Irrweg Grundeinkommen
Marktes gegenüber dem Staat, eine Trendwende zu schaffen sei.
Die Wende – die »konservativen« 1980er Jahre
Das zentrale Ziel der konservativen Regierung, die 1982 die Macht in Deutschland übernahm, war erklärtermaßen der Abbau der Arbeitslosigkeit. Das wichtigste Instrument war im Zeichen der aufkommenden Theorie der Angebotspolitik und den Erfahrungen mit der Stagflation (Inflation bei realer Stagnation) die Rückführung der Staatsquote, die als Synonym für die Verkrustung der Strukturen und die Knebelung der Wirtschaft durch den Staat angesehen wurde. Das wichtigste Bild dieser Jahre war die vom Staat mit unzähligen Fesseln auf den Boden gezwungene Wirtschaft, die es zu befreien galt, sollte Deutschland zu alter Stärke und gewohnter Stabilität zurückkehren.
Tatsächlich war die deutsche Wirtschaftspolitik in den 1980er Jahren, im ganzen gesehen, viel erfolgreicher als in den 1970er Jahren. Das gilt sowohl für den Abbau der Arbeitslosigkeit auf der einen Seite als auch für das Ziel der Rückführung der Staatstätigkeit und die Umkehr der Verteilung auf der anderen. Allerdings ist damit die Frage, ob beides miteinander zu tun hatte, nicht entschieden. In diesem Jahrzehnt waren die Rahmenbedingungen nämlich in vieler Hinsicht »glücklichere« als in den 1970ern. Zunächst gab es keine Ölpreisexplosion, die mit ähnlich verheerenden Reaktionen der Tarifpartner und der Geldpolitik verbunden gewesen wäre, sondern das genaue Gegenteil: einen Rückgang der Ölpreise. Hinzu kam – und das war sicherlich der entscheidende Faktor: Die D-Mark wurde in der ersten Hälfte des Jahrzehnts gegenüber dem US-Dollar massiv abgewertet und bescherte der ohnehin erfolgreichen deutschen Exportindustrie einen einmaligen Zugewinn. Außer der Dollarkrise, die der Aufwertung des Dollars folgte, gab es für Deutschland auch keine unmittelbar relevante weltweite Finanz- und Währungskrise. In den 1980er Jahren kooperierten schließlich in bis heute nicht wieder erreichter Intensität die westlichen Industrieländer, um den spekulativen Übertreibungen an den Aktien- und Währungsmärkten rasch begegnen zu können. Insofern kann der »Erfolg« der deutschen Wirtschaftspolitik in den 1980ern nicht mit dem mageren Ergebnis der 1970er Jahre verglichen werden.
Die Finanzpolitik konnte sich in den 1980er Jahren angesichts eines günstigen internationalen Umfeldes von Anfang an darauf konzentrieren, die Staatsausgaben – im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt – zurückzufahren. Die Quote der gesamten Staatsausgaben sank von knapp über 50 Prozent im Jahre 1982 auf unter 46 Prozent im Jahre 1989. Gleichzeitig blieben die Staatseinnahmen im Verhältnis zur gesamtwirtschaftlichen Produktion weitgehend konstant, so dass auch das öffentliche Defizit zurückging und im Jahre 1989 der öffentliche Haushalt zum ersten Mal seit den 1960er Jahren mit einem ausgeglichenen Ergebnis abschloss.Das Erreichen dieses Konsolidierungszieles wurde dazu genutzt, die Steuern kräftig zu senken: Im Jahre 1990 schrumpfte die gesamte Abgabenlast, die vorher lange bei etwa 46 Prozent gelegen hatte, auf 44 Prozent.
Die deutsche Wirtschaftspolitik stand am Ende der 1980er Jahre vor einer insgesamt günstigen Konstellation, weil sie die weltweiten Erfolge bei der Belebung des Wachstums und bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hatte nutzen können, um ihren Zielen näher zu kommen. Die deutsche Wirtschaftspolitik hatte es dabei sogar viel leichter als die Wirtschaftspolitik in vielen anderen Ländern, weil es trotz massiver angebotspolitisch inspirierter Umverteilung zugunsten der Unternehmen gelungen war, den sozialen Konsens im großen und ganzen zu wahren, und die Tarifpartner einen sehr moderaten Kurs in der Lohnpolitik verfolgten, was jede Inflationsgefahr ausschloss. Deutschland war deswegen in den 1980er Jahren unbestritten zum Ankerland im europäischen Währungssystem aufgestiegen. Die Lohnstückkosten sind in den gesamten 1980er Jahren weitgehend stabil geblieben, das heißt, nicht stärker als die von der Deutschen Bundesbank ins Auge gefasste Zielinflationsrate gestiegen.
Die Ankerfunktion Deutschlands in Europa erleichterte die Wirtschafts- und Finanzpolitik unmittelbar. Die D-Mark war nämlich über weite Strecken der 1980er Jahre unterbewertet. In der ersten Hälfte der 1980er Jahre war es die ungerechtfertigte Stärke des US-Dollars, die den deutschen Exporteuren in die Hände spielte, in der zweiten Hälfte war es das Bemühen
Weitere Kostenlose Bücher