Isis
sich.
»I-i-ich werde immer wieder darauf zurückkommen«, sagte er langsam. »So lange, bis du mich endlich erhört hast.«
Das warme, sehnsuchtsvolle Gefühl in seinem Magen, das ihn immer in ihrer Gegenwart überfiel, hielt noch an, während die Fähre bereits den Nil überquerte. Nesptah unterhielt sich halblaut mit dem Obersten der Medjai, einem drahtigen, mittelgroßen Mann mit scharfen Zügen, der mit ihm in der Sonderkommission tätig war.
»Sie müssen ihre Strategie geändert haben«, sagte der Oberst. »In der letzten Zeit haben wir nur zwei frisch erbrochene Siegel entdeckt. Und das waren Gräber, die schon vor vielen Jahren geplündert worden und noch einmal neu verschlossen waren. Viel können sie in denen nicht mehr gefunden haben.«
»Und trotzdem expandiert der Schwarzmarkt mit Dingen aus Gräbern in Waset auf eine Weise, die mich ganz schwindelig macht«, sagte Nesptah. »In letzter Zeit sind mehr kostbare Stücke angeboten worden denn je zuvor. Und alle stammen aus alten Häusern für die Ewigkeit. Wir müssen sie endlich zu fassen bekommen!« Er blinzelte gegen die Sonne.
»Gib mir mal die Pläne, Anu!«
Anu zog ein dickes Paket aus seiner Leinentasche und reichte es ihm. Nesptah starrte auf die Abschriften, die vom vielen Herumgetragen werden schon ganz fleckig geworden waren.
»Vielleicht haben wir beim Kopieren irgendetwas Wesentliches übersehen. Ich denke, wir müssen vielleicht noch einmal ganz von vorn beginnen.«
Sie verließen die Fähre. An der provisorischen Polizeistation, die man wegen der Grabräuber erst vor kurzem eingerichtet hatte, setzte sich ein Trupp Medjai mit ihnen in Bewegung.
Nesptah teilte die Männer in eine Gruppe, die der Oberst anführen, und eine andere, die ihm folgen sollte.
Schon bald waren alle schweißüberströmt, weil das Herumklettern in den Felsen so anstrengend war. Und ärgerlich, denn sie konnten nirgends etwas Auffälliges entdecken. »Es ist wirklich, als ob sie sich unsichtbar machen könnten«, sagte Nesptah, als sie eine Pause machten, um Wasser zu trinken. »Wie Dämonen, für die es weder Wände noch Türen gibt.« Sein Gesicht verzog sich voller Abscheu. »Aber es sind keine Geister, die wir jagen. Sondern gemeine, skrupellose Verbrecher, die vor nichts zurückschrecken.«
Anu, der seinen Durst bereits gestillt hatte, kletterte ein Stück weiter und untersuchte den felsigen Untergrund.
»Hier sind überall Fußspuren«, rief er zu den Rastenden hinüber. »Und sie sehen ziemlich frisch aus.«
»Kein Wunder«, sagte einer der Medjai, »wir haben erst heute Morgen das gesamte Gelände durchkämmt.«
Anu kroch gebückt ein Stück weiter. »Sieht aus wie der Eingang zu einer Höhle. Und noch mehr Fußspuren.«
Plötzlich ein halb erstickter Schrei.
»Was ist geschehen?« Nesptah sprang auf. »Hast du dich verletzt?«
Anu kam angelaufen. In seiner Hand schwenkte er einen verblichenen Papyrusfetzen.
»Schau, was ich dort drüben entdeckt habe!« Triumphierend hielt er den Fetzen dem jungen Priester entgegen. »Könnte ein Teilstück einer Karte sein. Vielleicht haben die Räuber es beim Graben verloren.«
oooo
Meret musste ihr Anliegen einige Male wiederholen, bis sie endlich zur »Gottesgemahlin des Amun« vorgelassen wurde. Schepenupet empfing sie in einem hellen Zimmer, dessen Schlichtheit die Seherin nach dem Pomp in Pachers Haus als besonders wohltuend empfand. Sie ließ die junge Frau ausreden, ohne sie ein einziges Mal zu unterbrechen, und selbst als Meret geendet hatte, schwieg sie zunächst.
»Eine ungewöhnliche Bitte, mit der du da zu mir kommst«, sagte sie schließlich und musterte Meret aufmerksam. »Ratsuchende im Tempelbereich zu empfangen!«
»Ich kann die Menschen nicht davon abhalten, zu mir zu kommen, das weiß ich inzwischen. Sie finden mich, wohin ich mich auch verkrieche. Ich bin gern bereit, diese Gabe weiterhin zur Verfügung zu stellen. Aber dazu brauche ich Schutz«, sagte Meret mit aller Offenheit, »genauer gesagt, den Schutz des Heiligen Hauses, dem du vorstehst. Nur so kann ich meiner Gabe wirklich gerecht werden.« Sie zögerte kurz, bevor sie weiterfuhr. »Es war nicht meine Idee, mich an dich zu wenden. Eine Isis-Priesterin, die mir sehr nahe steht, hat den Anstoß dazu gegeben.«
»Ich verstehe sehr gut, worum es dir geht«, sagte Schepenupet, »und mir gefällt die Vorstellung, dass du deinen Auftrag innerhalb unserer Mauern erfüllen willst. Aber ich werde trotzdem mit den Priestern
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