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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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Ölpreiserhöhung nicht würden bremsen lassen in dem Versuch, die Verteilung weiter zu ihren Gunsten zu verbessern. Die berühmte »Kluncker-Runde« (der Abschluss im öffentlichen Dienst im Jahre 1974) ist in Deutschland dafür zum Symbol geworden. In den meisten anderen Ländern lagen allerdings die Lohnabschlüsse noch weit über denen in Deutschland. Die Lohnstückkosten (der Abstand der Nominallöhne zur Produktivität) explodierten weltweit und schufen damit die Gefahr einer sich beschleunigenden Inflation. Die Inflationsgefahr war Mitte der 1970er Jahre weltweit eindeutig lohngetrieben, weil die Ölpreisexplosion allein nur ein Einmaleffekt war, der zwar das Preis niveau erhöht hatte, allein aber keine dauerhaft höhere Inflation bewirkt hätte.
    Die nationale Geldpolitik in fast allen westlichen Staaten war in dieser Situation in der Tat gefordert, ihre Rolle als Hüter der Stabilität der Währung zu spielen. Sie tat das aber in – im Vergleich zu den Restriktionsphasen der zwei Nachkriegsdekaden –ungewohnter und am Ende maßloser Härte. Die Notenbanken der Welt außerhalb des amerikanischen Notenbanksystems hatten nach dem Ende von Bretton Woods und dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen überhaupt zum ersten Mal die Gelegenheit, eine eigenständige Geldpolitik betreiben zu können. In den Restriktionsphasen zuvor waren die kurzfristigen Zinsen immer nur über wenige Monate erhöht worden, und die Zinsstruktur 37 war praktisch nie negativ geworden. Nun gab es eine Restriktionsphase, die in fast allen Industrieländern mehrere Quartale andauerte. Ein weltweiter Einbruch der Investitionstätigkeit und ein dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit waren die unvermeidliche Folge. Schon hier, in der ersten historischen Herausforderung nach dem Ende des Nachkriegskeynesianismus, versagten die Ökonomen total. Das Zusammenspiel von Geld- und Lohnpolitik und dessen restriktive Wirkung auf Konjunktur und Investitionen wurden mehr und mehr überlagert von einer rein neoklassisch geprägten Analyse, bei der das Versagen immer nur auf der Seite des »Tarifkartells« lag und die Geldpolitik, weil unabhängig und technokratisch geführt, immer alles richtig machte.
    Folglich wiederholte sich das Muster der Fehler der Tarifpolitik und der entsprechenden Reaktion der Wirtschaftspolitik nur ein paar Jahre später nach der zweiten Ölpreisexplosion in fast allen Industrieländern, ohne dass man Lehren gezogen hätte. Wieder stiegen die Nominallöhne stärker, als es angesichts des durch die Ölpreissteigerung unvermeidlichen Realeinkommensverlustes angemessen gewesen wäre. Wieder sah sich die Geldpolitik gezwungen, auf die Bremse zu treten, und die Finanzpolitik konnte und wollte außer den automatisch eintretenden Effekten nur wenig zur Stabilisierung der realwirtschaftlichen Entwicklung aufbieten. Allerdings waren bei weitgehend unverändertem globalen Muster der Anpassung die quantitativen Fehler diesmal – zumindest in den USA, Deutschland und einigen kleineren Ländern Europas – genau umgekehrt verteilt: Die lohnpolitische Antwort war wesentlich moderater, während die Geldpolitik in noch härterer Weise als Mitte der 1970er Jahre glaubte, die endgültige Schlachtfür den Geldwert und – daran kann kaum ein Zweifel bestehen – für eine neue alte Wirtschaftsordnung schlagen zu müssen.
    Zu Anfang der 1980er Jahre, mitten in der schweren globalen Rezession, die der zweiten Ölpreisexplosion gefolgt war, stand die Reformpolitik der sozialliberalen Koalition scheinbar vor einem Scherbenhaufen: Die Arbeitslosigkeit und die öffentlichen Defizite erreichten Rekordwerte, und die Staatsquote war mit über 50 Prozent auf den höchsten Wert in der deutschen Geschichte gestiegen. Dass Deutschland im internationalen Vergleich bei den zentralen wirtschaftspolitischen Zielen sehr gut abschnitt, dass sich sein Sozial- und Arbeitsmarktsystem weiterhin durch hohe Flexibilität auszeichnete, dass Deutschland dabei war, die Rolle eines Stabilitätsankers in einem neu entstehenden europäischen Währungsraum zu übernehmen, dass sich die in den 1970er Jahren immer wieder beschworene »Gefahr« eines Zurückfallens der industrialisierten gegenüber den aufholenden Nationen vor allem in Deutschland als falsch erwiesen hatte, das alles trat in der ideologisierten politischen Debatte zurück hinter das Schlagwort vom »Staatsversagen«, dem »Beweis«, dass nur mit einer »entpolitisierten« Wirtschaft, mit der Dominanz des

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