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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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Augenbrauen zusammen.
    »Wenn’s zu brenzlig wird, dann drehst du um. Hast du verstanden?«
    »Ja doch. Ich bin nicht lebensmüde.«
    »Nach deinen letzten Einsätzen hätte ich da fast Zweifel bekommen!«
    Einen Moment lang blickte Yonathan seinen Freund ärgerlich an. Dann lächelte er und legte die Hand auf Gimbars Unterarm. »Ich pass auf mich auf. Versprochen!«
    Als sich Yonathan in der Mitte des Bachbettes noch einmal umdrehte, sah er in drei besorgte Gesichter. Er hob den Stab Haschevet zu einem letzten Gruß und watete weiter.
    An der tiefsten Stelle der Furt ging ihm das kalte Wasser nur bis zur Hüfte. Er konnte Fische dabei beobachten, wie sie – nur mit einigen wenigen Flossenschlägen gegen die sanfte Strömung arbeitend – auf der Stelle schwammen und auf Beute lauerten. Sie ignorierten ihn; offenbar passte er nicht in ihren Speiseplan. Schnell hatte er den Bach durchquert und begann mit dem Aufstieg.
    An den Hängen des Berges wuchsen kaum Pflanzen, nur hier und da waren einige Moospolster in Mulden und Furchen vorgedrungen. Der Vulkanausbruch hatte alles Leben im näheren Umkreis ausgelöscht. Wahrscheinlich wussten selbst Farne und Büsche, dass man diesem Ort besser fernblieb.
    Immer noch konnte man erkennen, wo einst die Hauptströme des flüssigen Gesteins geflossen waren. An einigen Stellen war die erstarrte Lava erstaunlich glatt, andernorts dagegen porös und von Rissen zerfurcht. Yonathan musste an frisches Brot denken, wie es der Bäcker in Kitvar immer aus dem Steinofen geholt hatte. Genauso schrundig und manchmal auch verkohlt hatte das Äußere der wohlschmeckenden Laibe ausgesehen. Ein Lächeln umspielte kurz seine Lippen: An diesem Steinbrot allerdings würde er sich die Zähne ausbeißen – vielleicht aber auch an der Aufgabe, die ihn hierher gebracht hatte.
    Der Aufstieg kostete Kraft. Yonathans Beine wurden allmählich schwach. Sein Atem ging schnell, das Herz schien direkt hinter seinen Ohren zu pochen. Er konnte nicht genau sagen, wie lange er sich schon zwischen Spalten und Ritzen emporgearbeitet hatte, aber er spürte, dass er sich dem Auge näherte. Und er wusste, dass das Auge ihn erwartete. Doch wo blieb der Hüter? Zwei Drittel des Weges mussten bestimmt schon hinter ihm liegen und noch immer fehlte jede Spur von einem Verteidiger. Auch das Versteck des Auges hatte er noch nicht ausmachen können.
    Yonathan bewegte sich nun sehr vorsichtig über den erkalteten, dunklen Lavastrom. Einzelne Windböen spielten mit seinem Haar. Weit unten sah er den silbernen Streifen des Wildbaches und die beiden benachbarten Täler, die zum weiß gekrönten Südkamm hinaufführten. Die Farbe Schwarz prägte die nähere Umgebung. Der Hang war hier sehr steil und unübersichtlich. Abgebrochene Gesteinsbrocken lagen überall im Weg. Tiefe Einschnitte ließen dem nach Halt suchenden Fuß kaum noch eine Wahl. Oben und unten, das waren die Richtungen, die noch verblieben.
    Yonathan entschied sich für oben. Das Auge konnte nicht mehr weit sein. Irgendwo zwischen den schwarzen Lavawülsten musste es lauern, vielleicht in einer Höhle oder im Krater des Vulkans selbst. Vor sich sah er nun einen Riss, in dem er hinaufklettern konnte. Rechts und links davon ragten die schroffen Bruchkanten des Einschnitts zwanzig oder dreißig Fuß in die Höhe. Vielleicht hundertfünfzig Fuß weiter oben machte die Furche eine Biegung nach rechts. Er hätte gerne gewusst, was sich dahinter befand, aber er war so mit dem Weg beschäftigt, dass er ganz vergessen hatte seinen Wandernden Sinn vorauszuschicken. Als Yonathan mitten in der Spalte steckte, spürte er das vertraute Ziehen im Hinterkopf.
    Sofort ließ er den blau gleißenden Schild Haschevets aufflammen. »Eine prächtige Falle, in die du dich hast locken lassen…« Der Angriff unterbrach seine geflüsterten Selbstvorwürfe.
    Wie aus dem Nichts war eine flammende Gestalt am oberen Ende der Kluft erschienen. Sie fauchte. Oder war es die Luft, die in ihrer Umgebung durch die Hitze aufbrauste? Ein feuriger Hüter, schoss es Yonathan durch den Kopf. Wie passend für diesen Ort! Im nächsten Moment flog ihm ein glühender Morgenstern aus Lava entgegen. Es fiel ihm nicht schwer das brennende Geschoss abzuwehren – der karminrote Feuerball zerplatzte in einem Funkenregen. Yonathan war gewarnt, er durfte den Wächter des Auges nicht unterschätzen.
    Der Hüter begann sich in Bewegung zu setzen, direkt auf Yonathan zu. Er war etwa so groß wie Yomi, aber wesentlich

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