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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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Feuers bewacht.
    Und Oßeh hob wiederum an und sprach: »Ihr habt wohl getan. Der Dunkle Ort ist nun unseren Augen verborgen. Doch seht, die brennende Hitze des Flusses, der ihn umgibt, strahlt noch immer herauf zu mir und lässt mich nicht vergessen die üble Stätte. Geht hin und errichtet einen Ring aus Bergen. Ihre Wurzeln sollen reichen bis an den Grund des Tuches aus Licht, und ihre Gipfel sollen uns dienen als Schemel für unsere Füße. Auch füllt Wasser in das steinerne Rund, damit es uns diene als Schutz vor dem tobenden Feuer des Stroms.«
    Wiederum taten Oßehs Söhne, wie ihnen geheißen. Als die Götter ihr Werk beendet hatten, kehrten sie zu ihrem Vater zurück und sprachen:
    »Siehe, was du uns auftrugst, schufen wir: das Gespinst aus dem Lichte der Sterne, den Ring aus Bergen und das Meer im steinernen Rund. Nun wird dein Herz nicht länger trauern über die abtrünnigen Söhne, die da schmachten am verfluchten Platze.«
    Doch Oßeh sprach: »Wie könnte ich ihn vergessen, diesen Dunklen Ort? Meinen Augen ist er zwar entzogen, auch seine Hitze spüre ich nicht mehr. Doch der felsige Ring und das Meer gemahnen mich immerzu an ihn. Mein Herz ist schwer ob all der Söhne, die verloren sind. So wendet euren Eifer dem ehernen Reif zu und ein jeder schaffe dort, was mein Herz erfreuen mag und mich vergessen lässt des Tartaros’ Pein.«
    Und die Söhne Oßehs gingen von ihrem Vater, ein jeder für sich, um mit den Händen zu erschaffen, was schöner noch wäre als die Werke der Brüder. Ein Gott legte Land in die Mitte des Meeres, einer brachte Bäume und Gräser hervor, ein weiterer füllte die Wasser mit Fischen und anderem Getier. Ein Sohn setzte Vögel in die Lüfte und ein anderer rief die Tiere zum Leben, die da bevölkern sollten das noch junge Land. Als ein jeder sein Werk vollendet hatte, kehrten sie zurück, um zu zeigen dem Vater ihrer Arbeit Frucht.
    Einer nach dem anderen traten sie vor Oßeh und brachten ihm ihre Schöpfungen dar. Als der Vater das Land, die Pflanzen und die Tiere gewahrte, begann sein Herz zu frohlocken und er sprach: »Dies wird mich endlich vergessen lassen den Ungehorsam meiner Söhne, die an dem Dunklen Orte ihre Strafe verbüßen.«
    Noch waren die Worte nicht verhallt, trat Sevel herzu. Vor Oßeh stellte er sich und hob an, großtuerisch zu sprechen: »Siehe, mein Vater, all die Taten meiner Brüder sind prächtig und werden dir zur Freude gereichen. Doch das, was ich geschaffen, ist wohlgestalteter als alle jene Dinge: Es sind unsere Ebenbilder. In Fleisch und Blut wandeln sie auf dem Lande, das da erwuchs inmitten des Meeres.«
    Und Oßehs Augen ruhten auf dem ganzen Werk, das seine Söhne ihm gegeben, und er erkannte die Wesen. Und siehe, sie erwiesen sich äußerlich als schön, doch innerlich waren sie böse und schlecht. Neid, Habgier und Hass herrschten unter ihnen. Auch töteten sie einander und handelten verderblich in jeder nur erdenklichen Weise.
    Es zeigte sich dann, nach einer kurzen Zeit, dass deren Kinder die wirkliche Gestalt ihres verderbten Geistes offenbarten. All ihre bösen Taten spiegelten sich wider in ihren Leibern, die der göttlichen Vollkommenheit Hohn sprachen. Ihr Anblick war Schrecken und die Nachkommen handelten schlimmer als je die Väter und Mütter in all ihrer Schlechtigkeit.
    Und Oßeh geriet in Zorn über diesen Frevel, den Sevel, sein Sohn, an ihm begangen. Er schalt ihn mit Worten: »Wer bist du, Sevel, dass du die Augen deines Vaters beleidigst mit diesen beklagenswerten Geschöpfen, die du uns, den Göttern, gleichstellst? Ich bin Oßeh, der Erschaffer, dies ist mein Name. Wie kann etwas mir gleich sein, das zerstört und tötet? Nicht länger mehr sollst du im Kreise deiner Brüder weilen, auf dass du nicht vergiftest ihre Herzen, so wie das deine vergiftet ist – denn wie könnte ein reines Herz solchen Unrat hervorbringen? So soll denn dein Name sein, von nun an bis auf unabsehbare Zeit: Unrat, Mist, Kot. Das sind die Dinge, an die denken soll, wer deinen Namen, Sevel, je hören wird unter den Göttern und ihren Geschöpfen.«
    Da ergriff Oßeh seinen Sohn und schleuderte ihn hinab in den Tartaros, durch das Meer, durch das Gespinst, gewoben aus Sternenlicht, direkt in den Dunklen Ort der ewigen Strafe.
    Und die übrigen Söhne Oßehs waren betrübt über die schändliche Tat, die ihres Vaters Zorn heraufbeschworen, und über die Arglist des Bruders. Sie hoben an und sprachen zu Oßeh wie aus einem Munde: »Sollen wir die

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