Isarhaie: Der vierte Fall für Max Raintaler (German Edition)
Schuld an dieser grauenhaften Vision?
Herrschaftszeiten. Sie hatten doch so viel Schönes miteinander erlebt. Er
dachte an ihre Urlaube in Italien, an ihren bereits verstorbenen, gemeinsamen
Freund Giovanni, an heiße Nächte unter weißen Sternen wie im Kitschfilm. Mit
einem Mal begann er zu weinen. Monika wollte nicht mehr. Niemals hätte er das
für möglich gehalten. Er wäre doch so gern mit ihr alt geworden. Sollte
wirklich alles zwischen ihnen vorbei sein?
»Und so
einer bringt man auch noch Kuchen mit«, murmelte er schluchzend.
8
»Eine Leberkässemmel, bitte.«
Max zeigte auf den knusprig braunen Laib in der Wärmeauslage der kleinen
Untergiesinger Eckmetzgerei, die gerade einmal jeweils 100 Meter vom Griechen und vom
Tatort entfernt war. Er hatte sich gleich nach dem Frühstück noch einmal an
beiden Plätzen umgesehen und versucht, vor seinem geistigen Auge seinen Heimweg
zu rekonstruieren, dabei aber keine großartigen neuen Erkenntnisse gewonnen.
Jetzt hatte er Appetit auf etwas Deftiges. Bier machte eben hungrig.
»Gern,
der Herr. Darf es sonst noch was sein?« Die ältere Verkäuferin im blauen
Verkaufskittel blickte ihm forschend ins zerknitterte Gesicht.
»Danke,
nein.« Er lächelte freundlich, obwohl ihm seine pochenden Schläfen selbst die
kleinste Bewegung seiner Gesichtsmuskulatur übel nahmen. Auf die unguten
Ereignisse von gestern hin hatte er noch in ›Rosis Bierstuben‹ vorbeigeschaut
und sich dort einige Halbe samt dazugehörigem Obstler einverleibt. Gezählt
hatte er die Getränke nicht. Aber es mussten viele gewesen sein, da die 50
Euro, die er vorher noch im Geldbeutel gehabt hatte, heute Morgen nicht mehr darin
gewesen waren. Wer hatte eigentlich behauptet, dass Alkohol beim Vergessen
half? Kein Wort wahr. K.-o.-Tropfen halfen beim Vergessen. Alkohol definitiv
nicht. Der ganze Horror mit Franz und Monika stand ihm genau wie gestern klar
vor Augen. Mit einem kleinen Unterschied allerdings. Zusätzlich zu seinen
quälenden Erinnerungen hatte er heute auch noch grässliche Kopfschmerzen.
»Senf?«
Sie lächelte artig zurück.
»Ja,
mittelscharfen, bitte.«
»Gern.«
»Sagen
Sie mal, gute Frau. Haben Sie zufällig die Maria Spengler aus der Birkenau
gekannt?«, fragte er, während sie den Senf auf seine Leberkässcheibe strich.
»Die
Mary? Natürlich kenn ich die. Aber wieso reden Sie in der Vergangenheit von
ihr?« Die Verkäuferin zog erstaunt die Brauen hoch.
»Sie
ist tot.«
»Was,
die Mary tot? Das gibt es doch gar nicht.« Die ältere Frau ließ vor Schreck die
kleine Senftüte fallen. Sie hob die Hände an ihren Kopf. »Die hat doch immer
bei uns eingekauft. Unseren Hackepeter hat sie regelrecht geliebt. Ist das
wirklich wahr?«
»Ja,
leider. Sie wurde nicht weit von hier umgebracht.«
»Oh
Gott. Wie schrecklich. Und warum fragen Sie nach ihr?«
»Ich
bin Privatdetektiv und untersuche den Fall im Auftrag einer Freundin von Maria
Spengler. Raintaler ist mein Name.« Max zückte seine Detektivlizenz und hielt
sie über den Verkaufstresen.
»Ach
so. Aha. Ja dann … « Ratlosigkeit machte sich in ihrem Gesicht breit. »Und wie kann
ich Ihnen da helfen, Herr Raintaler?«
»Wissen
Sie irgendetwas über sie, das mir bei der Aufklärung des Mordes helfen könnte?«
Ȁh,
wie meinen Sie das?«
»Können
Sie mir zum Beispiel sagen, wie die Bürgerinitiative heißt, in der Frau
Spengler mitgemacht hat?«
»Bürgerinitiative?
Hm … «
»Der
Verein wegen der kleinen Häuser in der Birkenau. Die sollen doch abgerissen
werden. Hat Sie Ihnen denn nie davon erzählt?«
»Ach
so, das. Wegen den neuen Eigentumswohnungen, die die da bauen wollen.« Sie
deutete auf den Bahndamm, hinter dem sich das besagte Areal in nördlicher
Richtung befand.
Max
folgte ihrem ausgestreckten Arm mit den Augen. »Genau.« Gott sei Dank habe ich
zwei Aspirin und meine Blutdrucktablette genommen, dachte er. Sonst würde ich
das hier heute keine weitere Sekunde aushalten.
»Ja, da
weiß ich nichts drüber. Tut mir leid.«
»Aha.
Macht nichts.« Er verzog sein Gesicht zu einer freundlichen Leidensgrimasse.
»Was haben die nur mit dem Hans-Mielich-Platz gemacht?«, fuhr er kopfschüttelnd
fort und zeigte nun ebenfalls zum Fenster hinaus, auf den großen Platz vor der
Eisenbahnunterführung. »Der schaut ja furchtbar aus.«
»Eine
Betonwüste, die keiner braucht«, kam prompt die grantige Antwort.
»Fragt
sich bloß wieso?«
»Keine
Ahnung. Vielleicht hat irgendwem die Wiese nicht gefallen,
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