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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Trotzdem wurde sie nicht langsamer, im Gegenteil, sie versuchte, noch schneller voranzukommen. Fort, dachte sie bei jedem Schritt, bald bin ich fort und das Kleine mit mir.
    Dann bin ich seine Mutter, und niemand kann es mir wieder wegnehmen.
    Das von Selene bezeichnete Haus entdeckte sie auf Anhieb.
    Sie wollte schon anklopfen, fand zu ihrem Erstaunen die blaue Türe jedoch angelehnt. Unschlüssig trat sie ein. Irgendwo in der Nachbarschaft jaulte ein Hund, sonst war es ruhig, geradezu unnatürlich ruhig.
    »Itaui?«
    Der erste Raum - ein einziges wildes Durcheinander. Möbel waren umgeworfen, der Inhalt einer Truhe lag am Boden verstreut. Zahllose Fliegen schwärmten herum, angelockt von einem warmen, süßlichen Geruch, der Ruza unangenehm in die Nase stieg.
    »Itaui?«, wiederholte sie, um vieles zaghafter. »Ist da jemand? Ich bin es, Ruza. Selene schickt mich.«
    Alles blieb still. Zumindest kam es ihr zunächst so vor. Aber atmete nicht da jemand ganz in ihrer Nähe?
    Vor dem zweiten Zimmer entdeckte sie eine Blutspur, die zum Innenhof führte, wo wie in den meisten Häusern Wasets die offene Küche lag.
    Sie folgte der Spur, wie von einem unsichtbaren Faden geführt.
    Später hätte Ruza nicht mehr genau sagen können, was sie voller Entsetzen zuerst wahrgenommen hatte: den Leichnam der halb nackten Frau, der man das Kleid zerrissen und schräg über die Hüften geschoben hatte, ihre klaffende Kehle oder den Krieger, der über der Frau kniete, in der Rechten einen blutbeschmierten Dolch, in der anderen Hand eine dünne silberne Kette, an der ein Anch-Zeichen baumelte.
    Sie begann zu zwinkern, im Glauben, die Augen wollten ihr den Gehorsam verweigern. Aber es war kein böser Traum, aus dem sie gleich erwachen würde. Sie sah den Rundhelm mit den ledernen Wangenklappen, die Panzerjacke und den langen Schild, den der Soldat neben sich abgelegt hatte, um sein grausames Werk zu vollenden.
    Sie konnte sich nicht rühren.
    Der Krieger hob den Kopf und sah sie an. Gleichgültige Augen von einem hellen, verwaschenen Blau, die sie aufmerksam und ohne Scheu musterten, als taxiere er bereits seine nächste Beute.
    Ruza drehte sich um und rannte wie von bösen Dämonen getrieben hinaus. Der Schrei, der in ihrer Kehle gesteckt hatte, löste sich erst, als sie ein paar Ecken weiter war und beim Zurückschauen keinen Verfolger hinter sich entdeckte.
    Dann fiel ihr plötzlich ein, was sie am meisten an dem Krieger verwirrt hatte: der dunkle Bart, der bis zu seiner Brust reichte.
     
    oooo
     
    Sie konnten ihn nicht leiden, das hatte er gleich zu Anfang gespürt, vermutlich aus Neid, weil er in der Gunst des Fürsten so weit oben stand. Inzwischen hätte er wetten können, dass ihre anfängliche Abneigung in Verachtung umgeschlagen war, die einfachste Lösung für schlichte Gemüter wie sie, die lauthals rätselten, weshalb sie ausgerechnet ans Westtor abkommandiert waren — zusammen mit dem Ersten Baumeister. Vermutlich langweilten sie sich kaum weniger als er, aber im Gegensatz zu ihm, der jede Form von Untätigkeit kaum ertragen konnte, waren sie es gewohnt, auf Befehle zu warten.
    Die meisten von ihnen kannte er vom Sehen, allen voran Pepi, Montemhets neuen Leibwächter, der vor kurzem den alten Senu abgelöst hatte: ein junger Mann mit einem Nacken wie ein Flusspferd, der ständig fluchte. Die Anwesenheit Basas, der sich bewusst abseits hielt, schien ihn dabei noch anzustacheln.
    »Von mir aus können diese stinkenden assyrischen Hyänen ruhig mit ihren verdammten Rammböcken anrücken«, protzte er. »Allerdings werden wir ihnen dabei in ihre Bärte speien, dass sie es niemals vergessen.«
    Ein Vorschlag, der den anderen Gardisten besonders gut gefiel.
    »Wir schneiden ihnen die Eier ab und rösten sie. Danach schicken wir diese Eunuchen in die Steinbrüche, bis sie allen Saft verloren haben«, fuhr Pepi fort, angestachelt durch das zustimmende Grölen der Männer, die zum Essen mehr Wein getrunken hatten, als ihnen bekommen war. »Oder wir schlagen jedem, der unsere Stadt betreten will, als Begrüßung die rechte Hand ab. Dann wird er es sich künftig überlegen, Waset noch einmal anzugreifen.«
    Angewidert wandte Basa sich ab.
    Eigentlich war er gern unter Männern, viel lieber als in weiblicher Gesellschaft. Diese Kerle jedoch, die nichts als Zoten rissen, waren ihm dann doch zu grob. Außerdem bewegten ihn ganz andere Sorgen. Immer wieder war er mit seinen Gedanken bei Montemhet, der alles daran gesetzt hatte, ihn

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