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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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Wesen, die unser verfluchter Bruder geschaffen hat, mit Feuer vertilgen von dem Lande, damit es wieder rein werde?«
    Doch Oßeh antwortete ihnen: »Ein Gott hat diese Wesen hervorgebracht und wie ein Gott ewig währt, so sollen auch seine Werke sein.« Und Oßeh weinte über den Verlust seines Sohnes, über dessen böses Tun und über dessen verfluchte Geschöpfe. So kam es, dass einige von Oßehs Tränen auf die Welt fielen, das Werk der Hände seiner treuen Söhne. Und sie netzten die entarteten Wesen Sevels, worauf viele von ihnen geheilt wurden von irrendem Geist und hässlichen Körpern. Dort, wo die Tränen des Göttervaters den Erdboden berührten, erwuchsen die schönsten Blumen; auch geschahen andere wundersame Dinge, welche bis auf den heutigen Tag nicht gefasst werden können vom Geist der lebenden Wesen.
    Als Oßeh nun die Welt betrachtete, die einst als Balsam dienen sollte für sein Herz und zuletzt Anlass geworden war für noch größere Trauer, rief er seine Söhne, erhob seine Stimme und sprach: »Diese Welt soll ›Neschan‹, die Tränenwelt, genannt werden, denn meine Tränen habe ich vergossen um sie, die meinem Herzen Freude bringen sollte. Die Geschöpfe Sevels jedoch, die gereinigt wurden durch meiner Tränen Nass, nenne man ›Menschen‹. Mögen sie die Wunden heilen, die Sevel geschlagen hat, und mögen sie herrschen über Neschan, auf dass nie mehr die verderbten Kinder Sevels die Oberhand gewinnen und Neschan erneut in die Dunkelheit des Bösen werfen.«
    Fortan schwieg Oßeh, nachdem er gelobt hatte erst wieder zu sprechen, wenn Friede auf der ganzen Tränenwelt eingekehrt sei.
    Dort jedoch, wo Sevel in den Tartaros versank, blieb ein Loch im Meer zurück und im Gewebe aus Sternenlicht. Seitdem fallen die Wasser in fortwährendem Sturze hinab in den Abgrund und treffen auf den rot glühenden Strom, der da wacht über den Tartaros und seine verfluchte Schar. Sobald sich Wasser und Feuer jedoch vereinen, verwandeln sie sich und entsteigen als karminrote Wolkensäule aus dem Schlunde in die Himmel der Welt, die nach Oßehs Tränen benannt ist. Dort vermischen sich Säule und Luft und fließen als ewiger Weltwind über Neschans Meere und Land. Schließlich fallen sie hernieder als Regen, der die Flüsse speist, welche sich ergießen in das Meer an seinem Gestade. Die Wasser des Meeres aber suchen von neuem das Weltenloch und stürzen hinab. Die Kraft jedoch, welche da ausgeht von der emporgeschleuderten Wolkensäule, drängt das Meer fort vom Weltenloch, so lange, bis sie ihm entstiegen ist, die dampfende Gischt. Doch sogleich kehren die Wasser der See wieder zurück, damit entstehe der immerwährende Wechsel von Ebbe und Flut.
    So zeigt selbst der Fluch Oßehs und die Verdammnis Sevels noch einen Segen für Neschan: den Weltwind und die Gezeiten, auf dass sich immer bewahrheite das Wort, welches von Anbeginn der Zeit an lautet:
    Wandle gemäß Oßehs Taten, denn seine Taten sind Gesetz, und sein Gesetz ist gut, weil er allezeit nur das vollbringt, was vortrefflich ist.
    Yomi blickte erwartungsvoll auf. »Und das soll uns weiterhelfen?«
    »Du hast diese Geschichte einmal sehr ernst genommen«, erinnerte Yonathan seinen Freund. »Damals – wir hatten uns hier, auf der Weltwind, gerade erst kennen gelernt – sagte ich zu dir, dass allen Legenden ein wahrer Kern innewohnt.«
    »Ich weiß. Du hattest mir erklärt, dass der Gott Oßeh für Yehwoh steht und Sevel für Melech-Arez. Yehwoh hat die entarteten Geschöpfe Neschans geheilt, damit sie bis zur Weltentaufe ihre Entscheidung frei treffen können, welchem Gott sie dienen wollen. Aber ich verstehe immer noch nicht, wie uns die Legende bei der Suche nach der Vergessenen Insel weiterhelfen soll.«
    »Das ist gar nicht so schwer. Ich bin auf diesen Gedanken gekommen, weil die Legende besagt, es gebe einen ›karminroten Strom des ewigen Feuers‹, der den Dunklen Ort der Verdammnis begrenzt. Fällt euch dabei nichts auf?«
    »Das passt sehr gut zur Farbe von Bar-Hazzats Augen«, sagte Gimbar.
    »Mich erinnert es außerdem an die Lava des Glühenden Berges«, erkannte jetzt auch Yomi.
    »Und an das rote Glühen, das meine Vorfahren von der Vergessenen Insel vertrieb«, wisperte Din-Mikkiths zischelnde Stimme.
    Yonathan nickte. »Genau daran habe ich auch gedacht. Die Weltwind-Legende scheint mir erstaunlich gut unsere wirkliche Welt zu beschreiben. Es würde mich nicht wundern, wenn der Dunkle Ort der Schwarze Turm in Gedor wäre. Um dorthin

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