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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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»Beggar-thy-neighbour«-Strategie erzwingt Hilfsmaßnahmen für die Partnerländer in der EWU, die inzwischen als überschuldet gelten und nur zu prohibitiv hohen Zinsen Geld am Kapitalmarkt leihen können. Unter den Begriff »Hilfsmaßnahmen« fallen dabei Gelder für Rettungsschirme genauso wie direkte Transfers oder die Entwertung von Gläubigerpositionen, egal ob freiwillig gewährt oder durch eine eskalierende Entwicklung auf den Finanzmärkten erzwungen. Die Marktanteilsgewinne Deutschlands in den ersten zehn Jahren der Währungsunion sind folglich nicht von Dauer. Hat der unterlegene Staat keine leicht einsetzbaren Mittel, wie es derzeit in der Euro-Krise der Fall ist, muss ihn der überlegene Staat, der »Sieger« im Wettkampf der Nationen also, finanziell unterstützen, um seine Güter weiter verkaufen zu können. Die deutsch-deutsche Währungsunion hat die Logik einer solchen zur Transferunion mutierenden Vereinigung von Staaten deutlich aufgezeigt. Auf Europa lässt sich das sicher nicht übertragen, weswegen Deutschland am Ende seine Wettbewerbsvorteile wieder verlieren muss (Flassbeck/Spiecker 2007 und 2012).
    Es ist in der EWU also genau das eingetreten, was kritische Ökonomen immer vorhergesagt haben: Man kann mit relativer Lohnsenkung den Handelspartnerländern Marktanteile abjagen, wenn die lohnbedingten Preisvorteile nicht durch eine Aufwertung der Währung ausgeglichen werden oder werden können (wie im Fall einer Währungsunion). Ein Land, das eine solche Strategie wählt, verliert aber bei der Binnenkonjunktur mehr, alses beim Export gewinnen kann, wie wir oben gezeigt haben. Das magere Wachstum der letzen zehn Jahre war größtenteils dem Zuwachs des Exportüberschusses zuzurechnen. Da die Unternehmen ihre enormen Gewinne fast ausschließlich im Außenhandel erzielten, die inländische Nachfrage aber nahezu stagnierte, war die Auslastung der Kapazitäten insgesamt so schwach, dass sich Steigerungen der Sachinvestitionen hierzulande und die damit verbundene Verschuldung des Unternehmenssektors nicht mehr in gleichem Maße wie früher rechneten und zurückgefahren wurden. Damit ist die deutsche Strategie des Gürtel-enger-Schnallens zwar vollständig gescheitert, die deutsche Politik aber sonnt sich in den letzten Strahlen dieses »Erfolges« und denkt nicht daran, den verhängnisvollen Kurs zu ändern.
    Ersparnisse von den Reichen oder Kredite aus dem Nichts?
    Der zweite Ast der Rechtfertigung steigender Ungleichheit basiert auf der Annahme, dass höheres Einkommen der wohlhabenden Gesellschaftsschichten über höhere Ersparnis zur mehr Investitionen führt. Da Haushalte mit hohem Einkommen eine wesentlich höhere Sparquote haben als die unteren Einkommensgruppen, baut man darauf, dass aus einer zunehmend ungleichen Einkommensverteilung eine Kapitalakkumulation entsteht, die Investitionen und damit Arbeitsplätze nach sich zieht und auf diesem Wege den unteren Einkommensschichten, namentlich den Arbeitslosen, zugute kommt.
    Hier erreichen wir einen kritischen Punkt der gesamten Auseinandersetzung um Umverteilung. Wer nämlich fest daran glaubt, dass Ersparnisse die Voraussetzung für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung sind, für den stellt sich Umverteilung in einem ganz anderen Licht dar als für den, der das nicht glaubt. Die ökonomische Lehre vertritt seit langem den Standpunkt, dass hohe Ersparnisse der natürliche Ausgangspunkt einer positiven ökonomischen Entwicklung sind.
    Wir sind vollkommen anderer Meinung. Wie Flassbeck/Spiecker (2007 und 2012) gezeigt haben, gibt es keine dynamischeEntwicklung einer Volkswirtschaft, bei der Investitionen nur als Ergebnis von Ersparnissen möglich sind. Entscheidend für Wachstum und eine dynamische Entwicklung sind dagegen in einer Papiergeldwirtschaft Investitionen durch Verschuldung, die durch Geldschöpfung der Banken und der Zentralbank aus dem Nichts finanziert werden, also aus zusätzlichem Geld. Ersparnisse stellen zunächst einmal ein Fehlen an Nachfrage dar, bringen also unweigerlich einen Dämpfer der Kapazitätsauslastung mit sich. Dieser Dämpfer muss durch Verschuldungsbereitschaft anderer – sei es zu Investitionszwecken, sei es zu Konsumzwecken – ausgeglichen werden, damit die Nachfrage und damit die aktuelle Auslastung wenigstens auf dem gleichen Stand bleiben. Von Wachstum und dynamischer Entwicklung kann also bei Absorption der Ersparnisse noch lange nicht die Rede sein.
    Stellen wir uns vor, ein Unternehmer fragt bei

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