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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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prächtigen Äußerlichkeiten seines Amtes interessierte. Und vor allem: Ohne dessen Vorarbeit hätte der Enkel den Aufstieg seines Landes unter die europäischen Großmächte nicht bewerkstelligen können, denn die Königswürde bildete dafür die unverzichtbare Grundlage.
    Die Hohenzollern kamen zu Beginn des 15. Jahrhunderts nach Berlin. Als Kurfürsten von Brandenburg vergrößerten und entwickelten sie das kleine rand- und rückständige Ländchen nach und nach, ohne dafür Kriege zu führen, sondern mit einigem Glück und Geschick. Über die Jahrhunderte wuchs das Herrschaftsgebiet beträchtlich, der Aufstieg in den Königsrang war den Landesherren gleichwohl verwehrt, weil Brandenburg im Heiligen Römischen Reich lag und deshalb nicht in ein Königreich umgewandelt werden durfte. Die Hohenzollern mussten also andere Wege gehen: Ende des 17. Jahrhunderts schickte sich daher Friedrich III., Kurfürst von Brandenburg, an, auf anderem Weg in die Königsliga vorzustoßen. Zum Herrschaftsgebiet der Hohenzollern gehörte nämlich das Herzogtum Preußen (das spätere Ostpreußen), der vormalige Staat des Deutschen Ordens. Dessen letzter Hochmeister in Preußen war ein Hohenzoller, der die Reformation einführte, den Staat in ein Herzogtum umwandelte und als Herzog übernahm. Ein Jahrhundert später, 1618, gelangte das Herzogtum Preußen durch Erbschaft an die Kurfürsten von Brandenburg. Und dieses hohenzollersche Territorium außerhalb des Heiligen Römischen Reiches nutzte Friedrich, um doch noch König zu werden. In geduldiger diplomatischer Feinarbeit und die politischen Kräfteverhältnisse und die eigenen Möglichkeiten klug nutzend, erlangte Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg die Genehmigung des Kaisers in Wien, in Preußen König zu werden. Einen Krieg musste er dafür nicht vom Zaun brechen, und doch verdankt sich der Aufstieg den Soldaten des Kurfürstentums, die der Kaiser für seinen Krieg gegen Frankreich brauchte. Die Krönung durfte jedoch nicht in Berlin stattfinden, das zum Reich gehörte, sondern im preußischen Königsberg, dem heutigen Kaliningrad. Und noch eine Einschränkung: Friedrich führte den Titel König in Preußen, nicht König von Preußen, weil ein Teil des Landes (das spätere Westpreußen) der polnischen Krone unterstand.
    Für die Krönung im fernen Königsberg wurde größter Aufwand betrieben, was Friedrich den Großen zu Hohn und Spott veranlasste: Sechs Monate dauerten die Festlichkeiten im Ganzen, Unsummen wurden dafür ausgegeben und ruinierten den Staat, der nur über bescheidene Mittel verfügte. Zwar erhob man eigens eine Krönungssteuer, doch die reichte nicht einmal, um die Kronen für König und Königin zu bezahlen. Vermutlich beliefen sich die Gesamtkosten der Feierlichkeiten auf das Doppelte der jährlichen Einnahmen. 1800 Kutschen und 30000 Pferde wurden mitten im Winter ins spätere Ostpreußen geschickt, in vier Partien, weil unterwegs gar nicht genug Quartiere für die vornehmen Reisenden zur Verfügung standen. Eingebettet in mehrtägige Zeremonien krönte sich Friedrich im Königsberger Schloss am 18. Januar 1701 selbst, bevor er seiner Frau Sophie Charlotte die Krone aufsetzte. Sein Krönungsornat war scharlach- und purpurrot, versehen mit kostbaren Stickereien und Knöpfen, Hermelin und Diamanten, aufgestickten Adlern und Kronen.
    Natürlich beeindrucken solcher Prunk und Verschwendung bis heute, aber mit gesundem Menschenverstand und zudem aus moderner Perspektive drängt sich doch die Frage auf, ob dieser Aufwand nicht beträchtlich übersteigert war und völlig unangemessen angesichts der prekären Staatsfinanzen.
    Der frischgebackene König betrachtete die Königswürde als »politische Necessität«, als bloße Notwendigkeit, und lag mit dieser Einschätzung näher an den Tatsachen als sein undankbarer Enkel. Denn gleichzeitig zu den Bemühungen Brandenburgs strebten die Kurfürsten in Hannover und Dresden ebenfalls zur Königswürde. Als die preußische Krönung stattfand, war der sächsische Kurfürst Friedrich August I. bereits polnischer König und der Kurfürst von Hannover (Friedrichs I. Schwager) hatte Aussichten auf die englische Krone. Andere Fürsten in Europa trieb dasselbe Ansinnen um. Deshalb hatte sich Friedrich genötigt gesehen, seit 1692/93 ähnliche Anstrengungen zu unternehmen, um gegenüber seinen direkten Fürstenkonkurrenten nicht ins Hintertreffen zu geraten.    
    Davon abgesehen waren Prunk und Protz des

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