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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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der Europäer, in Sachen Preisstabilität Anschluss an Deutschland zu finden, was große Impulse für die deutsche Wirtschaft mit sich brachte. Die anderen Europäer akzeptierten eine leichte Überbewertung ihrer Währungen, um über preisgünstige Güter aus Deutschland und den sich daraus ergebenden Druck auf die Preise der heimischen Anbieter Preisstabilität aus Deutschland zu importieren. Folglich exportierte Deutschland seine Arbeitslosigkeit in dem Maße, in dem die anderen europäischen Länder Deutschlands Geldwertstabilität importierten.
    Die Solidität Deutschlands bei den öffentlichen Finanzen war folglich in vieler Hinsicht eine »geborgte Solidität«, da sich die deutsche Wirtschaft in einem sehr hohen Maße auf die letztlich nicht nachhaltige Verschuldungsbereitschaft anderer Länder stützte. Der Leistungsbilanzüberschuss Westdeutschlands erreichte im Jahr 1989 mit fast fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts einen Wert, der im Kreis der sieben großen Länder von keinem anderen Partner bis dahin je erzielt wurde. Selbst Japan, das damals und in den 1990er Jahren wegen seiner Außenhandelsüberschüsse oft auf der Anklagebank im Kreise der sieben großen Industrieländer (G 7) saß, wies niemals einen so hohen Überschuss auf. Wäre sonst nichts geschehen, wäre eine reale Aufwertung der D-Mark in einer japanischen Größenordnung (der Yen wertete zwischen 1992 und 1995 real um mehr als 50 Prozent auf, die D-Mark lediglich um 15 Prozent) zu Anfang der 1990er Jahre durchaus wahrscheinlich gewesen. Doch dann kam die deutsche Wiedervereinigung und änderte die Situation und die wirtschaftspolitische Diskussion fundamental.
    Das Ende des Sozialismus und die Folgen
    Mit dem Wegbrechen des real existierenden Sozialismus kam eine schon lang unterschwellig vorhandene Position zum Durchbruch, die in Sachen Verteilung keinen Stein auf dem anderen ließ. »Globalisierung« hieß nun die neue Bedrohung. Kaum ein Phänomen hat weltweit die Menschen in den letzten zwei Jahrzehnten so sehr beschäftigt wie das, was Globalisierung genannt wird. Kein Politiker, der nicht in Sonntagsreden die »neue Herausforderung« beschwört, kein Journalist, der nicht wüsste, dass nichts so bleiben kann, wie es einmal war.
    Was aber war eigentlich geschehen? Es gab seit dem Fall der Mauer einige neue Wettbewerber aus Osteuropa auf dem Weltmarkt, die sich schließlich alle als zahnlose Tiger erwiesen haben. Danach gab es eine schwere Krise der »kleinen Tiger« in Asien, die zeigte, dass auch dort nur mit Wasser gekocht wird. Dann erst kam China und wurde schnell zur ultimativen Herausforderunghochstilisiert, obwohl das Land für viele Länder einschließlich Deutschlands inzwischen als Absatzmarkt wichtiger ist denn als Produktionsstandort.
    »Globalisierung, internationale Wettbewerbsfähigkeit und Probleme des Produktionsstandorts« waren aber nicht nur in Deutschland ein zentraler Gegenstand der wirtschaftspolitischen Debatte. In vielen Ländern hat das Tempo des weltwirtschaftlichen Wandels im vergangenen Jahrzehnt zu Irritationen geführt, die von den Ideologen der Umverteilung von unten nach oben geschickt genutzt wurden. In der Tat, viele Indikatoren weisen in die gleiche Richtung: US-amerikanische Gewerkschaften beklagen den Verlust von Arbeitsplätzen durch den Freihandel und die stagnierenden Einkommen der Industriearbeiter durch Importkonkurrenz aus Entwicklungsländern. In Japan wird die Aushöhlung der industriellen Basis durch die zunehmende Auslagerung von Produktionsstätten in südostasiatische Schwellenländer befürchtet. In Korea, Taiwan und den anderen von der asiatischen Krise 1996/1997 betroffenen Staaten registriert man mit Besorgnis den wachsenden Konkurrenzdruck durch China und die noch ärmeren Entwicklungsländer der Region.
    Nicht nur in den Industrieländern also betrachtete man Chancen und Risiken des wachsenden Handels- und Kapitalverkehrs mit zunehmender Skepsis, sondern auch in den Entwicklungsländern. Auf beiden Seiten wurde befürchtet, dass der zunehmende internationale Wettbewerb zwischen Ländern mit stark unterschiedlichen Löhnen und Sozialleistungen einen Anpassungsdruck zur Folge hat, der die Gesellschaftssysteme überfordern könnte.
    In den Industrieländern war folglich jede Einseitigkeit bei der Beschreibung von Bedrohungsszenarien durch die globalisierte Wirtschaft gänzlich unangebracht. Ja, in den Augen der Entwicklungsländer musste die sich in den großen und reichen

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