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Isch geh Schulhof: Erfahrung

Isch geh Schulhof: Erfahrung

Titel: Isch geh Schulhof: Erfahrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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verschlafen, und so steigen mir umgehend Freudentränen in die Augen. Wir lassen uns gefühlte Minuten nicht los, lachen und weinen gemeinsam vor Freude und schlafen schließlich Arm in Arm in der Sonne ein. Pünktlich zum Einzug in die gemeinsame Wohnung ist es also so weit: Wir erwarten ein Kind.
    Nur zwei Tage später sitzen wir im Untersuchungszimmer der Gynäkologin, die mithilfe des Ultraschalls feststellt, dass die Schwangerschaft bereits seit mehreren Wochen besteht und der Embryo sich brav dort eingenistet hat, wo er hingehört.
    Damit ist es also offiziell: Wir werden Eltern!

17
Esel reloaded

    I rgendwann ist aber auch das schönste Fest zu Ende. Die letzte Ferienwoche bricht an, und so wappne ich mich innerlich für die Dienstversammlung, mit der traditionell das Schuljahr begonnen wird.
    Am Freitag, dem letzten Ferientag vor Schulbeginn, radle ich zur Schule. Gegen zehn Uhr trudelt das Kollegium kleckerweise und widerwillig in der Aula ein, die für die Versammlung in eine Art überdimensioniertes Lehrerzimmer umfunktioniert wurde. Doch es sieht nicht so aus, wie man es von einer Konferenz erwarten würde, nein: Die Stühle sind wie im Kino in mehreren Reihen hintereinander aufgestellt, und so entsteht bei allen Beteiligten der Eindruck, im vorderen Bereich fände ein Unterhaltungsprogramm statt, während sich die Zuschauer berieseln lassen können.
    Eine denkbar schlechte Lösung.
    Die alphabetisch geregelte Wahl des Protokollanten fällt heute auf mich, also stelle ich mir am Seitenrand einen Tisch auf. Nachdem auch die letzten Kollegen das Geplapper beendet und einen Platz gefunden haben, eröffnet Frau Juhnke mit der Vorstellung eines neuen Kollegen die Konferenz: Herr Springer ersetzt unsere bisherige Konrektorin Frau Sommer.
    Das letzte Schuljahr mit unserer Klasse hat sie sichtlich erschöpft, dazu kam der mühsame Kampf um die Anerkennung als Konrektorin im Kollegium. Also hat sich Frau Sommer dazu entschieden, den Bezirk zu wechseln. Ihre Wunschschule liegt in einer Einfamilienhausgegend, und soweit ich in Erfahrung bringen konnte, war ihre Versetzung dahin erfolgreich. Glückwunsch.
    Herr Springer, ein großer, sportlicher und sympathisch wirkender Typ, stellt sich uns vor. Dabei strahlt er – trotz seines für einen Konrektor geradezu jungenhaften Alters … er ist unter vierzig! – eine angemessene Autorität aus, sodass im Plenum der Eindruck entsteht, bei ihm handele es sich tatsächlich um einen Vorgesetzten. Keine Selbstverständlichkeit, wie ich in den letzten Jahren feststellen durfte.
    Als die Vorstellung vorbei ist und sich Herr Springer wieder hinsetzt, kehrt die alte Routine ein. Wie zu erwarten war, zeigen sich die meisten nur wenig interessiert an den Themen, die eigentlich gemeinsam besprochen werden sollen. Stattdessen tuscheln sie miteinander, lesen Zeitung, essen belegte Brote oder beginnen mit den Vorbereitungen für das kommende Schuljahr.
    Ein Tagesordnungspunkt sorgt dann aber doch für Interesse: die Wiedereinführung der Erweiterten Schulleitung. Dabei handelt es sich um ein Gremium, das unter der Regie von Herrn Friedrich mehr oder weniger erfolgreich eingeführt, mit der Einstellung der neuen Schulleiterin jedoch vorerst ausgesetzt wurde. Nun, nach einem Jahr unter Frau Juhnke, soll die ESL -Runde also wieder regelmäßig tagen. Das geht natürlich nur, wenn dieses Gremium auch Mitglieder hat – außer der Schul- und Kitaleitung, die automatisch daran teilnehmen. Und das wiederum bedeutet, dass Kollegen dafür gewählt werden müssen.
    »Wer ist denn grundsätzlich dafür, dass wir die ESL -Runde wieder ins Leben rufen?«
    Zu Frau Juhnkes Freude gehen fast alle Arme im Saal nach oben, doch auf ihre Frage nach interessierten Kandidaten kehrt schnell Ruhe im Saal ein. Keine raschelnden Zeitungen mehr, kein Getuschel, keine Handzeichen. Niemand möchte jetzt in irgendeiner Form auffallen. Frau Juhnke weist noch einmal darauf hin, dass die Mitarbeit in der ESL die Möglichkeit biete, Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der Schule zu nehmen, aber ob das jemanden tatsächlich dazu bewegt, sich zu melden, wage ich ernsthaft zu bezweifeln.
    Nachdem vereinzelte Rechtfertigungen, sich nicht zu melden, verebbt sind, schauen sich Schulleiterin und neuer Konrektor ratlos an. Es entsteht eine peinliche Stille, die gefühlte Minuten andauert. Chrissi sieht mich herausfordernd an.
    Ich? Quatsch! Ich bin Vertretungslehrer mit einem befristeten Vertrag – ich komme ja wohl

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