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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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Entzifferung ihrer Schrift wurde es möglich, die Geschichte der Maya-Kultur zu rekonstruieren. Bis dahin aber boten ausstehende Erklärungen jede Menge Raum für mal seriöse Überlegungen, mal wilde Spekulationen.
    Schon bei der Mathematik heißt es umdenken, denn die Maya rechneten nicht wie wir mit der Grundzahl 10 und im daraus abgeleiteten Dezimalsystem, sondern richteten ihre Mathematik nach der Grundzahl 20 aus und rechneten daher im Vigesimalsystem (von lat. viginti = zwanzig). Auch die schriftliche Darstellung unterscheidet sich von unserer mit arabischen Ziffern. Die Maya verfuhren da sehr einfach: Ein Punkt bedeutet eine Eins, zwei, drei oder vier Punkte Zwei, Drei oder Vier. Die Fünf wurde durch einen Strich dargestellt. Mehr als vier Punkte oder drei Striche gab es nicht, denn das Positionssystem erlaubte die Darstellung von Zahlen jeder beliebigen Höhe. Die Zwanzig etwa wurde mit 1.0 ausgedrückt. Die Ziffernfolge 1–2–5 unseres Rechensystems verstehen wir mühelos als dreistellige Zahl einhundertfünfundzwanzig, weil die Zwei die Zehner- und die Eins die Hunderterposition bezeichnet. Damit umzugehen ist uns in Fleisch und Blut übergegangen. So viel anders verfuhren die Maya gar nicht, aber in ihrem Positionssystem geht es zwar ebenfalls von rechts nach links, aber nicht, wie bei uns, in Zehnerpotenzen aufwärts, sondern in Zwanzigerpotenzen. Dieselbe Angabe 1–2–5 (nach Maya-Schreibweise wäre das von links nach rechts gelesen – oder auch von oben nach unten – ein Punkt, ein Doppelpunkt und ein Strich) würde bei den Maya daher 445 meinen: Fünf mal eins für die rechte Position, zwei mal zwanzig für die mittlere, sowie einmal 400 für die linke Position. Die Darstellung allein mit Punkten und Strichen wirkt auf uns primitiv, aber das täuscht: Die Mathematik war ebenso leistungsstark wie unsere heutige und bot die Möglichkeit, mit umfänglichen Zahlenpaketen zu hantieren. Das nutzten die Gelehrten vor allem für ehrgeizige astronomische Berechnungen – und für ihre Kalenderwirtschaft. Den Maya war die Zeit heilig, und schon deshalb wurde mit der Zeitrechnung größter Aufwand betrieben. Einer der höchsten Götter war der Sonnengott K’inich ahau, und das Wort k’in bezeichnet außer der Sonne auch den Tag. Von diesem Wort werden selbst die Bezeichnungen der Himmelsrichtungen abgeleitet. Hingegen ist über eine Unterteilung des Tages weiter nichts bekannt, vermutlich unterschied man nur in Tag und Nacht.
    Das Maya-Zeitmanagement besteht eigentlich aus drei Kalendern. Wie andere alte mittelamerikanische Völker der präkolumbischen Zeit nutzten sie zunächst einen einfachen Kalender, der 260 Tage umfasst und somit weder an Sonne noch an Mond ausgerichtet ist wie die meisten anderen Kalender der Menschheitsgeschichte. In diesem Tzolk’in genannten Ritualkalender werden zwanzig Tage mit einem Namen und einer Zahl von eins bis dreizehn bezeichnet. Dieser Teil des Maya-Kalenders ist der älteste – aber wie alt genau, ist ebenso Gegenstand von Forscherkontroversen wie die Frage, wie man auf die 260 Tage verfiel. Da die Sonne neben dem Rhythmus von Tag und Nacht auch das Sonnenjahr von rund 365 Tagen vorgibt, wurde der Tzolk’in durch einen weiteren Kalender ergänzt, den Haab. Er ist jünger als der Ritualkalender – das Sonnenjahr kalendarisch zu begleiten wurde mit Sesshaftwerdung und beginnendem Ackerbau unverzichtbar, beispielsweise um die richtige Zeit zur Aussaat zu bestimmen. Der Haab umfasst achtzehn Vollmonate von zwanzig Tagen Länge sowie am Ende des Zyklus einen Kurzmonat mit fünf Tagen – diese angehängten Tage, die auch die Ägypter kannten, galten übrigens als unheilbringend. Für das Alltagsleben der Maya genügten diese beiden Kalender, und auch für eine überschaubare Chronologie ließ sich gut damit arbeiten: Mit beider Kombination lässt sich ein Zeitabschnitt von 52 Jahren kalendarisch verwalten – ausreichend also zur zeitlichen Orientierung innerhalb eines Menschenlebens. Diese Zeitspanne bezeichnet man als Kalenderrunde. Nehmen wir als Beispiel den Todestag des großen polnischen Komponisten Frédéric Chopin, den 17. Oktober 1849: Dieses Datum trägt die Bezeichnung 9 Ahau (im Tzolk’in) 18 Mol (im Haab). Ein Tag dieser Bezeichnung kommt im Maya-Kalender nur alle 52 Jahre vor.
    Für offizielle und religiöse Zwecke stellten die Maya Tzolk’in und Haab später eine Langzeitchronologie zur Seite. Diese bezieht sich wie andere Kalender

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