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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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Gesicht der Landschaft, und immer häufiger wucherten Büsche und kleinere Wäldchen aus dem Boden hervor. Süße Düfte mischten sich in den herbwürzigen Geruch des Graslandes. Schließlich schob sich eine feine, dunkle Linie zwischen Himmel und Erde und wurde kräftiger, bis an den Rändern Details auszumachen waren.
    »Der Große Wall«, Yehsir deutete mit einer knappen Geste zum Horizont. »Morgen werden wir einen Fluss überqueren und an dessen Ostufer weiter nach Norden reiten.«
    Die Voraussage traf zu. Kurz nach dem Frühstück erreichte die kleine Karawane eine Furt, die das sichere Überqueren des Flüsschens erlaubte, dem sie nun folgen sollten. Das Wasser war eisig kalt und Yonathan musste eine Menge Überzeugungsarbeit leisten, um sein eigensinniges Lemak dazu zu bewegen, seine Fußballen in das Flussbett zu setzen.
    Das schnell fließende Gewässer zur Linken und rechts das gewaltige Bergmassiv des Großen Walls ritten die Gefährten eine Weile schweigend dahin. Bald tauchte ein Weg auf, dessen ausgetretene Bahn augenscheinlich nicht nur von wilden Tieren benutzt wurde.
    »Werden wir bald auf Squaks stoßen?«, erkundigte sich Yonathan mit gemischten Gefühlen.
    »Früher oder später bestimmt«, erwiderte Yehsir. »Dieser Fluss hier bildet die Grenze des Squak-Königreiches. Spätestens in zwei oder drei Tagen erreichen wir Singat, eine kleine Siedlung. Sie wird zwar überwiegend von sesshaft gewordenen Nomaden bewohnt, aber dort werden wir ohne Frage auch Squaks zu sehen bekommen.«
    »Vielleicht sollten wir die Gelegenheit nutzen und uns nach dem Treiben der temánahischen Priester erkundigen«, meinte Gimbar. »Es kann nie schaden über die Schritte des Gegners im Voraus informiert zu sein.«
    »Gute Idee«, stimmte Yonathan zu.
    Yehsir schlug vor in dem Gasthaus des Ortes abzusteigen. Er kenne den Wirt. Außerdem könne man dort am ehesten wichtige Neuigkeiten erfahren.
    Die Vorfreude auf ein richtiges Bett ließ Yonathan alle Mühsal der vergangenen Wochen vergessen. Wie Yehsir geschätzt hatte, dauerte es dann aber noch volle zwei Tage, bis die Grenzsiedlung Singat in Sicht kam. Kurz vor Sonnenuntergang tauchten Befestigungsanlagen aus zugespitzten Baumpfählen hinter einer Flussbiegung auf.
    Der Ort war zu klein, um sich eine Steinmauer leisten zu können. Allerdings fiel die erstaunliche Anzahl massiver runder Türme auf, die aus der Siedlung ragten wie zu groß geratene Brunneneinfriedungen. Der größte Turm schien mitten aus den Spitzpfählen zu wachsen – eine Hälfte befand sich noch innerhalb der Stadt, die andere dagegen stand im Fluss. Alle anderen Türme drängten sich um diesen wahrscheinlich ältesten Bau des Ortes, beinahe wie Küken um die Mutter.
    »Das sind die Wohntürme der Squaks«, erklärte Yehsir, während sie auf das Stadttor zuritten. »Der große, den ihr links seht, wird von der kleinen Garnison benutzt, die König Kirrikch zum Schutze der Grenzsiedlung abbeordert hat.«
    Die seltsamen Türme fesselten Yonathans Blick. Jedes der runden Gebäude besaß eine andere grelle Farbe und überall klafften Löcher, die wie zufällige Treffer von Steinkatapulten aussahen, wahllos über die schlank emporstrebenden Behausungen verteilt. Aus vielen der Öffnungen ragten Stege aus Stein oder Holz nach allen Seiten in die Luft. Hier und da konnte man sogar gemauerte Absätze an der Außenseite eines Turms entdecken, wie Pfade, die zwei oder drei der Löcher verbanden. Vereinzelt gab es sogar Brücken, welche die kurze Distanz zu einem Nachbargebäude überspannten. Keiner der zungenförmigen Balkone und schmalen Mauerwege besaß irgendeine Art von Absicherung, selbst nicht in Schwindel erregender Höhe.
    Viele Squaks, vereinzelt oder in kleinen Gruppen, bevölkerten die Außenmauern ihrer ungewöhnlichen, aber eher einförmigen Häuser. Zum Teil deutlich größer als ihre menschlichen Mitbürger, glichen sie einer unglücklichen Kreuzung aus Straußen und Geiern: Aus einem nackten, kugelförmigen Kopf stachen bernsteinfarbene Augen mit linsenförmigen Pupillen hervor. Darunter bog sich ein spitzer Schnabel, wie von einem Adler, aber im Verhältnis wesentlich breiter und kürzer. Der biegsame Hals war mit spärlichem Federflaum bedeckt, genauso wie der massige Körper, der sich auf lange, gelbrote Beine stützte. An den Stellen ihrer Anatomie, wo man Vogelflügel erwartete, befanden sich befiederte Arme mit je zwei Paar Händen, wobei das zusätzliche Paar ungefähr auf der Höhe der

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