Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt
Großvaters, die Enkel Friedrich so verächtlich machte, Teil dieser Notwendigkeit. Um als Aufsteiger unter den älteren Dynastien ernst genommen zu werden, musste der Preußenkönig aufwendig Hof halten und im großen Stil Bauwerke errichten – das war es in den Augen der Zeit, was ihn als wahren Fürsten auszeichnete und seinen Status illustrierte. König war, wer von anderen Königen als gleichrangig anerkannt war, und in der symbolbeladenen Welt des Barock waren Äußerlichkeiten dafür maßgeblich. Folglich legte Friedrich auf die Symbolik der Zeremonie kaum weniger Wert als auf die Rangerhöhung an sich. Nüchtern betrachtet war die Krone nicht mehr wert als das Gold, aus dem sie gefertigt war, wenn der Emporkömmling darunter nicht von aller Welt, vor allem aber von seinen europäischen Königskollegen als einer der Ihren akzeptiert wurde.
Kaum verwunderlich also, dass Friedrich eingehend an den Zeremonien bastelte, um seinem Königtum ein eigenes Selbstverständnis, die nötige Würde und Aura zu verleihen. Und mit der Krönung war es nicht getan, denn der Schlüssel zur dauerhaften Anerkennung in den europäischen Hauptstädten lag in der ständigen Prachtentfaltung. Dass Friedrich I. diesen Erwartungen entsprach, belastete natürlich die Staatskasse aufs Neue. Als wichtigstes Projekt ließ er das Berliner Schloss (das derzeit wiederersteht) umbauen und auf das Doppelte vergrößern; seinem Baumeister Andreas Schlüter gelang damit gleichermaßen eine weit gerühmte architektonische Meisterleistung und die seinerzeit modernste Residenz des Kontinents. Einen Steinwurf entfernt war zuvor das Zeughaus entstanden, die Waffenkammer des Militärs. Zahlreiche Statuen wurden aufgestellt, die Hauptstadt verschönert. In Charlottenburg wurde der Sommersitz der Königin erbaut, zahlreiche weitere, kleinere Schlösser entstanden rund um Berlin.
Zu den kulturellen Verdiensten des ersten Königs gehören außerdem die Gründung der Universität Halle, der Berliner Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Künste sowie der Ausbau der Kunstsammlungen und die Berufung eines Hofhistoriographen. Als frommer Protestant war Friedrich auch um die Religionsangelegenheiten des Landes bemüht. Man kann also nicht behaupten, der König habe mit der Königskrone eine leere Hülle erworben, er füllte sie auch nach Kräften mit Leben. Richtig ist zwar, dass er nicht das geistige Format besaß, für das seine Frau Sophie Charlotte und vor allem sein Enkel bekannt sind, und dass er starken Beratern zu viel Einfluss und Möglichkeiten der persönlichen Bereicherung zugestand. Auch war eine starke Neigung zu allem Prächtigen in ihm durchaus vorhanden, sie zeigte sich lange, bevor der nachgeborene Sohn des Großen Kurfürsten damit rechnen konnte, überhaupt jemals Kurfürst, geschweige denn König zu werden. Aber mochte die höfische Komponente der Rangerhöhung zum König auch willkommenes Beiwerk sein – der Erwerb der Königskrone war vor allem anderen ein politisch motiviertes und mit unendlicher Geduld und viel Fingerspitzengefühl angegangenes Unternehmen, das für den Staat Brandenburg-Preußen als ein Meilenstein gelten muss.
Friedrich der Große lag also ziemlich daneben, als er seinen Vorvorgänger derart miesmachte. Sein Urteil schuldete sich aber nicht allein seiner ausgeprägten Neigung zur literarischen Pointe und seiner berüchtigten Bosheit. Sein ungleich nüchterneres Verständnis der Königsrolle war grundlegend anders als das des Großvaters und betrachtete höfische Etikette als nichtigen Tand, wogegen er selbst ein rationales Verständnis von Königsherrschaft setzte. Im Laufe seines Lebens musste aber auch er der Bedeutung des Äußeren Tribut zollen, eindrucksvoll ablesbar am Neuen Palais im Park von Sanssouci, das er selbst als »Fanfaronnade«, also Prahlerei bezeichnete. Dieser riesige Prachtbau sollte aller Welt vor Augen führen, dass Preußen den verheerenden Siebenjährigen Krieg unbeschadet überstanden hatte und nunmehr in die Riege der Großmächte aufgestiegen war.
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