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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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Seitenlänge errichtet, an deren Ecken vier schlanke Minarette stehen. Die Fassade ist als Verweis auf das Paradies mit floralen Ornamenten verschwenderisch dekoriert und mit aufwendig ausgeführten arabischen Schriftzeichen schwarz auf weißem Marmor geschmückt. Wegen des islamischen Bilderverbots wurden insbesondere Koranzitate gerne als Schmuckelemente eingesetzt. Der Taj Mahal hat mit 25 Koranzitaten, darunter ganze Suren, mehr Inschriften als jedes andere muslimische Bauwerk zu bieten. Die Grabkammer im Zentrum, ein achteckiger großer Saal, ist Ziel und Höhepunkt des Besuchs. Die Kuppel darüber ist ein weiteres Sinnbild für das himmlische Paradies, in das Mumtaz Mahal eingegangen ist.
    Zweifellos, der Taj Mahal gehört in die Riege der vorzüglichsten Bauwerke der Menschheit und ist zu Recht bis heute in aller Welt berühmt. Da nimmt es nicht wunder, dass die eine oder andere Legende darum gesponnen wurde. Die von einem zweiten Mausoleum auf der gegenüberliegenden Flussseite besitzt keinerlei Grundlage außer einen Reisebericht des Franzosen Jean-Baptiste Tavernier, der den Taj Mahal 1665 besuchte. Tavernier war bedeutender Diamantenhändler, leidenschaftlicher Forscher, Abenteurer und Reisender und verdiente nicht schlecht an den Büchern, die er über fremde Länder schrieb und die noch zu seinen Lebzeiten in viele Sprachen übersetzt und immer wieder neu aufgelegt wurden.
    Zwischen 1630 und 1668, also zur Lebenszeit von Shah Jahan, bereiste Tavernier fast ganz Asien. Er bereicherte die europäischen Kenntnisse über die von ihm besuchten Länder ungemein, allerdings nahm er es dabei nicht bei allem ganz genau – im Fall des vorgeblich unvollständigen Gesamtkunstwerkes Taj Mahal schreibt er ziemlich vage von einem begonnenen Grabmal am anderen Flussufer, das aber aufgrund familiärer Machtkämpfe nicht vollendet worden sei. Von einem identisch aussehenden zweiten Taj Mahal ist da noch nicht die Rede. Tavernier könnte durchaus gut informiert gewesen sein – nur gibt es außer seinem Bericht keine einzige weitere Quelle für ein zweites Grabmal. Aus dieser dünnen Behauptung ohne jede Grundlage wurde wohl im romantischen 19. Jahrhundert die Legende eines baugleichen, schwarzen Mauseoleums, das den Taj Mahal als »Gesamtkunstwerk« vollendet hätte. Shah Jahan starb zwar bald nach dem Besuch des Franzosen, wurde aber nicht in einem eigenen Mausoleum, sondern im Taj Mahal an der Seite seiner geliebten Frau beigesetzt, wo man dem fürstlichen Paar noch heute einen Besuch abstatten kann.

Der erste Preußenkönig Friedrich I. betrachtete Pracht und Pomp als Selbstzweck – IRRTUM!
    »Er war in Kleinigkeiten groß, im Großen klein.« Selten ist das vernichtende Urteil über einen Menschen so pointiert und eloquent ergangen. Diesen Satz schrieb im 18. Jahrhundert Friedrich der Große über den eigenen Großvater, den ersten Preußenkönig Friedrich I., der die Hohenzollern, bis dahin Kurfürsten von Brandenburg, zu Königen machte, weswegen man von Seiten des Enkels durchaus ein wenig Dankbarkeit hätte erwarten mögen. Aber die Einschätzung des Vorvorgängers auf dem preußischen Thron fällt eindeutig negativ aus – und erwies sich als meinungsbildend für das Bild der Nachwelt von Friedrich I., eingeschlossen das ganzer Historikergenerationen. »Er opferte 30000 Untertanen für verschiedene Kriege des Kaisers, um sich die Königswürde zu verschaffen, und strebte nach dieser nur so eifrig, um seinen Hang nach Zeremonien zu befriedigen (und) Vorwände für seine Verschwendungssucht zu finden. (…) Während sein Volk im Elend umkam, verschlangen seine Günstlinge reiche Pensionen. Seine Bauten waren prächtig, seine Feste glanzvoll, Marstall und Dienerschaft entsprachen mehr asiatischem Prunk als europäischer Würde. Die Launenhaftigkeit, mit der er sein Geld vergeudete, wirkte umso bizarrer, wenn man seine Ausgaben mit seinen Einnahmen vergleicht.«
    Diese Darstellung in den Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg vermittelt, der Aufstieg Brandenburg-Preußens zum Königtum habe seine Ursache allein in der Geltungs- und Prunksucht des Kurfürsten gehabt. Aus persönlicher Eitelkeit habe er sein Land in den Ruin gestürzt, weil der damit verbundene Aufwand die Möglichkeiten des Landes überstiegen habe. Allerdings lag Friedrich der Große mit dieser undifferenzierten Einschätzung ziemlich daneben, denn sein Großvater war kein nichtiger Popanz, der sich nur für die

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