Irsud
stürzte in eine Finsternis, die sie umhüllte, sie schützte, den Schmerz, Schmerz, Schmerz unterband …
Eine grobe Hand packte ihr Haar und riß ihren Kopf hoch. Grinsend ohrfeigte Sukall sie aus der Schwärze heraus, zwang sie ans Licht zurück, an dieses schreckliche Licht. Und strahlte ein übles, gewaltiges Vergnügen am Schlagen aus.
Benommen starrte Aleytys Sukall an, das Begreifen kroch durch ihr Gehirn: Die Metallwaffe, die am Gürtel der Nayid schaukelte, war für die Asche verantwortlich, die ihren Körper, ihr schmerzendes Gesicht überzog. Sie starrte Sukall an, dann an ihr vorbei, in das gelassene, kalte Gesicht der Kipu.
„Sukall“, sagte die Kipu leise, „genug. Denkt daran, was sie trägt.“
Sukalls Finger krallten sich um Aleytys’ Hals zusammen, dann lockerte sich der Griff. „Was soll ich mit ihr machen?“
„Betäuben.“ Die Kipu kam näher, ragte wie eine böse, unheilvolle Wolke über Aleytys empor. „Und zwar schnell, Sabut.“
Eine schwarze Wolke blähte und blähte sich in Aleytys auf, an den Schläfen pochte schmerzhaft eine Ader. Sie blickte zuerst auf Sukall, dann auf die Kipu, auf Sukall, auf die Kipu, die Wut wuchs, wuchs, wuchs, sie wurde von dieser Wut verzehrt, sie öffnete den Mund, ein Schrei entfuhr ihr, sie …
Ein kalter Metallring berührte ihren Hals. Als sich die Wut zu einer Explosion formte, die in Sukalls Richtung ausbrach, reißend, zerstörend, eine Explosion, die den Haß, die Wut mit sich trug –Haß und Wut, alles, was sie noch in sich hatte … Ein kalter Ring berührte ihren Hals, und ihr Körper entkrampfte sich, wurde kalt, und sie glitt unter dem Stoß davon, den sie auf Sukall zielte, wurde in eine Finsternis gespült, die allen Kummer wegwischte, allen Zorn, alles Entsetzen, alles …
26
Schwach, fern, verschwommen, festigte sich ein langsames Existenzbewußtsein aus dem grau-schwarzen Dunst heraus. Ein Zupfen … Es störte das Ich, ein unregelmäßiges Aufrühren von Gefühlswellen. Aleytys versuchte, sich von der zunehmenden Dringlichkeit der Unterbrechung ihrer Stille, ihres Friedens, ihrer Ruhe loszulösen, aber gerade der Kampf ruhig zu bleiben, ohne zu denken und zu wissen, festigte ihr Empfinden für ihr Ich, erweckte sie unwiderruflich in die Härte der physischen Welt, in die kalte, dunkle Nacht. Aamunkoitta schüttelte sie, zerrte mit aller Kraft, die in ihrem kleinen, drahtigen Körper steckte, an ihrem Arm. Aleytys versuchte, den Kopf zu wenden. Ihr Mund wurde von einer sauren, von Angst hervorgerufenen Flüssigkeit überflutet, als sich ein festes, gummiartiges Netz um ihre Muskeln schloß, sie starr hielt. Sie strengte sich heftiger an, kämpfte gegen das Netz, drehte den Kopf, sah die Hiiri an.
Das Netz preßte ihren Mund zusammen. Unter Schmerzen zwang sie die Lippen, einen heiseren, entsetzlichen Laut zu formen, den sie in die Nähe normalen Redens trieb, eine Annäherung, nahe genug, daß die Hiiri verstehen konnte. „Wa … waiiiiaaaiii?“
„Kunniakas.“ Aamunkoitta stammelte es; Tränen strömten aus ihren großen, braunen Augen. Ihr Gesicht war schmäler, älter, eine schmale, graue Strähne lief durch ihr Haar.
Aleytys kämpfte gegen das Netz an, das ihre Bewegungen zu kontrollieren suchte, stieß sich hoch und schwang die Beine unbeholfen über die Bettkante. Sie knetete die Arme, öffnete und schloß die Hände, bis das steife Netz, das kreuz und quer unter ihrer Haut verlief, zu ermüden und sich zurückzuziehen schien. Vorübergehend. Sie war sich schaudernd der vorübergehenden Natur ihres Sieges bewußt. Ihr ganzer Körper schmerzte, sie fühlte sich krank, schlaff, müde, als erhole sie sich von einer langen und schweren Krankheit. Es war ein übler, saurer Geruch auf ihrer Haut.
Sie leckte sich über die Lippen, spuckte dann vor Abscheu über die schaumige, krümelige Ablagerung aus, die sie darauf spürte; harte Krümel blätterten von den Mundwinkeln ab. Sie versuchte, wieder zu sprechen, „wie … wie … lange?“
Aamunkoitta kaute auf der Unterlippe. „Sechs Monate“, murmelte sie. Sie bewegte sich unruhig. „Kunniakas …“
„Sechs Monate.“ Aleytys rieb mit den Händen über ihren Körper, fühlte sich durch den Gestank der Schmutzschichten auf ihrer Haut krank und elend. „Sie haben mich unter Droge gehalten.“
„Ja.“
Sie bewegte die Hände über den schaumüberzogenen, öligen Körper, hielt in plötzlichem Schock inne. „Madar!“
„Du erwartest ein Kind,
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