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Irrwege

Titel: Irrwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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lechzen (sie hoffte, daß er lechzte), dann zog
sie langsam und kokett einen Spitzenschal, den sie in einem der verlassenen
Häuser gefunden hatte, über das Objekt der Begierde.
    »Nun, falls irgend etwas Schleimiges
heraufgekrochen wäre, würdest du es in die Flucht schlagen.« Er kam einen
Schritt näher und richtete betont wieder den Blick auf ihre Schulter. »Du bist
ganz schön knochig geworden.«
    Knochig! Aleatha funkelte ihn an, alle Taktik
war vergessen. Die Hand zum Schlag erhoben, sprang sie auf ihn zu.
    Er fing ihre Hand auf, beugte sich herab und
küßte sie auf den Mund. Aleatha sträubte sich nach einem ausgeklügelten
Zeitplan – nicht zu lange (was ihn ermutigen könnte), aber lange genug, um ihn
zu zwingen, seinen Griff zu verstärken. Dann erschlaffte sie in seinen Armen.
    Seine Lippen streiften ihren Nacken. »Ich weiß,
das wird dich enttäuschen«, flüsterte er, »aber ich bin nur gekommen, um dir zu
sagen, daß ich nicht komme. Tut mir leid.« Damit gab er sie frei.
    Aleatha hatte besiegt an seiner Brust gelegen,
als er sie losließ, fiel sie auf Hände und Knie. Er grinste auf sie hinunter.
    »Flehst du mich an zu bleiben? Wird nichts
nützen, fürchte ich.« Er machte auf dem Absatz kehrt und schlenderte davon.
    Aleatha bemühte sich wutschnaubend, auf die Füße
zu kommen, aber ihr weiten Röcke erwiesen sich als hinderlich, und als sie sich
endlich aufgerappelt hatte und bereit war, ihm die Augen auszukratzen, war Roland
um die Ecke eines Gebäudes verschwunden und außer Sicht.
    Aleatha blieb schweratmend stehen. Wenn sie ihm
jetzt nachlief, sah es genau danach aus – als liefe sie ihm nach. (Wäre sie
ihm gefolgt, hätte sie ihn an eine Mauer gelehnt vorgefunden, mit weichen
Knien, wie er sich den Schweiß von der Stirn wischte.) Sie grub die Nägel in
die Handflächen, stürmte durch das Tor, das zum Irrgarten führte, den
gepflasterten Pfad entlang und warf sich auf die Marmorbank.
    Ganz sicher, allein zu sein, wo niemand sie mit
verquollenen Augen und roter Nase ertappen konnte, begann sie zu weinen.
    »Hat er dir weh getan?« fragte eine barsche
Stimme.
     
    Aleathas Kopf flog hoch. »Was – oh, Drugar.« Sie
seufzte, im ersten Moment erleichtert, dann doch nicht so sehr. Der Zwerg war
ein merkwürdiger Geselle, finster und unberechenbar. Wußte man, was hinter
seiner Stirne vorging? Und er hatte einmal versucht, sie alle zu
ermorden… 29
    »Nein, wie kommst du darauf?« Sie wischte sich
die Tränen ab und schniefte. »Ich weine nicht. Mir ist nur etwas ins Auge
geflogen. Wie – lange bist du schon hier?« fragte sie dann leichthin.
    Der Zwerg brummte. »Lange genug.« Und was er
damit meinte, hatte Aleatha keine Ahnung.
    Bei den Menschen hieß er Schwarzbart und machte
seinem Namen alle Ehre. Sein Bart war lang und so dicht, daß man kaum seinen
Mund sehen konnte. Man wußte nie recht, ob er lächelte oder grimmig die Lippen
verzog. Die glitzernden schwarzen Augen unter dicken, buschigen Brauen gaben
auch keinen Aufschluß über seine Gedanken oder Gefühle.
    Dann fiel Aleatha auf, daß er aus dem inneren
Teil des Irrgartens gekommen war, wohin vorzudringen sie bisher nicht gewagt
hatte. Interessant. Offenbar hatte keine feindselige Magie ihn daran gehindert.
Sie wollte ihn ausfragen, was er gesehen hatte, wie weit er gegangen war, als
er sie aus dem Konzept brachte, indem er ihr mit einer Frage zuvorkam.
    »Du liebst ihn. Er liebt dich. Warum fügt ihr
euch gegenseitig Schmerzen zu?«
    »Ich? Liebe ihn?« Aleatha lachte perlend. »Sei
nicht albern, Drugar. So etwas ist unmöglich. Er ist ein Mensch, nicht wahr?
Und ich bin eine Elfe. Du könntest ebensogut von einer Katze verlangen, einen
Hund zu lieben.«
    »Es ist nicht unmöglich. Ich weiß es«,
antwortete er.
    Seine dunklen Augen trafen die ihren, dann irrte
sein Blick ab. Er starrte auf die Hecke, finster, schweigend.
    Gesegnete Mutter! dachte Aleatha. Ihr Herz
setzte einen Schlag aus. Mochte Roland sie nicht lieben (und sie war
felsenfest überzeugt, daß er es nicht tat und nie tun würde), hier war jemand,
der ihr sein Herz zu Füßen legte.
    Denn das hatte ihr hungrig aus diesen Augen
entgegengestarrt. Nicht Liebe. Mehr. Beinahe Anbetung.
    Bei jedem anderen Mann, Elf oder Mensch, hätte Aleatha
das als ihr zustehend akzeptiert und sein Herz ihrer Trophäensammlung
einverleibt. Doch wie die Dinge standen, empfand sie kein Gefühl des Triumphs
über eine weitere

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