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Isegrim

Isegrim

Titel: Isegrim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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ist? Ich wünschte, der Erdboden würde sich auftun, dann bräuchte ich nichts zu erklären.
    Â»Ja, ich war im Wald heute Nachmittag.«
    Plötzlich ist es still. Keiner sagt etwas, kalte Blicke durchbohren mich wie tödliche Pfeile. Lasses Räder sind das einzige Geräusch auf der Straße. Der Ton zerrt an meinen Nerven.
    Â»Nachdem wir uns getroffen haben, bin ich zurück nach Hause«, wende ich mich an Kai, »aber zehn Minuten später bin ich wieder los. Das muss so gegen drei gewesen sein. Elli stand auf einmal mit ihrem Rad auf dem Gartenweg. Sie hatte ihren Rucksack dabei und wollte mit mir zum See. Ich habe sie nach Hause geschickt, mehrmals, aber sie hat gebockt. Du weißt ja, wie sie sein kann. Dann bin ich schnell weggefahren. Ich dachte, wenn sie mich nicht mehr sieht, gibt sie auf und dreht um.«
    Kais Augen funkeln, sein Gesicht läuft rot an vor Zorn. »Vielleicht hält der Typ Elli ja in seiner Räuberhöhle fest, damit sie ihn nicht verraten kann.«
    Räuberhöhle? Weiß Kai doch etwas von Oleks Höhle oder hat er einfach nur geraten? Ich versuche, ihn nicht zu hassen für seine fiese Anschuldigung, aber am liebsten würde ich ihn auf der Stelle erwürgen. Wie kann er so etwas nur sagen?
    Â»Wir müssen die Polizei rufen«, sagt der kreidebleiche Karsten Merbach. »Jetzt ist es fast sieben, Elli ist also schon seit vier Stunden verschwunden.«
    Â»Ojemine«, jammert Kais Oma, »die Kleine ganz alleine im Wald, wo dieses Untier herumstreift.«
    Zuerst denke ich, sie meint Olek, aber dann wird mir klar, dass Kais Oma die Wölfin meint. »Vielleicht sitzt Elli ja auch hier irgendwo hinter einem Strauch, beobachtet uns und lacht sich eins ins Fäustchen«, sage ich wütend. »Zuzutrauen ist es ihr. Wenn sie sich ärgert, versteckt sie sich.«
    Kais Mutter funkelt mich an. »Kai hat schon alles abgesucht«, sagte sie. »Bernd ist sofort zum Spielplatz, er sucht im Dorf nach ihr.«
    Â»Spielplatz«, zischt Erna Euchler verächtlich, »soll er doch lieber beim Mörderhaus suchen.«
    Unwillkürlich wandert mein Blick zu Alinas Vater. Karsten Merbach schluckt mehrmals, sein Adamsapfel wandert auf und ab. Seine Frau fasst ihn beruhigend am Arm und schüttelt unmerklich den Kopf.
    Â»Bei Tobias war ich auch«, sagt Kai. »Dort ist sie nicht.«
    Â»Vielleicht ist sie ja allein zum Badesee gefahren«, meldet sich Caroline Merbach.
    Â»Aber da sind doch eine Menge Leute, die hätten sie längst nach Hause geschickt.«
    Auf einmal ertönt lautes Stimmengewirr und gleich darauf biegt ein zweiter Trupp Leute um die Ecke, vorneweg Kais Vater. Pfarrer Kümmerling ist dabei, Frau Färber von der Gärtnerei, Hubert Trefflich, Gernot Schlotter und Hans Grimmer. Als sie bei uns angelangt sind, schüttelt Bernd Hartung den Kopf. »Nichts«, sagt er. »Wir haben das halbe Dorf auf den Kopf gestellt.«
    Kais Mutter stößt einen gequälten Seufzer aus und ringt die Hände.
    Â»Wahrscheinlich ist sie Jola in den Wald nachgefahren«, klärt Caroline Merbach ihn auf. »Vielleicht hat sie sich verlaufen und findet den Weg nicht zurück.«
    Â»Dann müssen wir auch im Wald suchen«, schlägt Trefflich vor. »Es ist schon sieben durch und bald beginnt es zu dämmern. Zeit für die Bestie da draußen, sich nach einem Abendessen umzusehen.«
    Ein kollektives Aufstöhnen erschüttert die Dorfstraße. Kais Mutter schlägt sich die Hände vors Gesicht und schluchzt. Trefflich, so ein Idiot.
    Â»Der Dieb, dieser Kerl, mit dem Jola sich trifft, der haust irgendwo auf dem Truppenübungsplatz«, sagt Kai. »Wenn Elli ihr bis dorthin gefolgt ist, dann kann ihr alles Mögliche zugestoßen sein. Wer weiß, was der Typ noch auf dem Kerbholz hat.«
    Ich starre ihn ungläubig an, mein guter Vorsatz ist dahin. Ich hasse dich, Kai. Ich hasse dich, ich hasse dich, ich hasse dich.
    Â»Wir finden sie.« Karsten Merbach tätschelt Kais Mutter den Arm.
    Achim Roland, er ist an die siebzig, hebt die Hand. »Ich komme mit.«
    Â»Ich weiß, wo Jola sich immer rumtreibt.« Kai wirft mir einen grimmigen Blick zu. »Ich kann euch führen.«
    Â»Gut«, Trefflich ist sichtlich erfreut. »Suchen wir nach der Kleinen und dem Dieb und schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe.«
    Â»Du musst dich erst umziehen«, zischt Marga

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