Irsud
Kunniakas?“
„Nein. Nein.“ Sie fühlte sich krank, bleiern, tastete nach der Wölbung an der rechten Seite ihres Leibes. Aleytys schloß die Augen, zitterte, weinte, Tränen des Entsetzens, des Abscheus perlten über ihr viel zu schmales Gesicht und schnitten wellige Spuren durch den Dreck. Sie wußte, was in ihrem Mutterleib lebte. Sie wußte, woher das Netz kam, das versuchte, ihre Bewegungen, ihr Sprechen zu kontrollieren. Sie wußte es … und dieses Wissen entsetzte sie. Und da gab es noch etwas, woran sie sich nicht erinnern konnte … Etwas … etwas, das helfen konnte … Sie gab die vergebliche, schmerzhafte Suche auf und blickte sich um.
In der Nähe des Durchgangs mit seinem blaugrünen Gobelin lag eine Nayid-Gestalt zusammengebrochen auf dem Boden, regungslos und steif, ein schwarzer Finger ragte aus ihrem Hals … ein Dolch … in ihrer Kehle. Aleytys wandte sich steif wieder der Hiiri zu. „Wie?“
Aamunkoitta zuckte mit den Schultern. „Leute vergessen, werden sorglos. Besonders Hyonteinens. Sie denken, wir sind zu dumm, zu planen und zu warten. Sie kam, um dich wieder zu betäuben. Ich dachte, wenn du aufwachen könntest, dann könntest du mit deinen Geistern reden, etwas tun, die Kipu für den Tod deines Geliebten bezahlen lassen, dieses verdammte Weibsstück umbringen. Verstand oder Körper, wie du den Verstand dieser Hyonteinen-Wächterin getötet hast.“
„Verstand?“ Aleytys bemühte sich, sich zu erinnern. „Sukall.“
„Ihr Körper lebte, bis die Kipu müde wurde, sie versorgen zu lassen, und sie erwürgt hat. Aber ihr Verstand war weggebrannt.“
„Ah.“ Aleytys schüttelte sich, als der plötzliche Kummer brennend zurückkehrte. Einen heftigen Schmerz des Verlustes mit sich brachte. Für einen kurzen Atemzug hatte nichts anderes Bedeutung für sie, die Welt entschwand, wurde grau, aber das Wissen, daß das alles sechs Monate zurücklag, veränderte, das Wissen in ihrem Körper, das viel tiefer lag als das Bewußtsein, das Zeitzentrum in ihrem Verstand, das die vergehenden Herzschläge zählte, die tausend und aber tausend Herzschläge, die seither vergangen waren … es stumpfte die Heftigkeit ihres Kummers ab. Sie seufzte und öffnete die Augen. „Was ist passiert?“
„Kunniakas?“
„In der Siedlung. Damals.“
„Die Kipu überfiel die Siedlung, brachte ihre Gleiter heimlich herunter, in der Dunkelheit, bevor die Sonne erwachte. Als wir aufwachten, waren die Hyonteinens überall um uns her. Wir schauten in die Mündungen dieser Energiewaffen und konnten nichts tun. Die Kipu trieb die Kinder in den Gleitern zusammen, ließ sie als Geiseln wegschaffen, verhörte den Rest, die Frauen, alte Männer. Sie setzten uns unter Drogen, damit wir alles ausplapperten, aber ich bezweifle, daß sie viel herausbekam, zumindest war das, was ich hörte, beabsichtigte Lüge … Burash … Sie fand ihn, schlug ihn … setzte ihn unter Drogen; er sagte ihr nichts, nicht einmal unter dem Einfluß der Drogen, er schrie, er weinte, nicht wie ein Mann, nicht wie einer unserer Männer, aber er sagte ihr überhaupt nichts, er wollte deinen Namen nicht aussprechen, er schrie ihr seinen Schmerz ins Gesicht und trotzte ihr sogar mit seinem Schreien, und so ließ sie ihn ausruhen. Ich nehme an, sie dachte, er sei schlimmer verletzt, als er tatsächlich war, total eingeschüchtert, aber als du auf dem Pferd ins Dorf hereingeritten kamst und die Kipu dich sah, vergaß sie ihn, mich. Ich war auch da, zwang mich, zuzusehen.“ Aamunkoitta schluckte, ihr kleines Gesicht schamerfüllt. „Ich habe dir versprochen, er wäre sicher, Kunniakas, ich habe mein Wort gegeben …“
„Du kannst nichts dafür, Kätzchen.“ Der Klang des Kosenamens, den Aleytys für sie gebrauchte, ließ die Hiiri aufschluchzen. Sie ergriff Aleytys` Hand und preßte sie an ihr Gesicht.
„Du kamst allein hereingeritten“, murmelte sie. „Er … er hatte seine Hände freibekommen. Sie haben dich beobachtet, konnten ihre Blicke nicht von dir nehmen. Selbst als du schon in ihrer Falle warst, als sich diese Falle – ohne daß du dies wußtest –um dich schloß, haben sie in ihrer Angst vor dir gezittert. Ich habe innerlich gelacht, als ich das sah. Burash hat keine Zeit mit Schadenfreude verschwendet. Irgendwie befreite er seine Hände. Er riß die Stricke von seinen Beinen. Er rannte hinaus, um dich zu warnen.“
„Und Sukall hat ihn erschossen.“
„Ja.“
„Wie bist du entkommen?“
„Sie haben mich nicht
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