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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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Walker Red Label. Sicher, man sollte Gastgebern keine Drogen verabreichen, aber ich habe noch kein Land der Welt bereist, wo diese beiden Dinge keine Volltreffer waren.
    Mit jeder Whiskyrunde wächst mein Ansehen als Häuptling, während der Pegel in der Flasche fällt. Gegen neun Uhr, sollte meine Uhr noch stimmen, lassen wir uns aus dem Schneidersitz nach hinten fallen, in die Schlafposition. Im Halbschlaf frage ich mich noch, was die Burschen mit ihrem Penisköcher machen, wenn sie sich auf den Bauch rollen wollen. Es bleibt beim Halbschlaf. Die Moskitos lassen mich nicht in Ruhe, ich schwitze, kratze, jucke und wälze mich durch die Nacht. Immerhin: Ich kann mich wild und ohne Einschränkung herumwälzen.
    In der Stille dringt jedes Einzelgeräusch unmittelbar in mein Ohr. Ein Schnarcher liegt fast auf mir, ein röchelndes Schwein, das aus einem Frauenhaus entlaufen sein muss, gleich neben mir, und eine Ratte raschelt über meine nackten Beine. Eine erholsame Nachtruhe sieht anders aus. Wie müssen sich erst die vier fühlen? Ich bereite mich auf ein äußerst unterkühltes Wiedersehen am Morgen vor. Aber da liege ich ganz falsch. Zumindest bei den Frauen. Jana und Mechthild sind froh, dass sie mich wiederhaben – als Reiseleiter. Vielleicht hatten sie befürchtet, ich hätte sie im Stich gelassen, hätte mich aus dem Staub, oder besser gesagt, aus dem Schlamm gemacht. Aber Ludger und Gotthard sind Mücken und dünne Luft nicht gut bekommen.
    «Dafür haben wir über 5000 Euro bezahlt, ja? Dass wir im Schweinedreck schlafen, ja? Und neben mir ein paar halbnackte Frauen und Kinder, die wie Gülle stinken.» Ludger ist geradezu erbost.
    Mir liegt auf der Zunge, ihn zu fragen, was er an ein paar halbnackten Frauen in der Nacht so schlimm findet. Aber ich halte mich zurück. Ludger könnte noch auf die Idee kommen, sich beim nächsten Dani eine Steinaxt zu leihen und mir damit das Hirn zu spalten. Zudem muss ich als Reiseleiter Kritik generell ernst nehmen. Also erwidere ich betont sachlich: «Es war von Anfang an klar, dass unsere Tour zu dem Volk der Dani Expeditionscharakter besitzt.»
    «Aber die Dani sind kein Volk, sondern ein Haufen Wilder ohne jede Kultur und ohne jeden Benimm.» Gotthard unterstützt nun Ludger.
    Ich muss es sagen, selbst wenn ich mich damit als kulturlos oute, als ein Wilder ohne Benimm: «Anscheinend sind die Dani aber gut genug, um Kamerachips mit ihnen zu füllen.»
    Diese Antwort hat Ludger wohl von mir erwartet, denn er sagt, ohne nachzudenken: «Wenn ich solche Menschen fotografiere, heißt das nicht, dass ich wie sie leben möchte. Bei einem Stierkampf, den ich mit der Kamera festhalte, springe ich ja auch nicht danach in die Arena und lass mich auf die Hörner nehmen.»
    «Was dein sicherer Tod wäre, der Vergleich hinkt also. Ihr wolltet mehr über die Dani erfahren, und diesen Wunsch habe ich euch erfüllt.»
    «Aber dazu muss man nicht gleich mit ihnen schlafen. Das dies passieren musste, liegt allein an deiner schlechten Organisation.»
    Jetzt reicht es mir: «Keiner hätte dich daran gehindert, gestern Nacht ins Hotel zurückzulaufen. Aber ich hätte dich ganz sicher nicht vom Rost geholt. Und wie kommt ihr überhaupt dazu, die Dani als Wilde zu beschimpfen? Sie besitzen, im Gegensatz zu uns, noch halbwegs intakte Sozialstrukturen. Sie ernähren sich von den Nahrungsmitteln, die sie anbauen, und sie haben perfekte Überlebensstrategien entwickelt. Ihr könnt hier ja kaum eine Nacht überstehen.»
    Gotthard wird die Diskussion peinlich, zumal Mechthild an ihm zerrt. Und Jana hat sich, glaube ich, gerade innerlich von Ludger getrennt. Schöne Aussichten für die nächsten Tage. Aber ich habe mich in Rage geredet und brülle Ludger an: «Du hättest es am liebsten, wenn die Wilden abends auf die Hotelterrasse kommen und da eine kleine Schau hinlegen. Mit einem Gin Tonic in der linken Hand und der Kamera in der rechten. Danach heiß duschen und gepflegt ans Büfett? Aber da hätte deine Freundin wieder das Problem mit dem Zirkus. Und zu Hause wirst du bei den Freunden herumposaunen, wie du es geschafft hast, in der Wildnis zu überleben.» Ich weiß, souveränes Verhalten geht anders, aber Ludger hat mich auf die Palme gebracht.
    Funkstille. Endlich ist er eingeknickt. Und auch die Dani um uns herum scheinen von meiner Rede sehr beeindruckt zu sein, zumindest von meiner Stimmgewalt. So haben sie sich einen fremden Häuptling immer vorgestellt. Gut, dass ich diese Rede nicht vor

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