Isenhart
Isenharts Anerkennung machte Clementia zugänglich. »Doch nichts von dem, was Henning von der Braake begangen hat, könnten wir vor einem Gericht beweisen. Ihr seid der Erzählung meiner Gattin aufmerksam und geduldig gefolgt. Euch ist klar, dass niemand außer Henning von der Braake der fünffache Mörder sein kann. Aber wir haben niemanden, der es bezeugen kann. Biz, der Händler hier, kann uns zu von der Braake führen. Aber nur mit Eurer Hilfe, Äbtissin, mit Eurem zupackenden Wesen können wir diesen teuflischen Taten ein Ende bereiten.«
Sophia nickte, sie hatte verinnerlicht, wie man die Bräute Christi für seine Sache gewann: »Henning von der Braake ist eine Ausgeburt Satans, eine Prüfung des Allmächtigen. Wenn unser Glaube aufrichtig und wahr ist …«
»Mein Glaube ist aufrichtig«, unterbrach Clementia, um diesbezüglich jeden Zweifel umgehend im Keim zu ersticken.
»Wenn er aufrichtig und wahr ist«, nahm Sophia den Faden wieder auf, »dann ist es unsere Pflicht, dem Bösen Einhalt zu gebieten. Können wir Euch in dieser heiligen Mission an unserer Seite wissen?«
Äbtissin Clementia zögerte.
»Henning von der Braake steht mit Luzifer im Bunde«, legte Isenhart nach.
»Wir sind hier, um ihn aufzuhalten«, schloss Konrad mit düsterer Miene. Er richtete seine Augen auf die Vorsteherin: »Und dazu brauchen wir Eure Hilfe.«
»Um Henning von der Braake seiner Bestimmung zuzuführen, müssen wir ihn auf frischer Tat stellen«, fuhr Isenhart fort, »und dazu brauchen wir einen Köder.«
»Einen Köder?«, fragte Clementia ein wenig hilflos.
»Eine Novizin von außergewöhnlicher Anmut«, präzisierte Sophia.
Isenhart pflichtete ihr mit einem leichten Nicken bei: »Wir wissen nicht, wann Henning von der Braake seinen nächsten Mord begehen will. Wir müssen ihm ein Opfer bieten, das alleine durch seine Erscheinung diese Frage beantwortet. Und dann können wir ihm den Garaus machen.«
Die Äbtissin begriff nun den Plan. Biz würde diesem Monstrum das Harz verkaufen, und just zu diesem Zeitpunkt müsste der Köder seinen Weg kreuzen und ihn durch sein Äußeres dazu verleiten, jede Vorsicht fahren zu lassen.
»Und dieses Opfer …«, begann Schwester Clementia.
»Machen wir es kurz«, unterbrach Konrad sie, »wir brauchen Lugardis.«
Die Vorsteherin erstarrte bei der Nennung dieses Namens.
»Mein Schwager hat recht«, pflichtete Isenhart ihm bei, »sie ist von einer Reinheit, der Henning von der Braake sich nicht wird entziehen können.«
Für ein paar Momente war nichts weiter zu hören als das Prasseln des Feuers. Biz’ Oberkörper war nach hinten gesunken, der Hühnerknochen starrte ihm aus dem halb offenen Mund. Er schnarchte leise.
Clementia räusperte sich. »Sie ist ein unschuldiges Kind«, sagtesie dann leise, »wer gibt mir sein Wort darauf, dass ihr nichts geschieht?«
»Ich«, antwortete Isenhart fest.
Dann verstummte er abrupt, denn sie alle hörten Schritte, die sich näherten. Sophia stieß Biz unsanft an, Konrad schnellte in der Ecke hoch und zog sein Schwert. Isenhart huschte gebückt zurück, um sich des Lichtkegels zu entziehen. In seiner Rechten ruhte die Armbrust, die er bis zur Brust anhob.
Mit den Schritten ging ein leises Geräusch einher, das ertönte, wenn feines Metall auf ebensolches traf – Sporen. Es war ein Reiter, den sie hörten.
Sie alle richteten den Blick auf den einzigen Zugang zur Kammer, einen Durchlass in der Wand. Isenhart spannte die Sehne und ließ sie einrasten, bevor er zügig, aber mit Sorgfalt den Armbrustbolzen in der Abschussrinne platzierte. Biz blinzelte ins Feuer, dann erfasste er ebenfalls die Lage und seine Rechte den Knauf des Dolchs an seinem Gürtel.
Im Durchgang erschien eine Gestalt, die einen von Löchern durchzogenen Umhang trug. Sie machte halt, ihr Blick galt den beiden Frauen, die am Feuer sitzen geblieben waren.
Konrad trat aus dem Schatten. »Wer seid Ihr?«
»Das könnte ich Euch fragen«, erwiderte die Gestalt.
»Ich habe zuerst um Antwort gebeten«, antwortete Konrad, »wagt nicht, zur Waffe zu greifen. Eine Armbrust ist auf Euch gerichtet.«
Um diesen Worten Nachdruck zu verleihen, trat auch Isenhart aus dem Schatten, er war keine fünf Fuß von dem Mann entfernt, dessen Schläfe er anvisierte.
»Ich bin Erik von Owenbühl und ich bin hier, um das Stift und Haslach vor einem Aufrührer zu schützen.«
Von Owenbühl, so erfuhren sie, gehörte einem Geschlecht des niederen Adels an, das seine Ländereien
Weitere Kostenlose Bücher