Irrweg Grundeinkommen
entschulden, und keiner will sich neu verschulden. Diese gleichzeitigen Sparbemühungen setzen eine starke Abwärtsspirale in Gang, die Zentralbanken und Regierungen zwingt, den Zusammenbruch des Kreditwesens unddamit der Volkswirtschaften durch Bereitstellung riesiger Liquiditätsmengen, durch die Übernahme von Wettschulden des Finanzkasinos und durch das Auflegen großer Nachfrageprogramme auf der Basis von Krediten »aus dem Nichts« zu verhindern.
Die Verschuldung der öffentlichen Hand steigt auf diesem Weg rasant an, und die Bilanzen der Zentralbanken werden enorm aufgebläht. Genau dann entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, Schulden und vor allem solche der öffentlichen Hand seien generell die Sargnägel einer Marktwirtschaft. Dass der Staat nur eingestiegen ist, um die Folgen übermäßiger privater Wettschulden abzufedern, wird nicht mehr zur Kenntnis genommen. Im Gegenteil: Die Antistaat-Ideologen nutzen die Gelegenheit sofort, um von einer »Schuldenkrise« zu reden, die natürlich dem Staat in die Schuhe geschoben wird. Dass die Staatsschulden zur Rettung ganzer durch Spekulation in die Krise getriebener Volkswirtschaften aufgenommen wurden, wird durch das Schüren einer allgemeinen Staatsschuldenphobie überdeckt. Dass es mit dieser Ideologie gar gelungen ist, eine extreme Einschränkung staatlicher Schuldenaufnahme durch den deutschen Gesetzgeber in die Verfassung zu schreiben (Stichwort Schuldenbremse), wird als Bankrotterklärung rationaler Wirtschaftspolitik in die Geschichte eingehen.
4 Der Staat als Verstärker der großen Umverteilung
Die obigen Überlegungen haben schon klargemacht, dass der Staat in einer funktionierenden Marktwirtschaft eine entscheidende Rolle spielt. Er ist nicht nur selbst Akteur innerhalb der Wirtschaft, er ist darüber hinaus der Regisseur des wirtschaftlichen Geschehens, der dank besserer Einsicht in gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge immer dann und immer dort eingreifen sollte, wo das Zusammenspiel der Privaten nicht zu optimalen Ergebnissen führt. Die Marktwirtschaft braucht eine führende Hand. Den Kinderglauben an die unsichtbare Hand der Märkte (Adam Smith), die alles in die richtigen Bahnen lenkt, kann man getrost zu den Akten legen. Er war schon immer falsch, aber angesichts der gravierenden Probleme der internationalen Zusammenarbeit, völlig ineffizienter Finanzmärkte, der Machtkonzentration bei riesigen globalen Unternehmen und der Herausforderungen des Klimawandels und des Umweltschutzes im allgemeinen ist er geradezu lächerlich.
Staatliches Handeln beeinflusst die Ergebnisse der wirtschaftlichen Prozesse tagtäglich. Daher ist es von vornherein verfehlt, die wirtschaftlichen Prozesse als »reine Marktprozesse« zu apostrophieren und ihnen damit eine Art »Objektivität« zuzusprechen, während man staatliches Handeln mit dem Odium des »Willkürlichen« versieht. Marktprozesse sind auch Machtprozesse. Wer so tut, als sei der Markt ein vollkommen rational ablaufender Prozess, auf dem gleich mächtige Partner miteinander handeln, während nur der Staat Macht ausübt, ist unbelehrbar naiv oder ein Ideologe, der seine Macht im Marktgegenüber dem Staat und damit gegenüber dem Rest der Gesellschaft verteidigen will.
Natürlich übt jedes konkrete staatliche Handeln einen Einfluss auf die Einkommens- und Vermögensverteilung aus. Staatliche Ausgaben begünstigen bestimmte Wirtschaftssubjekte, während die Finanzierung dieser Ausgaben andere Wirtschaftssubjekte belastet. Immer werden dadurch die Verteilungsergebnisse, die aus dem wirtschaftlichen Ablauf resultieren, verändert. Teilweise sind diese Verteilungseffekte Ausfluss einer gezielten Politik. Vielfach ergeben sie sich aber als Folge anderer wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Ziele. Doch immer sind sie Ausfluss der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse und deswegen genauso willkürlich oder objektiv – je nach Standpunkt – wie die Marktprozesse. Der Staat selbst steht ja jeden Tag unter dem Druck mächtiger Interessenvertreter, dem er in so vielen Fällen nachgibt, dass man gar von der Macht der Märkte über den Staat reden könnte oder von der Willkür der wirklich Mächtigen gegenüber dem Staat.
Durch die Bereitstellung öffentlicher Güter nimmt der Staat auch direkt am Wirtschaftsgeschehen teil und schafft zum Teil erst die physischen oder legalen Voraussetzungen für erfolgreiches privates Handeln. Güter werden offenbar immer dann in öffentlicher Regie angeboten,
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