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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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Steuerzahler andererseits dar. Grundeinkommensmodelle mit Kombilohn-Charakter wie das von Althaus lehnen die Autoren dieses Buches daher rundherum ab.
    Bedingungsloses Grundeinkommen und Mindestlohn – ein Widerspruch in sich
    Die Befürworter des emanzipatorischen Grundeinkommens der BAG dürften den bisherigen Ausführungen zum Mindestlohn weitgehend zustimmen und sich bestätigt fühlen in ihrer Forderung, einen Mindestlohn einzuführen. Doch die Kombination eines vergleichsweise hohen bedingungslosen Grundeinkommens (1000 Euro monatlich) mit einem Mindestlohn von brutto zehn Euro pro Stunde 34 löst das Anreizproblem nicht zufriedenstellend und liefert den Mindestlohngegnern eine breite Angriffsfläche.Wer will schon für 5,42 Euro pro Stunde – das ist der Nettobetrag, der von den brutto zehn Euro Mindestlohn nach Steuern und Abgaben im BAG-Modell übrig bleibt – einer geringqualifizierten, womöglich langweiligen Arbeit nachgehen, wenn er mit 1000 Euro monatlich und womöglich mehr (je nachdem, mit wem er in einem Haushalt zusammenlebt) auch schon einigermaßen über die Runden kommt und Zeit hat, eine Menge Dinge für sich und seine Familie selbst zu erledigen, also ein Stück weit autark zu existieren? Je höher das bedingungslose Grundeinkommen angesetzt wird, desto höher muss aus Anreiz- und Gerechtigkeitsgründen ein (Netto-)Mindestlohn ausfallen. 5,42 Euro dürften da nicht weit reichen, um Menschen zum Erledigen schmutziger, körperlich schwerer oder seelisch belastender Tätigkeiten zu bewegen. Schon im heutigen System bedingter Transfers sind 5,42 Euro netto nicht sehr attraktiv (wenn auch selbstverständlich besser als mancher skandalöse Bruttostundenlohn von fünf Euro und weniger).
    Folglich müsste der Nettomindeststundenlohn im BAG-Modell deutlich oberhalb von 5,42 Euro angesetzt werden. Doch die sich daraus ergebende stärkere Stauchung der Lohnstruktur macht es umgekehrt wahrscheinlicher, dass die Effizienzvorteile der Arbeitsteilung abnehmen: Für den ein oder anderen Arbeitgeber lohnt es sich dann nicht mehr, die geringqualifizierte Arbeit ganz gezielt von einer geringqualifizierten Arbeitskraft erledigen zu lassen, sondern er greift tendenziell auch für solche Arbeiten stärker auf sein höher qualifiziertes Personal zurück, dem er die entsprechenden Arbeiten – möglicherweise zusätzlich – aufbürdet oder erledigt die Arbeit selbst oder lässt sie, wenn nicht dringend erforderlich, ganz weg. Gering qualifizierte Arbeitskräfte haben dann das Nachsehen. Hinzu kommt, dass das relativ großzügig bemessene Grundeinkommen ein sehr viel höheres Umverteilungsvolumen benötigt als heute. Das bedeutet, dass die Schere zwischen Brutto- und Nettoeinkommen steigt mit allen daraus ebenfalls folgenden Anreizen zur Verringerung der Arbeitsteilung.
    Die Überlegung, dass man von (noch) nicht wegrationalisierbarer, aber notwendiger Arbeit leben können muss, entfällt bei bedingungslosem Grundeinkommen in recht großzügiger Höhe als Begründung für einen Mindestlohn. Hier wird deutlich, dass das BAG-Modell in logischem Widerspruch zum Mindestlohn steht: Entweder ist der Mindestlohn so niedrig (zum Beispiel zehn Euro), dass zwar noch entsprechende Arbeitsplätze angeboten werden, aber kaum einer auf ihnen arbeiten will, oder er ist hoch genug, dass viele Geringqualifizierte bereit sind, für diesen Mindestlohn arbeiten zu gehen, aber es werden kaum noch entsprechende Stellen angeboten.
    Ein Mindestlohn, für welche Arbeiten auch immer, muss im bisherigen System der sozialen Sicherung lediglich einen spürbaren Abstand zum Existenzminimum schaffen. Dass wir immer noch keinen flächendeckenden Mindestlohn und folglich auch keinen vernünftigen Abstand zwischen den untersten Löhnen und dem Existenzminimum haben und obendrein die Grenzbelastung im untersten Einkommensbereich mangels sinnvoller Verzahnung von Steuer- und Transfersystem leistungsfeindlich hoch ist 35 , ist kein prinzipielles Argument gegen das jetzige System, sondern eine klare Aufforderung, an den Stellschrauben Mindestlohn und sinnvolle Abstimmung von Steuer- und Transfersystem im unteren Einkommensbereich endlich vernünftig zu drehen, anstatt den Menschen ein utopisches Schlaraffenland namens bedingungsloses Grundeinkommen vorzugaukeln.

3   Die große Umverteilung von unten nach oben und ihre Folgen
    Wir werden uns mit der »großen Umverteilung« von unten nach oben, die Mitte der 1970er Jahre begann, in drei Schritten

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