Irrweg Grundeinkommen
durch den »Fiskalpakt«, der sich an der deutschen Schuldenbremse orientiert, die Weichen entsprechend in die falsche Richtung gestellt worden.
Abgaben- und Ausgabenquoten
Die Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten zeigt, dass in Deutschland zumindest der quantifizierbare Einfluss des Staates auf das Wirtschaftsgeschehen zurückgegangen ist. Auch hat sich sein Einfluss bei der Umverteilung zugunsten der unteren und mittleren Einkommensbezieher abgeschwächt. Setzt man die Staatsausgaben und -einnahmen in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP), so zeigen sich folgende Entwicklungen (Tabelle 1).
Über den gesamten Zeitraum betrachtet, hat sich der Anteil der direkten (einkommensbezogenen) Steuern verringert und der indirekten (konsumbezogenen) Steuern erhöht. Zugleich ist der Umfang staatlicher Dienstleistungen abgebaut worden. Zugenommen hat der Anteil der Sozialleistungen, bedingt insbesondere durch die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit. Auffällig ist der Rückgang der Steuerquote in den Jahren nach 2000, immerhin um über zwei Prozentpunkte. Auch der Anteil der Sozialbeiträge sank zwischen Ende der 1990er Jahre und dem konjunkturellen Höhepunkt 2007, übrigens noch stärker, nämlich um drei Prozentpunkte. Mit Verzögerung folgten die Ausgaben dieser Entwicklung. Einsparungen im Angebot an öffentlichen Dienstleistungen und bei den öffentlichen Infrastrukturinvestitionen wurden teilweise konterkariert durch Mehrbelastungen, die der Staat durch die Finanzierung prekärer Beschäftigungsverhältnisse eingegangen ist. Zwar gab es schon in den 1990er Jahren immer wieder Versuche, den Arbeitsmarkt zu deregulieren und zu flexibilisieren, doch erst im Zusammenhang mit der Agenda 2010 wurden gravierende Änderungen der Arbeitsmarktverfassung durchgesetzt. Nicht nur wurden die Zumutbarkeitskriterien verschärft, auch und vor allem wurden die traditionellen Absicherungen der »normalen« Arbeitsverhältnisse mehr und mehr ausgehöhlt. 65
Tabelle 1: Staatsausgaben und -einnahmen in Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts
1) 1995 mit Übernahme der Treuhandgesellschaft
2) Einschl. UMTS-Einnahmen, die ausgabesenkend als negativer Kapitaltransfer verbucht wurden
Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
Steuerbelastung der Unternehmen und Investitionstätigkeit
Ein Kernelement der Steuerpolitik des vergangenen Jahrzehnts war die Senkung der Unternehmenssteuerbelastung in Verbindung mit der »ökologischen Steuerreform«.
Tatsächlich ist die Belastung der Unternehmen (hier Kapitalgesellschaften 66 ) mit Gewinnsteuern in diesem Zeitraum deutlich gesunken (Abbildung 21). Anfang der 1990er Jahre hatte die Steuerquote der Unternehmen um die 22 Prozent gelegen, seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts hat sie sich bei elf Prozent bis 13 Prozent der Unternehmensgewinne eingependelt, das heißt, sie hat sich nahezu halbiert. Niemals zuvor war die Steuerbelastung der Unternehmen so gering. Gleichzeitig sind die Gewinne der Kapitalgesellschaften geradezu explodiert; ihre Quote am BIP ist von 15 Prozent um die Jahrtausendwende auf über 23 Prozent im Jahre 2007 gestiegen. Trotz dieser neoliberal angebotspolitischen Traumkonstellation blieb ein Investitionsboom aus. Wie oben dargestellt, ist der Anteil der Bruttoinvestitionen der Unternehmen am BIP in der ersten Hälfte des ersten Jahrzehnts, den »Nullerjahren«, gesunken; erst im Aufschwung 2005 bis 2008 angesichts abnormaler und unhaltbarer Gewinne an Wettbewerbsfähigkeit ist er wieder gestiegen, aber auch keineswegs in einer der Gewinnexplosion auch nur annähernd entsprechenden Größenordnung. Nicht einmal der Umfang, wie er im Aufschwung Ende der 1990er Jahre erzielt worden war, wurde erreicht.
Abbildung 21: Gewinne, Investitionen und Steuerbelastung der Kapitalgesellschaften
Quelle: Statistisches Bundesamt (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung)
Die im Jahr 2000 beschlossenen Entlastungen bei der Einkommensteuer waren dreistufig angelegt. Eckpunkte der Reform waren die Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 Prozent auf 42 Prozent, die Verringerung des Eingangssatzes von 25,9 Prozent auf 15 Prozent sowie die Anhebung des Grundfreibetrages von 6 647 Euro auf 7 664 Euro. Gleichzeitig wurde die Einkommensgrenze, von der an der Spitzensteuersatz greift, von bisher 58 900 Euro auf 52 300 Euro gesenkt. Dies bedeutete eine Verschärfung der Progression für Bezieher von mittleren Einkommen. Insgesamt wird das Entlastungsvolumen des Reformpakets
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