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Isch geh Schulhof: Erfahrung

Isch geh Schulhof: Erfahrung

Titel: Isch geh Schulhof: Erfahrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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eine Minute später durch genau die Wohnung, von der Sarah und ich befürchtet hatten, dass wir sie entweder nie finden würden oder erst in ein paar Jahren bezahlen könnten: Altbau, drei Zimmer, hundertzehn Quadratmeter, Stuck, abgezogene Dielen und ein Wannenbad. Der Zustand der Wohnung erforderte ein paar kleine Reparaturarbeiten, und bei vier zu erklimmenden Stockwerken wäre auch ein Fahrstuhl eine nette Annehmlichkeit gewesen, aber dafür wartete diese Wohnung mit zwei Südbalkonen und einer unschlagbar günstigen Miete auf. Schon am nächsten Tag standen Sarah und ich gemeinsam in der Wohnung und sprachen mit dem Vermieter telefonisch alle Einzelheiten des Mietvertrags durch, den wir ein paar Tage später unterschrieben.
    So kam es also, dass wir nach mehreren Jahren Couchsurfing endlich unsere Kartons packten und nur noch meine Sommerferien abwarten mussten, um den Plan in die Tat umzusetzen. Nachdem ich als Lehrer in den letzten achtzehn Monaten ein gefühltes Jahrzehnt erwachsener geworden war, sollte dies also ein weiterer Schritt aus der verlängerten Jugend hinaus und hinein ins ›richtige‹ Leben sein.
    Mit Ende zwanzig konnte ich das ruhig wagen.
    Den heutigen letzten Schultag, den ich mit ein paar Kolleginnen im Café ausklingen lasse, nutzt die Senatsverwaltung, um sich für die Verlängerung meines Vertrags zu entscheiden. Ich warte also ungeduldig auf den Anruf, der darüber entscheidet, ob ich in den nächsten sechs Wochen über ein regelmäßiges Einkommen verfüge oder nicht.
    Es ist so weit, das Telefon klingelt. Nach ein paar Sekunden werden meine Kolleginnen aufmerksam und lauschen gespannt meinem Gespräch.
    »Gut, okay. Dann komme ich jetzt vorbei und unterschreibe«, antworte ich meiner Sachbearbeiterin gut gelaunt.
    Begeisterung macht sich breit, denn abgesehen von der rein kollegialen Hoffnung auf mein Wohlergehen wird meine Anwesenheit an der Schule inzwischen nicht nur von Schülern, sondern auch vom Kollegium geschätzt.
    »Und wie lang wird der nächste Vertrag laufen?«, frage ich die Frau von der Senatsverwaltung. »Ein ganzes Jahr? Inklusive der Sommerferien? Super, danke! Bis gleich.«
    Wir stoßen mit Milchkaffee und Apfelschorle auf meinen Erfolg an, und keine zehn Minuten später mache ich mich fröhlich vor mich hin pfeifend auf den Weg zur Senatsverwaltung und schließlich in die wohlverdienten – und bezahlten! – Sommerferien.
    Nachdem der Umzug am ersten Ferienwochenende mithilfe einer Handvoll tatkräftiger Freunde geschafft ist, richte ich einen unserer Balkone für einen romantischen Sommerabend her. Die untergehende Sonne wirft ein warmes Licht auf das gegenüberliegende Haus, der Himmel über unserer Straße, in der sich vergnügte Menschen an Cafétischen unterhalten, ist wolkenlos. Bei lauer Temperatur stoßen Sarah und ich mit einem Glas Sekt auf meinen neuen Arbeitsvertrag und unsere erste gemeinsame Wohnung an. Es ist einer dieser Momente, in denen alles Glück auf unserer Seite zu sein scheint. Die Aussicht auf zwölf bezahlte Monate tröstet mich über all die Dinge hinweg, die mir im Schulalltag immer wieder sauer aufstoßen. Auch Sarahs Umzug nach Oldenburg, der das Ende unserer Beziehung hätte bedeuten können, blieb uns durch die kurzfristige Zusage aus Potsdam erspart. Als sich der Sekt und der Abend dem Ende zuneigen, schieben wir einige Kartons beiseite, platzieren die Matratze vor der offenen Balkontür und kramen unser Bettzeug heraus. Begleitet von der Geräuschkulisse unserer Straße schlafen wir glücklich und zufrieden ein. Es ist die erste Nacht in der neuen Wohnung, und sie ist perfekt.
    Am nächsten Morgen steht die Sonne bereits hoch am Himmel und scheint in unser Zimmer. Ich blinzele ein paar Mal und muss mich erst einmal orientieren. Anhand der Geräusche, die ich aus dem Bad höre, kann ich erahnen, wo Sarah ist, und drehe mich noch einmal um. Das Gesicht der wärmenden Morgensonne zugewandt, döse ich noch einmal gemütlich ein.
    Doch schon bald werde ich wieder geweckt, denn Sarah kommt aufgebracht aus dem Bad gerannt.
    »Philipp, Philipp, guck mal!«, ruft sie und springt auf die Matratze. Dann hält sie mir einen Gegenstand vors Gesicht, den ich erst nach einigen Augenblicken als Schwangerschaftstest identifiziere. In einem Feld sind zwei Striche zu sehen.
    »Ist es …«
    »Ja«, erklärt sie mit zitternder Stimme. »Ich bin schwanger!«
    Sie schaut mich erwartungsvoll an. Für eine gespielte Reaktion bin ich noch viel zu

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