Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
Vom Netzwerk:
gegründet und Nachfolgerin von Damaskus, ließ er zu einer prächtigen Residenz ausbauen. Die glanzvolle Metropole war mit bis zu einer Million Einwohnern die damals größte Stadt der Welt. Harun ar-Rashid verbreitete Glanz und Pomp, schuf hingegen nichts von Dauer, denn der Glanz war überschattet von politischer Instabilität und Spannungen. Sein größter militärischer Triumph gelang ihm, bevor er Kalif wurde, da rückte er bis zum Bosporus vor und kam mit reicher Beute zurück. Aber das Erreichte war letztlich vergeblich, denn das Reich war so groß, wie es schwer regierbar war, und innenpolitisch war Harun nicht übermäßig erfolgreich. An vielen Enden des Reiches kam es immer wieder zu Machtkämpfen und Aufständen, gegen die die schwache Zentralgewalt immer wieder einzuschreiten versuchte. Das war schon vorher ein Problem gewesen, das aber auch Harun nicht zu lösen schaffte. Im weitläufigen, schwer zu kontrollierenden Reich agierten die Provinzen zunehmend unabhängig, mal mit, häufiger ohne den Segen des Kalifen. Noch dazu war die Hauptstadt Bagdad beherrscht von Intrigen und Machtkämpfen zwischen Parteiungen, denen jeweils ein Sohn des Kalifen angehörte: Nummer eins und Nummer zwei der Thronfolge. Eine faktische Reichsteilung noch zu Haruns Lebzeiten führte nach seinem plötzlichen Tod während einer Rebellion in Samarkand alsbald zu Bürgerkrieg und Wirtschaftskrisen, zur Verwüstung Bagdads und schließlich ganz allmählich zum Auflösungsprozess des Großreiches der Abbasiden.
    Die historische Person des Harun ar-Rashid entspricht also keineswegs dem Bild, das in Tausendundeine Nacht von ihm gezeichnet wird. Er war alles andere als ein weiser und sanfter Herrscher, sondern wie andere Kalifen ein brutaler Despot – und selbst darin nicht so meisterhaft, dass er dem allmählichen Niedergang seines Reiches erfolgreich entgegengewirkt hätte. Er setzte auf Gewalt und Mord als Mittel der Herrschaftsausübung, nahm es dagegen mit Ehrenwort und Versprechen nicht so genau, wie der edle Fürst aus den Märchen vermuten ließe, die auch sein notorisches Misstrauen und seine Überheblichkeit übergehen. Für die Pracht seines Hofes in Bagdad und später in seiner Residenzstadt ar-Raqqa sowie die Förderung von Kunst und Wissenschaft ist er nicht zu Unrecht berühmt – aber der Preis dafür waren Zugeständnisse an die Provinzen, die der Kalif sich mit Tributzahlungen vergüten ließ.    
    Dass er so prominent in Tausendundeine Nacht auftritt und damit berühmt wurde, hat aber seinen Grund: Harun ar-Rashids Herrschaft steht für eine goldene Zeit, die verloren war, als die Märchen entstanden: die kulturell glanzvolle Epoche der Abbasiden, der »gesegneten Dynastie«, als die islamische Welt im Kalifen von Bagdad noch den einen, einenden Herrscher besaß, Gott und dem Propheten zur Ehre gereichend. Diese alsbald verklärte Blütezeit aber endete mit Haruns Tod und den nachfolgenden Machtwirren, die den Abstieg des Abbasidenreiches beschleunigten.

Nowgorod war im Mittelalter eine demokratische Stadtrepublik – IRRTUM!
    Die Anfänge Nowgorods (dt. Neustadt), rund 180 Kilometer südöstlich von Sankt Petersburg, bleiben im Dunkel der Geschichte, aber es war zweifellos ihre geographische Lage, die die Stadt zu einem wichtigen Handelsplatz und schließlich Partner der mittelalterlichen Hanse werden ließ, des exklusiven und wirtschaftlich potenten Clubs ehrgeiziger Handelsstädte im Ostseeraum: Für den innerrussischen Handel lag man günstig an einer wichtigen Verkehrsader, dem Fluss Wolchow, der die Ostsee mit dem Dnjepr und, über Schleppstellen, der Wolga verbindet. Bis Ende des 10. Jahrhunderts, unter Oberherrschaft des Kiewer Großfürsten, handelte man vor allem Richtung Osten, dann aber verstärkte sich der Handel mit dem Westen und dem Norden des Kontinents. Immer mehr Schiffe kamen von weither über die Ostsee, über die Newa und den Ladogasee den Wolchow hinauf und nahmen Wachs und Honig an Bord – und vor allem hiesige Pelze, die wegen ihrer besonders guten Qualität im Westen begehrt waren. Sie brachten Silber, Bernstein und Tuche, Waffen und Pferde, aber auch Bier, Wein, Hering und sogar Südfrüchte. Die Intensivierung des Handels seit dem 11. Jahrhundert war enorm. Zu den wichtigsten Handelspartnern Nowgorods gehörten die Hansestädte Lübeck, Visby, Riga, Dorpat (heute Tartu) und Reval (Tallinn). Für Russland waren die Hansekaufleute die wichtigsten Partner, und umgekehrt

Weitere Kostenlose Bücher