Isau, Ralf - Neschan 03
einmal an Bord bittet? Hier auf dem Rücken unseres leuchtenden Freundes ist es nämlich ziemlich feucht.«
»Kommt nur, kommt. Was dieses Traumfeld betrifft, habe ich sowieso noch ein Hühnchen mit Euch zu rupfen.«
Die Lagebesprechung in der Kapitänskajüte fiel eher wie eine zwanglose Feier alter Freunde aus. Gimbar hatte sich in den einzigen Sessel fallen lassen – eine der wenigen Neuerungen seit der letzten Generalüberholung der Weltwind. Kaldek und Yomi saßen am Tisch in der Mitte des Raumes, Din-Mikkith hatte sich mit abenteuerlich ineinander verschränkten Beinen auf der Truhe neben dem Bett niedergelassen und Yonathan lief rastlos zwischen allen Anwesenden hin und her.
»Nun setz dich endlich zu uns«, sagte Yomi nicht zum ersten Mal. »Dadurch, dass du hier herumläufst wie ein aufgescheuchter Pinguin, bringst du uns nicht weiter.«
Yonathans Schritte verharrten am Tisch. Seine Finger ließen vom rechten Ohrläppchen ab und er hob die Hände in einer hilflosen Geste. »Aber es ist doch wirklich zum Verzweifeln! Ich dachte, Galal wüsste genau, wohin es uns zu bringen hat, und nun sind wir doch nur auf Vermutungen angewiesen.«
»Ich habe diesem grünen Leuchtklumpen nie so richtig getraut«, brummte Kaldek.
Die Weltwind erzitterte jäh. Ein beunruhigendes Knarren drang durchs ganze Schiff. Kaldek erbleichte.
»Ich wäre an Eurer Stelle vorsichtig mit solchen Äußerungen«, sagte Yonathan, nachdem sein Geist das Traumfeld wieder beruhigt hatte. »Galal ist sehr empfindsam.«
»Wollt Ihr damit etwa sagen, dieses… na, Ihr wisst schon, was ich meine, hört jedes Wort mit, das wir hier sprechen?«
Yonathan schmunzelte. »Hören trifft es vielleicht nicht ganz, Kapitän, aber im Prinzip habt Ihr Recht. Galal ist beinahe wie ein kleines Kind: zwar von schlichtem Gemüt, manchmal auch ein wenig bockig, wenn man es ärgert, aber im Grunde lammfromm.«
»Davon habe ich bisher noch nichts bemerkt. Als uns dieses Ding aufgabelte, dachte ich, die Weltwind würde mitten entzweibrechen, und seitdem scheint es mit uns zu spielen wie ein Schwertwal mit einer Seerobbe.«
»Nur mit dem Unterschied, dass der Wal die Robbe am Schluss frisst. Galal wird etwas Derartiges bestimmt nicht tun. Das Traumfeld ist im Grunde herzensgut.«
»Das wird sich noch zeigen.«
»Darf ich Euch daran erinnern, Kaldek, dass wir all das an Felins Tafel in Cedanor besprochen haben und Ihr dem Plan zustimmtet? Ich bin Euch für Eure Bereitwilligkeit uns zu unterstützen zu großem Dank verpflichtet, aber was Eure jetzige ablehnende Haltung gegenüber unserem großen Freund angeht, glaube ich, dass sie wohl kaum mit seiner angeblichen Gefährlichkeit zusammenhängt.«
»Was soll das heißen? Jeder Seemann wird Euch sagen können, dass man sich vor diesen Biestern in Acht nehmen muss.«
Wieder ging ein Beben durchs Schiff.
Es dauerte einen Moment, bis Yonathan das Traumfeld erneut besänftigt hatte. Als er sich endlich wieder dem Kapitän zuwandte, sah er sehr ernst aus. »Kann es sein, dass Ihr Euch in der Berufsehre getroffen seht, weil Ihr nicht mehr selbst den Kurs Eures Schiffes bestimmt, Kaldek, und dass Ihr darüber vergessen habt, worum es wirklich geht?«
Yonathan blickte den Kapitän fest an. Er war nicht mehr der Halbwüchsige, den Kaldek vor vier Jahren an Bord genommen hatte. Trotz seines Alters schien er erwachsen geworden zu sein, wusste, was er wollte. Er war der siebte Richter Neschans und darüber hinaus in der Lage Gedanken zu lesen.
Der Kapitän drehte sich halb zur Seite und sagte: »Ihr habt vielleicht Recht. Aber ich bin Kapitän dieses Schiffes… Zweifelt Ihr an meinem Eifer für die gemeinsame Sache, Richter Geschan?«
»Das wollte ich damit nicht ausdrücken, Kaldek. Ich bitte Euch einfach dem Traumfeld noch ein wenig Zeit zu geben. Ihr werdet sehen: Es wird Euch nicht enttäuschen. Und im Übrigen bin und bleibe ich Yonathan für Euch; dieser Richter-Titel verkompliziert alles nur unnötig. Ich brauche Euch, Kaldek! Werdet Ihr uns weiterhin unterstützen?«
Der Kapitän schaute ihn wieder direkt an. Sein Gesicht wirkte starr, nur die Augen funkelten. Er schien nachzudenken. Doch dann lockerten sich seine Züge und er sagte: »Natürlich helfe ich Euch. Ich stehe zu meinem Wort. Ihr seid Yomis engster Freund, Yonathan, und Ihr habt ihn mir heil zurückgebracht. Manchmal mag ich ein sturer alter Seebär sein, und wenn einem das nicht ab und zu gesagt wird, merkt man es nicht einmal.«
»Dann ist
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