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Irrwege

Titel: Irrwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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heftig. Däumchendrehend ließ er verlegen den Blick durch die
Zelle wandern und sagte laut: »Schade um Gram.«
    »Was ist mit Gram?« Xar machte schmale Augen.
    »Tot, wißt Ihr. Armer Junge.«
    Xar brachte kein Wort heraus, er war wie vor den
Kopf geschlagen. Der alte Mann schwadronierte weiter.
    »Manche sagen vielleicht, es war nicht seine
Schuld. Wenn man bedenkt, wie er aufgewachsen ist und all das. Lieblose Jugend.
Vater ein verbrecherischer Zauberer. Der Junge hatte keine Chance. Alles
Blödsinn!« Zifnab schnaubte wild. »Das ist das Problem heutzutage. Keiner will
mehr die Verantwortung für seine Taten übernehmen. Adam gibt Eva die Schuld an
der Sache mit dem Apfel. Eva sagt, die Schlange hat sie angestiftet. Die
Schlange behauptet, Gott war’s, er hätte den Baum ja nicht da hinzustellen
brauchen. Kapiert? Keiner will mehr die Verantwortung übernehmen.«
    Auf geheimnisvolle Weise war Xar die Situation
aus der Hand geglitten. Nicht einmal Samahs gequälte Schreie bereiteten ihm
mehr Freude. »Was ist mit Gram?« fragte er in scharfem Ton.
    »Und du!« zeterte der alte Mann. »Seit du zwölf
bist, rauchst du vierzig Päckchen Zigaretten am Tag, und nun gibst du einer
Statistik die Schuld daran, daß du Lungenkrebs hast!«
    »Du bist wahnsinnig, vollkommen verrückt!« Xar
machte Anstalten aufzustehen. »Töte ihn«, befahl er Marit. »Solange er lebt,
werden wir aus diesem Narren kein vernünftiges Wort herausbringen…«
    »Wovon sprachen wir? Ach ja, Gram.« Zifnab schüttelte
seufzend den Kopf. »Möchtest du hören, wie es ihm ergangen ist, meine
Liebe?«
    Marit warf Xar einen fragenden Blick zu, Xar
nickte.
    »Ja.« Sie setzte sich in einigem Abstand neben
den alten Mann.
    »Armer Gram. Doch es hat sich alles zum besten
gewendet. Endlich herrscht Frieden auf Arianus. Und bald werden die Zwerge das
Allüberall in Gang setzen…«
    Xar hatte genug gehört. Er stürmte aus der
Zelle, beinahe außer sich vor Wut – ein Zustand der Unbeherrschtheit, den er
mißbilligte. Er zwang sich, logisch zu denken. Sein Zorn erlosch, als hätte
jemand eine der Gasflammen abgedreht, die das Grabesdunkel in diesem Palast
erhellten. Er winkte Marit.
    Sie verließ ihren Platz neben dem alten Mann,
der in ihrer Abwesenheit fortfuhr, sich mit seinem Hut zu unterhalten.
    »Mir gefällt nicht, was ich da von Arianus
höre«, sagte Xar mit gedämpfter Stimme. »Zwar glaube ich dem verrückten
Tattergreis nicht, aber ich fühle schon seit einiger Zeit, daß etwas nicht
stimmt. Von Gram hätte längst eine Nachricht eintreffen müssen. Geh nach Arianus,
Tochter. Finde heraus, was geschehen ist. Doch hüte dich, eigenmächtig zu
handeln! Und verrate niemandem, wer du bist – niemandem!«
    Marit nickte kurz.
    »Sobald du deine Vorbereitungen getroffen hast«,
fuhr Xar fort, »komm in meine Gemächer, für einige letzte Anweisungen. Ich gebe
dir mein Schiff. Du weißt, wie man ein Schiff durch das Todestor steuert?«
    »Ja, Hoheit«, antwortete Marit. »Soll ich
jemanden herschicken, um meinen Platz einzunehmen?«
    Xar dachte nach. »Einen der Lazare. Nicht
Kleitus«, fügte er hastig hinzu. »Einen der anderen. Vielleicht habe ich die
eine oder andere Frage, wenn es soweit ist, Samahs Leichnam zu erwecken.«
    »Zu Befehl, Hoheit.« Marit verneigte sich
respektvoll und ging.
    Xar blieb allein zurück, er warf einen finsteren
Blick in Zifnabs Zelle. Der Alte hatte offensichtlich die Existenz des Patryn
vergessen. Er wiegte sich von einer Seite zur anderen, schnippte mit den
Fingern und sang vor sich hin: »›I’m a soul man. Ba-dop,
da-ba-dop, da-badop. Yes, I’m a soul man…‹«
    Xar schleuderte mit grimmigem Vergnügen die
Gitterstäbe wieder an ihren Platz vor dem Zelleneingang.
    »Ich werde von deinem Leichnam erfahren, wer du
wirklich bist, alter Narr. Und du wirst mir die Wahrheit über Haplo sagen.«
    Xar kehrte zurück zu Samahs Zelle. Die Schreie
waren verstummt. Sang-drax stand am Gitter, Xar trat neben ihn.
    Samah lag auf dem Boden, offenbar dem Tode nahe.
Seine Haut hatte die Farbe von Lehm und war von einer glitzernden
Schweißschicht bedeckt. Er atmete röchelnd, Krämpfe schüttelten seinen Körper.
    »Du tötest ihn«, meinte Xar.
    »Er war schwächer, als ich dachte«,
entschuldigte sich der falsche Patryn. »Natürlich könnte ich ihn von dem
Meerwasser befreien und ihm Zeit geben, sich selbst zu heilen. Er wäre immer
noch schwach, wahrscheinlich zu

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