Isarhaie: Der vierte Fall für Max Raintaler (German Edition)
Tätowierungen auf den Armen fixierte ihn mit einem
eiskalten Blick und kam mit geöffnetem Hosenladen auf ihn zu.
»Nur
zu, Bürscherl! Wenn du das Echo verträgst.« Max stellte sich in Position, so
wie er es bei seiner jahrelangen Ausbildung im Nahkampf tausend Mal geübt
hatte. Er wusste Franz neben sich, und er wusste, dass der seine Dienstwaffe
dabei hatte. Das hier würde also keine größeren Probleme aufwerfen. Aber
notwendig war es allemal. Irgendwer musste den fehlgeleiteten Volldeppen
schließlich die Erziehung einbläuen, die ihre Eltern offensichtlich versäumt
hatten.
Halt
mal. Da war doch so ein braungebrannter Glatzkopf an seinem Tisch gewesen. Beim
Griechen. In der K.-o.-Tropfen-Nacht. Er sah den Mann auf einmal wieder genau
vor sich. Keine Haare, braune Augen, eine kleine Narbe auf der linken Wange,
und er hatte so einen schmalen Oberlippenbart, wie ihn die Südländer oft
trugen. Richtig. So war es gewesen. Der Mann hatte ihn nach Feuer gefragt. Max
hatte sich zu Anneliese umgedreht, um ihr Feuerzeug entgegenzunehmen, und als
er sich ihm wieder zuwandte, um es ihm zu geben, war er auf einmal weg gewesen.
Wie vom Erdboden verschluckt. Auf jeden Fall hatte er genug Zeit gehabt, um Max
etwas ins Bier zu schütten. So viel war sicher.
»Was
ist mit dir, Wichser? Machst du dir in die Hosen oder was?« Der glatzköpfige
Gigant vor ihm riss ihn lautstark aus seinen Gedanken.
»Niemals.
Komm schon!« Max winkte ihn zu sich her. Er begann, langsam auf der Stelle zu
tänzeln. Bei einem derartigen Kleiderschrank musste der erste Schlag sitzen.
Logisch. Also kommen lassen und dann blitzschnell kontern. Und hoffen, dass ihn
sein Gegner dabei nicht ebenfalls erwischte. Denn, wo der hinhaute, wuchs
bestimmt kein Gras mehr.
»Polizei!
Nehmen Sie Ihre Hände hoch und legen Sie sich ganz langsam auf den Boden. Alle
drei! Auf geht’s!« Franz, der direkt neben Max stand, hatte seine Dienstwaffe
gezogen und richtete sie auf die betrunkenen Unruhestifter.
»Aber,
Franzi. Ich wollte doch gerade … «
»Lass
es gut sein. Das hier ist Polizeisache. Bitte ruf uns ein paar Uniformierte und
den Notarzt her. Die Nummer steht drin.« Franz reichte Max sein Handy.
»Aber
ich hätte wirklich große Lust … «, protestierte der.
»Weiß
ich, Max. Ich auch. Aber an denen machen wir uns erst gar nicht die Hände
schmutzig.«
»Na
gut. Schade.« Max ließ resigniert die Schultern hängen und telefonierte. Keine
drei Minuten später nahmen sich sechs uniformierte Streifenpolizisten der nach
wie vor lautstark pöbelnden Glatzköpfe an.
»Zwei
von euch nehmen bitte Zeugenaussagen auf, die anderen bringen die Burschen aufs
Revier, Männer«, ordnete Franz an. »Die sind zwar garantiert bald wieder frei,
so wie ich unsere Gerichte kenne. Aber erst mal sitzen sie ein. Soviel ist
sicher«, fügte er mit rauer Stimme an Max gewandt hinzu, während sich der
gerade herbeigeeilte Notarzt um den blutenden Obdachlosen zu ihren Füßen kümmerte.
»Hirnlose
Deppen. Was will man machen?« erwiderte Max. »Ich finde, wir haben uns jetzt
wirklich einen Schluck verdient. Was meinst du?«
»Auf
jeden Fall.«
Sie
fanden gleich einen schattigen Platz in dem kleinen Biergarten mitten auf dem
Viktualienmarkt. Es roch nach Fisch und Bratwürsten. Die Menschen rund umher
plauderten zum Teil fröhlich miteinander, manche lasen Zeitung, und wieder
andere genossen einfach nur die einzigartige, gemütlich dörfliche
Großstadtatmosphäre. Als Max mit zwei gut gefüllten Halben von der Schenke
zurückkam, ertönte der ›Radetzky-Marsch‹ aus Franz’ Handylautsprecher. Max
setzte sich und trank schon mal einen Schluck. Wann wechselt der Dicke bloß
endlich diesen Scheißklingelton aus, fragte er sich.
»Aha«,
meinte Franz, ganz auf das konzentriert, was aus dem Hörer kam. »Wirklich? Ist
ja interessant. Nicht zu fassen – Echt? – Ja,
Herrschaftszeiten – Das auch? Aha – Was es nicht alles gibt – Ja,
gut, Bernd. Und vielen Dank auch. Das sind wirklich gute Nachrichten. Da wird
sich der Max sicher freuen – Was? Du schickst sie mir? – Ja,
gut. Dann kann ich sie ihm gleich zeigen. Perfekt. Danke. Servus.« Er legte auf
und verstaute sein Handy in der Innentasche seines Sakkos.
»Was
schickt er dir?« Max schaute seinen alten Freund und Exkollegen mit offenem
Mund an. Er hatte nur Bahnhof verstanden.
»Die
Bilder.«
»Welche
Bilder?«
»Schnall
dich an, Max. Wir haben deinen K.-o.-Tropfen-Attentäter. Es gibt ein Bild von
ihm,
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