahrtausendwechsel angekündigt worden war und zweifellos auch in Zukunft Konjunktur haben wird. In diesem bisher letzten Fall wurden die Maya bemüht, die angeblich für diesen Tag das Ende aller Zeiten erwartet hätten, und ihr Kalender, der an diesem Tag eben deshalb zu seinem Ende komme. In Rechnung und Schreibweise des Maya-Kalenders lautet dieses Datum 13.0.0.0.0 4 Ahau 3 Kank’in.
    Die Hochkultur der Maya mit ihrer Blüte zwischen dem 3. und 10. Jahrhundert ist legendär. Zu einer Zeit, die man für Europa eher mit einem finsteren Mittelalter assoziiert, das seine Glanzzeiten noch vor sich hatte, schufen mitten im mittelamerikanischen Regenwald Menschen eine bewundernswerte, kulturell fortgeschrittene, wirtschaftlich kraftvolle und künstlerisch reiche Kultur, die schließlich aus ungeklärter Ursache ihren Niedergang erlebte und in der Folge dem Vergessen anheimfiel. Den vergleichsweise kümmerlichen Resten der Maya-Kultur machten spanische Konquistadoren den Garaus, als sie im frühen 16. Jahrhundert den Bewohnern der Region ihre Herrschaft aufzwangen. Erst im 19. Jahrhundert wurden mitten im Urwald und verborgen unter dichtem Wildwuchs die verfallenen Tempel und Städte wiederentdeckt. Mit bewundernswertem Einsatz und großem Aufwand machten sich Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen an die Arbeit, die Rätsel der Hochkultur zu lösen. Zu ihren Zielen gehörte es, den Kalender der Maya zu entschlüsseln und zu erklären. Er sollte sich als ausgefeilter und leistungsfähiger erweisen, als man es einem Regenwaldvolk hätte zutrauen mögen. Während der Kalender und die Mathematik der Maya schließlich entschlüsselt werden konnten, war die Erklärung, warum sie mit ihrem Kalender einen derartigen Aufwand betrieben und wie er genau genutzt wurde, zunächst schwieriger. Erst mit der

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