Isarhaie: Der vierte Fall für Max Raintaler (German Edition)
schon. »Ja gut, dann mach ich mich auf zu Woller. Und wir
sehen uns heute Abend. Sollen wir zum Inder hinter der Isarbrücke gehen?«
»Gern.«
»Um
sieben dort?«
»Sehr
gern, Max.«
Sie
standen auf und verabschiedeten sich mit Küsschen hier und Küsschen da. Wie
auch sonst? Schließlich waren sie in München. Dann kehrte sie in ihre Metzgerei
zurück, während sich Max Richtung Innenstadt entfernte.
Natürlich
überfiel ihn unterwegs erneut der Seelenschmerz wegen Monika, schließlich waren
sie lange Zeit zusammengewesen. Andererseits steuerte er aber sofort dagegen
an, indem er sich sagte, dass es völlig sinnlos wäre, ihr hinterher zu weinen.
So klar wie dieses Mal hatte sie ihm noch nie vor Augen geführt, dass sie immer
nur machen würde, was sie wollte, und dass er deshalb von ihr keine Sicherheit
in Bezug auf ihr Zusammensein zu erwarten hätte. Niemals. Bisher hatte er ihren
unbändigen Freiheitswillen immer respektiert und akzeptiert, weil sie trotz
allem eine Beziehung miteinander hatten, wenn auch eine offene. Diesmal jedoch
erschien ihm alles in einem anderen Licht. Sie musste sich wirklich verliebt
haben und wollte es ihm offensichtlich unbedingt auf die Nase binden. Ihr
verdammter Ordnungs- und Ehrlichkeitszwang. Aber andererseits, besser so, als
jahrelang hintergangen zu werden. Trotzdem, schöne Scheiße. Warum waren die
Frauen nur so unberechenbar? Es schien doch gerade alles bestens zu laufen mit
ihr und ihm.
Er
überquerte die Wittelsbacher Brücke und warf dabei einen Blick auf die Surfer,
die gleich nördlich davon seit Jahren eine hoch aufgetürmte Welle ritten. Die
haben ihre Balance gefunden, dachte er. Zumindest solange, bis sie ins Wasser
fallen. Dann gehen sie erst mal unter und müssen zusehen, dass sie das rettende
Ufer erreichen. Danach folgt der nächste Versuch, bei dem sie sich bemühen,
länger als vorher auf dem Brett stehen zu bleiben.
Alles
war eins und eins war alles. Schon merkwürdig, wie sehr sich alles im Leben
ähnelte. Man hätte glatt zum Philosophen werden können, wenn es nicht so endlos
mühsam gewesen wäre, hinter die vielfältigen Geheimnisse des Daseins zu
steigen. Denn kaum hatte man eine offenbarende Erkenntnis, wurde sie von einer
neuen abgelöst. So war es doch. Oder?
9
Max hatte das Haus, in dem die
›Woller GmbH‹ das gesamte vierte Stockwerk belegte, gefunden und betrat durch
die Glastür mit der Firmenaufschrift gegenüber dem Aufzug den Vorraum.
Zielstrebig näherte er sich der blonden Dame im hellgrauen Kostüm, die gerade
kopfüber in eine ihrer Schreibtischschubladen vertieft war. Einen guten halben
Meter vor ihrem Empfangstresen blieb er stehen und räusperte sich. Daraufhin
blickte sie zu ihm auf.
»Aber
Sie, Sie, Sie sind doch … die, die Marilyn«, stammelte er verwirrt. Alles hätte er hier
erwartet, nur nicht die vermeintliche Prostituierte vom Viktualienmarkt, die
ihm gestern Vormittag ihre Dienste angeboten hatte.
»Wie
bitte?«, erwiderte sie mit hochgezogenen Brauen.
»Na,
gestern. Viktualienmarkt. Muss ich noch mehr sagen?« Max verzog sein Gesicht zu
einem kleinen Lächeln.
»Ach
Gott, ja. Jetzt erkenne ich Sie wieder. Der hungrige Mann mit der Wurst«,
platzte sie heraus. »Sie riechen heute gar nicht nach Erbrochenem. Schön. Was
kann ich für Sie tun? Haben Sie mich etwa gesucht?«
»Gesucht
habe ich Sie nicht. Und mein Geruch von gestern hatte Gründe, die ich Ihnen
nicht erläutern muss. Ich sage nur so viel: K.-o.-Tropfen.« Er lief rot an,
teils aus Wut, teils aus Verlegenheit. Ihr aufreizendes Grinsen ist genauso
widerlich wie ihr ungewaschenes Mundwerk, dachte er. Besonders gut kann die
Erziehung, die sie genossen hat, auf jeden Fall nicht gewesen sein.
»Aha«,
quittierte sie seinen kleinen Vortrag, machte ein knallrotes Schmollmündchen
und blickte ihn erwartungsvoll an.
»Ich
hätte gern Herrn Woller gesprochen«, fuhr er in offiziellem Tonfall fort.
»In
welcher Angelegenheit?«, kam es mindestens ebenso geschäftsmäßig von ihr
zurück.
»Das
würde ich ihm gern selbst sagen. Max Raintaler ist mein Name.« Er zückte seinen
Detektivausweis und hielt ihn ihr hin.
»Ja, da
schau her. Ein echter Privatdetektiv. Wenn ich das gestern schon gewusst hätte,
Herr Raintaler, dann hätte ich mir mehr Mühe gegeben. Man sagt euch Jungs ja
die tollsten Dinge im Bett nach.«
»Ach,
wirklich? Tut man das?« Die ist doch nicht ganz dicht, schoss es ihm durch den
Kopf. Macht mich schon wieder bloß bescheuert an
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