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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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stürzen.
    Er packte Haschevet nun auch mit der anderen Hand und sammelte seine ganze Geisteskraft. Sofort begann der Stab zu glühen. Ein blaues Licht floss über Yonathans Hände, Arme und umhüllte bald seinen ganzen Körper. Der Angriff des Auges kam ins Wanken. Der Druck ließ nach und für einen kurzen Augenblick konnte Yonathan dessen Form klar erkennen. Es war ein Kristall – genau wie Goel vermutet hatte. Groß wie ein Apfel, ganz aus sechseckigen Facetten zusammengesetzt und gefährlich rot funkelnd.
    Das Auge selbst ist völlig wehrlos! schoss es durch Yonathans Geist. Bar-Hazzat benutzt es nur, um dadurch seine Macht fließen zu lassen. Fast hätte er laut losgelacht, aber dann machte er sich klar, dass auch die meisten Fürsten wehrlos wären, gäbe es da nicht die Wachen, die sie beschützten. Er schüttelte das bedrückende Gefühl ab, beobachtet zu werden, und sammelte erneut seine Kraft. Dies war der gefährlichste Augenblick. Wenn es irgendwo im nahen Umkreis einen Diener Bar-Hazzats gab, dann würde er das Aufwallen des Koach bemerken. Ein Tarnnetz, wie draußen im Wald, genügte hier nicht. Yonathan konzentrierte die ganze Macht des Stabes auf den nun folgenden Moment. Unbewusst hob er die Arme und holte tief Luft.
    »Unterlass dein Vorhaben, Menschlein.«
    Yonathan fuhr herum. Woher kam diese bedrohlich ruhige Stimme?
    »So ist’s schon besser. Brächte mich wahrlich zur Weißglut, wenn meinem Schatz was zustieße.«
    Yonathans Blick blieb auf einem riesigen, unförmigen Felsen hängen, der nicht allzu weit hinter ihm aus dem Boden der Halle wuchs. Hatte er sich nicht eben bewegt?
    Sein Herz setzte für einen Moment aus. War es nur eine Sinnestäuschung gewesen oder verwandelte sich die breit hingestreckte Gesteinsmasse tatsächlich in einen lebendigen Drachen?
    Gleichzeitig mit der unheimlichen Metamorphose empfing Yonathan erste Eindrücke eines fremden Bewusstseins. Offenbar hatte sich der Drache in einer Art Starre befunden, einem tiefen Schlaf. Deswegen hatte der Stabträger den Hüter des Auges nicht schon vorher bemerkt.
    Aus dem vermeintlichen Felsen hob sich nun ein Reptilienkopf mit bedrohlich geblähten Nüstern. Das Drachenhaupt saß auf einem langen, geschmeidigen Hals, der einem massigen, kraftvoll wirkenden Körper entwuchs. Die graue Haut des Ungetüms schien sich aufzuhellen, an manchen Stellen sogar einen rosigen Ton anzunehmen. Die Verwandlung war perfekt, als sich der Drache auf die Vorderbeine erhob und mit den sechs scharfen Krallen seiner Pranke spielerisch über den Boden scharrte. Er schaute interessiert auf seinen Besucher herab; Yonathan vermied es den Blick zu erwidern. Trotzdem spürte er die glühenden Augen, die auf ihm lasteten und jedem anderen Menschen den Verstand aus dem Hirn gebrannt hätten. Der Drache entrollte einen langen, zackenbewehrten Schwanz und öffnete auf seinem Rücken ein Paar gewaltiger lederner Flügel, die er selbst in dieser großen Höhle nicht ganz entfalten konnte.
    »Dein Trachten gilt meinem Auge«, sagte das Ungeheuer, nachdem es das »Menschlein« gründlich inspiziert hatte.
    Erst jetzt bemerkte Yonathan, dass der Drache sich in einer klaren, aber etwas altertümlichen Sprache ausdrückte. Er musste nicht die Sprache der Geistesbilder bemühen, um sich verständlich zu machen, wie bei so manchem anderen nichtmenschlichen Wesen, das er kennen gelernt hatte.
    »Man hat mir erzählt, Drachen seien sehr weise Geschöpfe«, sagte Yonathan, während er seinem Gesprächspartner gegenübertrat.
    »Bewege dich mit Bedacht! Ein ungestümes Ausatmen von mir und du brennst wie eine lebendige Fackel.«
    »Seid Ihr Euch da so sicher, Drache?«
    »Ja, dessen bin ich mir gewiss. Im Übrigen: Nenne mich Garmok.«
    »Vielleicht gibt es ein Feuer, das auch dir gefährlich werden könnte, Garmok.« Auch Yonathan ging jetzt zu einem vertraulicheren Ton über. Trotzdem hielt er weiterhin den Stab mit beiden Händen schützend vor die Brust. Seinen ganzen Körper umstrahlte eine Aura aus blauem Licht.
    »Selbst ich kann Haschevet nicht widerstehen«, erwiderte der Drache ausdruckslos. »Aber vielleicht willst du mich auf die Probe stellen, ob ich nicht doch genügend Zeit fände auf dein Feuer zu antworten? Beendet wäre deine Mission allemal, stürzte ich mich im Tode auf dich.«
    Das gewaltige Wesen sprach die Wahrheit. Es war wirklich ein Risiko das Feuer Haschevets auf Garmok zu lenken. Außerdem wollte Yonathan die Macht des Stabes nicht vorschnell

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