Irsud
sie sich durch die messerschmalen Schluchten, bewegten sie sich in wachsamem Schweigen, die einzigen Geräusche waren das Stampfen von Hufen, ein gelegentlicher kratzender Laut, das Knarren von Leder und das gedämpfte Klingeln der Halfterringe.
Sie überquerten eine Anhöhe und schlängelten sich in einen steilwandigen Canyon hinunter; der Schluchtbogen war eben, wurde von einem leise tosenden Bergbach zweigeteilt, weißes Wasser sprudelte und tanzte um Felsbrocken herum. Hinter ihnen kroch die Sonne empor, wurde runder, als sie sich über den Horizont schob und lange Schatten rein und schön über den blassen, grauen Stein schickte, der – auf seine Art – ebenfalls rein und schön war, der Morgen frisch und neu, vereinzelter Vogelgesang erwachte zu sanftem Klang.
Während sie dem Serpentinenweg folgten, die Flanke des Berges hinunterkrochen, suchte Aleytys den noch stillen Canyon nach der Silbernadel des Schmugglerschiffes ab. Schließlich entdeckte sie sie. Aber es war keine Silbernadel. Es verschwamm vor dem Gestein, so daß es aussah wie Rauch, der substanzlos und unwirklich über dem Boden schwebte.
Die Karawane wand sich vorsichtig zwischen den verstreut liegenden Felsbrocken hindurch, manche höher als die Rücken der Pferde. Das Wasser des Baches war eisig kalt, der Klang der Pferdehufe wurde vom zusammengeklumpten Sand der Furt gedämpft. Jenseits, am Rande des Schattens, der den Rand des Aschekreises markierte, saßen drei Männer, still und stumm, neben einem auf dem Boden ausgebreiteten schwarzen Tuch, einem tiefschwarzen Tuch, das stumme Haufen kleiner, glitzernder Dinge darbot: Messer und Nadeln, Pfeilspitzen und Geschosse, Wurfpfeile und Projektilwerfer, Töpfe und Tauwerk, Stoffballen und Krüge mit Glasperlen, und noch mehr Messer, Äxte … Köpfe, keine Griffe … dunkle, graublaue Eisenkeile, Töpfe mit Farbe, Bürsten und glänzende, anonyme Dinge, die nach Fingern schrien, sie zu berühren.
Nakivas zügelte sein Pferd, als dessen Vorderläufe das Handelstuch berührten. „Hyvaa Huomenta, Salaku.“
„Aspash, Trax.“ Die mittlere Gestalt der drei sprach, seine Stimme ein heller Tenor.
Aleytys saß da, die Hände auf dem Sattelhorn gekreuzt, sah zu, wartete auf das Signal, abzusteigen, und brachte die Wartezeit damit zu, die drei Fremden zu mustern.
Sie saßen gleichmütig mit einer würdigen Förmlichkeit neben ihren Waren. Der mittlere, offenbar der Anführer, hatte glattes, schwarzes Haar mit einem breiten Lederband aus seinem Gesicht gehalten, ein schmales, knochiges Gesicht, das ein sardonisches, zynisches Vergnügen an den Absurditäten des Lebens ausstrahlte, Vergnügen selbst an den eigenen, persönlichen Dummheiten. Ein Mann, der wenig Dinge ernst nahm. Zu seiner Rechten saß ein blasser Mann. Der Anblick seines silberhellen Haarschopfes, seiner farblosen, durchscheinenden Haut, seiner wäßrigen, blauen Augen, seines sehr, sehr dünnen, drahtigen Körpers – all dies jagte einen Schwall von Erregung durch sie. Er sah Miks Stavver so ähnlich, daß er der Bruder des Diebs hätte sein können. Aber das Gesicht unterschied sich genügend von dem Stavvers, wirkte irgendwie verwundbarer. Er war auf gewisse Art weniger ein Mann, eine blassere Kopie, die Emotionen, Wünsche, Bedürfnisse – alles war gedämpft. Aleytys schaute weg, wandte sich dem dritten Mann zu.
Er saß zur Linken des Anführers, oder vielmehr: Er hockte, eine kleine, dunkle Katze von Mann, schnell, spitze Ohren, die sich in dem zottigen Gestrüpp groben, dunklen Haars unruhig bewegten. Er starrte sie kurz an, dann glitten seine Blicke von ihr weg, schweiften über die Hiiri und huschten wieder zu ihr zurück.
Nakivas knurrte. „Handels-Waffenstillstand, Salakul.“ Er zog das Messer aus dem Gürtel, beugte sich über die gekreuzten Beine vor und schob den Griff in Richtung der drei Männer. Die Augen auf den Anführer gerichtet, setzte er sich aufrecht und wartete.
Der Mund des Anführers war zu einem respektlosen Lächeln verzogen, als er sein Messer zog und es Griff an Griff zu dem seines Gegenübers legte; ein sanftes, aber hörbares Klacken entstand hierdurch. Er richtete sich auf, winkte dem blassen Mann.
„Paoengkush.“ Er hob zwei Finger, und der blasse Mann nickte.
Er kam mit einem silbernen Tablett zurück, ein silberner Topf stand darauf, der in der frischen Morgenluft dampfte, daneben zwei Kristallbecher. Mit einem gemurmelten Dankeswort nahm der Anführer der Schmuggler das Tablett und
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