Isarhaie: Der vierte Fall für Max Raintaler (German Edition)
katapultierte
Woller einen Großteil der dicken Schweiß- und Spucketropfen, die zahlreich
seine Unterlippe besiedelten, quer über seinen großen Schreibtisch hinweg.
Direkt auf Max’ schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift ›Biertrinker‹.
»Natürlich
verstehe ich. Mir ist durchaus bekannt, dass wir hier alle in einer
Bananenrepublik leben. Ist ja auch ganz offensichtlich, schließlich laufen
genug Affen herum. Auf allen Ebenen.« Max grinste unfreiwillig. Manchmal war
man sogar mit den Ganoven dieser Welt einer Meinung.
»Köstlich,
Raintaler. Den Spruch muss ich mir merken. Ich gebe Ihnen hundertprozentig
recht. Affen und Volltrottel, wohin man schaut. Aber das Geld dieser Trottel
soll in meinen Taschen landen, dann geht es mir gut.« Der Immobilienwirt und
Bauunternehmer blies seine Wangen auf und prustete vergnügt los. Seine Augen
verschwanden dabei völlig unter ihrer verfetteten Umgebung, und sein mächtiger
Bauch samt der schwabbeligen Brust wackelte unter dem Anzug wie eine von Riesen
zubereitete überdimensionale Götterspeise. Max fragte sich währenddessen
ernsthaft, ob man hier im Büro wohl ein paar zusätzliche Stahlträger in den
Boden eingezogen hatte, bevor der Bautycoon es beziehen durfte.
»Sie
hatten also nichts gegen Frau Spengler?«, hakte er nach, sobald sich sein
Gegenüber wieder beruhigt hatte.
»Natürlich
hatte ich etwas gegen Sie. Wie gegen alle Affen und Äffchen dieser
Bürgerinitiative, um bei unserem schönen Bild zu bleiben. Aber deshalb bringe
ich, wie bereits gesagt, niemanden um.«
»Aber
im Weg sind Ihnen die Leute. Und Maria Spengler war Ihnen ein besonderer Dorn
im Auge, weil sie von Anfang an in der Initiative dabei war. Stimmt’s?« Je
länger Woller abstritt, etwas mit Marias Tod zu tun zu haben, umso mehr glaubte
Max, dass es doch möglich sein konnte. Leute wie Woller waren professionelle
Lügner. Die wussten genau, wie sie mit einer Befragungssituation umzugehen
hatten. Nur eins wusste der fettleibige Firmenchef nicht. Nämlich, dass Max das
als ehemaliger Kriminalhauptkommissar auch wusste.
»Ihre
Antwort haben Sie bereits, Herr Detektiv.« Woller setzte ein ernstes Gesicht
auf. Er verschränkte seine dicken Wurstfinger vor seinem Bauch. Für ihn war das
Gespräch damit wohl am liebsten beendet.
»Wo
waren Sie vorgestern Abend?« Max ließ nicht locker. Irgendwas stimmt nicht an
dem Burschen, spürte er, so viel ist sicher. Fragt sich nur, was genau er zu
verbergen hat. Wirklich den Mord an Maria? Oder hat er Angst davor, dass man
ihm bei einer anderen Gaunerei auf die Schliche kommt?
»Ich
wüsste zwar nicht, was Sie das angeht, aber egal. Vorgestern Abend war ich mit
Frau Sandhorst zuerst in der Oper und dann noch bei mir zu Hause in Grünwald.«
»Und
wer ist Frau Sandhorst?«
»Sie
kennen sie.«
»Nicht,
dass ich wüsste.« Max kratzte sich am Hinterkopf. Wollte der Kerl ihn jetzt
auch noch vorführen?
»Meine
Vorzimmerdame, Frau Gesine Sandhorst.«
»Ach,
Gott, richtig. Stimmt ja.« Max erinnerte sich an die Visitenkarte, die immer
noch auf seinem Badezimmerschränkchen lag. Herrschaftszeiten, was wollte die
denn nur von diesem Unsympathen? Sie musste wirklich einen kompletten Hau
haben. Jetzt war es sozusagen offiziell. »Dann darf ich sie wohl auch fragen,
ob sie mir Ihre Aussage bestätigt?«
»Natürlich,
Herr Raintaler. Jederzeit. So, jetzt muss ich aber weitermachen. Affen und
Äffchen abzocken, Sie verstehen?« Woller lachte scheppernd und deutete auf die
Tür. »Machen Sie’s gut.«
Die
Audienz war endgültig vorüber. Max erhob sich von seinem Stuhl und
verabschiedete sich. Im Vorraum angekommen näherte er sich noch einmal Frau
Sandhorsts Empfangstresen.
»Eine
letzte Frage hätte ich noch, Frau Sandhorst«, begann er, sobald er bei ihr
angekommen war.
»Oh, so
förmlich. Hat Ihnen der Chef meinen Namen verraten? Oder haben Sie zu Hause
etwa meine Visitenkarte studiert? Nur zu, Herr Detektiv. Geht es um meine
Oberweite?«
»Nein.«
Max verdrehte genervt die Augen. Nicht zu fassen, dachte sie eigentlich auch
mal an etwas anderes. »Ich würde gern wissen, wo Sie vorgestern Abend waren.«
»Das
würde so mancher gern wissen. Und wo ich heute und morgen Abend bin, sicher
auch. Meinen Sie nicht?« Sie klimperte mit den Wimpern und machte erneut ihr
hübsches Schmollmündchen.
»Ganz
bestimmt, Frau Sandhorst. Aber vorgestern, das wäre mir wirklich wichtig. Wo
waren Sie da?«
»Na
gut, Herr Detektiv, wenn es Ihnen so wichtig ist. Ich
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