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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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erkennen. Es ist nämlich inzwischen stockdunkel geworden. Essen im Darkroom, für meine Leute ist das eine neue Erfahrung.
    Wir greifen mit der Hand in einen Haufen aus Fleisch und Kartoffeln und versuchen den Mund zu finden. Dabei muss ich noch einen Kommentar in Janas Richtung abgeben: «Im Zirkus würde es jetzt aber schon Teller, Besteck und ein Gläschen Sekt geben, oder?» Jana redet nicht mit vollem Mund, und überhaupt scheint sie keine Lust zu haben, mir zu antworten. Gemein, wie ich auch mal sein kann, fahre ich fort: «Wie wär’s, Jana? Statt langweiliges Grillen im Garten könntet ihr doch mal eine Grube ausheben und ein paar Schweinshaxen mit Sauerkraut im Graskleid dünsten?» Wieder kein Kommentar.
    Den Dani macht das Essen erheblich mehr Spaß. Sie lachen, schmatzen und rülpsen. Und auch von dem erneut einsetzenden Regen und der zunehmenden Kälte lassen sie sich ihre Laune nicht verderben. Ich finde: Die Dani wissen, was sich gehört. Wir haben sie eingeladen, und im Gegenzug unterhalten sie uns. Und letztlich ist es doch wunderbar, dass wir sie zu ihrem Lieblingsessen einladen konnten und nicht zu Pizza oder einem Döner. So ist wenigstens garantiert, dass es ihnen auch schmeckt. Was hätten meine vier Abenteuerlustigen gesagt, wenn den Dani das Essen nicht so richtig goutiert hätte …?
    Aber all das spielt jetzt keine Rolle mehr, weil es auf einmal gewaltig schüttet. Wir lassen unsere Bananenblätter mit den Schweineresten im Stich und flüchten in die hinter uns stehende Rundhütte. Sie hat einen Durchmesser von vier Metern, man kann gerade noch aufrecht in ihr stehen.
    Ein paar Dani-Frauen sitzen auf Bastmatten, wir hocken uns zu ihnen. Es riecht modrig bis muffig, Moskitos durchbrechen jede Autan-Sperre, und ich weiß nicht, wie wir bei diesem Wetter zurück zu unserem Wellblechhotel gelangen sollen. Oft hört in dieser Region von West-Papua abends der Regen auf, und es wird sternenklar, heute jedoch nicht. Den Weg würde ich zurückfinden. Aber im Stockdunklen über glitschige Hängebrücken zu stolpern ist mir zu riskant.
    Ich entscheide mich für einen neuen Programmpunkt, den ich «Leben wie die Einheimischen» nenne und der eine Übernachtung im Dorf einschließt. Ursprünglicher geht es gar nicht mehr, Jana und Mechthild können keine Einwände erheben, für Ludger sind neue Fotomotive garantiert, sollte wider Erwarten doch noch eine seiner Kameras funktionieren, Gotthard will ja sowieso nur weit weg.
    Die Dani bestimmen, dass die vier in einem Frauenhaus schlafen sollen, ich als ihr Häuptling darf ins Männerhaus. Ich frage: «Ist es okay, wenn wir zur Sicherheit die Nacht über hierbleiben?» Spontanen Beifall ernte ich nicht, aber keinem fällt eine bessere Lösung ein. Jana und Mechthild wollen nicht ihr Gesicht verlieren, aber ich kann gut in ihnen lesen. Da heißt es: «Du weißt genau, dass wir mit Ursprünglichkeit nicht gemeint haben, im Schweinestall zu übernachten.» Klar weiß ich das, aber so eine kleine Lektion kann ja ganz lehrreich sein. Touristen wollen immer wie Kolumbus die Welt entdecken, aber nicht auf einem brüchigen Holzkahn mit Skorbut an Bord, sondern am besten auf der MS Europa .
    In einer kleinen Regenpause springen wir über die Pfützen und schauen uns gemeinsam die Schlafhütte an. Der Boden ist aus gestampftem Lehm, die Wände aus Weiden- und Bambusstangen, das Dach aus Alang-Alang-Gras. Alles scheint dicht zu sein und den Regen abzuhalten. Neben Mücken schlafen in der Hütte vier Kinder, deren Mutter und eine alte Frau, vielleicht die Großmutter. Auch ein paar Ratten, die man aber nicht sieht, sondern nur hört. Die Schweine wurden vorher in eine andere Hütte getrieben, das war richtig nett von den Dani. Auf dem Boden liegen Bastmatten, an der Decke hängt eine Petroleumlampe. «Gute Nacht», sage ich, doch meine beiden Worte werden nur schwach erwidert.
    Auf der anderen Seite des Grubenplatzes ziehe ich ins Männerhaus. Das ist größer als die Rundhütte, und hier gibt es auch ein paar Löcher in der Decke. Was bedeutet, dass noch mehr Moskitos Gast bei uns sind und wahrscheinlich auch noch mehr Ratten Einlass in den Bau finden. Nelkenzigaretten werden geraucht, aber der süßliche Qualm lockt die Stechmücken eher noch an. Mit sechs Männern sitze ich zusammen. Die Reste vom Ferkel liegen auf einem Bananenblatt neben uns. Für derartige Situationen habe ich immer ein Geschenk im Rucksack: eine Stange Zigaretten oder eine Flasche Johnnie

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