Irrweg Grundeinkommen
Unternehmeraktivitäten langfristig für erzielbar halten.
Nun sagen die ex post zu beobachtenden Salden nichts über ursächliche Zusammenhänge aus. Es wird aber aus vielen anderen Überlegungen und Beobachtungen in diesem Buch klar, dass der entscheidende Mechanismus, über den diese dramatische Saldenverschiebung gelaufen ist, die jahrelange Lohnzurückhaltung und die dramatische Steuersenkung auf Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen waren.
Das aber ist ein Bruch der wirtschaftspolitischen Konzeption in einer nur historisch zu nennenden Dimension: In Deutschland wurde die Politik einer einseitigen Förderung der Unternehmensgewinne durch den Staat und durch die Tarifpartner, lange Zeit »Angebotspolitik« genannt, offenbar so weit getrieben, dass die Unternehmen buchstäblich nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld.
Gegenüber dem Ausland brachte die Lohnzurückhaltung einen riesigen Gewinn an internationaler Wettbewerbsfähigkeit für die deutschen Unternehmen mit sich. Das war in dieser Weise nur möglich, weil seit 1999, also seit Beginn der EWU, die den Hauptteil der deutschen Handelspartnerländer umfasst, keine Aufwertung einer deutschen Währung mehr möglich war, wie dies etwa in den 1980er Jahren bei ähnlichem Auseinanderdriften der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Handelspartnern immer wieder der Fall gewesen war. Die in der EWU vereinigten Länder nahmen die deutsche Wettbewerbsstrategie nicht ernst oder verstanden sie nicht und vor allem erwiderten sie sie nicht, wohl im Vertrauen auf das gemeinsam vereinbarte Inflationsziel und die Chance auf wechselseitige Unterstützung.
Einkommen und Kredite für Wetten?
Kredite dürfen niemals für Aktivitäten gewährt werden, die definitionsgemäß keinerlei Produktivitätssteigerung und damit auf längere Sicht keinen gesamtwirtschaftlich zählbaren Ertrag mit sich bringen können. Wäre das der Fall, dann wären Sinn und Glaubwürdigkeit der Umverteilung von vorneherein ad absurdum geführt. Erstaunlicherweise wird dieses Problem aber auch nach der Finanzkrise nicht diskutiert. Spekulationsgeschäfte mit Aktien, Währungen, Immobilien oder Rohstoffen oder die daraus abgeleiteten Wetten mit Derivaten oder Zertifikaten, wie sie dank der Liberalisierung der Finanzmärkte in den letzten zehn Jahren erheblich zugenommen haben, können niemals einen gesamtwirtschaftlichen Ertrag bringen, weil der eine nur gewinnen kann, was der andere verliert. Tatsächlich haben aber die Teilnehmer an diesen Spielen große Summen verdient, haben also der normalenWirtschaft ohne Gegenleistung Einkommen entzogen und damit dieser Wirtschaft Schaden zugefügt. Auch hier hat die Politik total versagt, weil sie diese Mechanismen weder unter dem Aspekt »wirtschaftlicher Schaden« noch unter dem Aspekt »ungerechtfertigte Umverteilung« diskutiert hat.
Nimmt diese Art von Finanzgeschäften, gemessen an allen vergebenen Krediten, einen immer größeren Teil ein, werden einerseits die Preise für Rohstoffe, Währungen und andere Güter, die Grundlage von Sachinvestitionsentscheidungen sind, verzerrt, was erfolgreiche Sachinvestitionsentscheidungen erschwert. Andererseits werden die Renditeerwartungen allgemein während des Aufbaus solcher spekulativer Preisblasen in unrealistische Höhen geschraubt, was dazu führt, dass produktive Sachinvestitionen von unproduktiven Schneeballspielen verdrängt werden. Solange Unternehmen Wettgewinne machen können, weil Kasinoaktivitäten auf den weltweiten Finanzmärkten institutionell nicht unterbunden werden, sind sie nicht gezwungen, in Sachanlagen zu investieren, um Gewinne zu erzielen. Schließlich fühlt sich gar die Geldpolitik aufgerufen, den spekulativen Übertreibungen bei den Preisen mit Zinsanhebungen Einhalt zu gebieten, was aber nicht nur die Kasinogeschäfte oder zumindest diese nicht zuerst trifft, sondern vor allem die Sachinvestitionen. Die können nämlich steigende Zinskosten nie so leicht verkraften wie von Herden betriebene Spekulationsgeschäfte, deren kurzfristige (Schein-)Rendite ein Vielfaches der langfristigen Sachinvestitionsrenditen betragen kann.
Schlägt die Stimmung bei der Mehrheit der Herde der Spekulanten schließlich um, etwa weil offensichtlich wird, dass die Realwirtschaft die Folgen des Finanzkasinos nicht mehr verkraften kann, platzen die Preisblasen, und das gesamte Kreditwesen gerät in eine Schieflage. Jeder Schuldner, gleichgültig ob Spekulant oder Sachinvestor, versucht sich zu
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