Isis
übersetzte.
»Fressen. Sonst Frau mit Kind in Bauch tot.«
Fahl vor Entsetzen schaute Meru zu der Geisel auf, die ein kurzatmiges, tierisch wirkendes Wimmern hervorstieß und auf einmal schlaff wie eine Lumpenpuppe im Zangengriff des Soldaten hing. Dann zuckte er mit seinen Achseln. Langsam bückte er sich vornüber, bis sein übel zugerichteter Mund beinahe den staubigen Boden berührte, und verschlang würgend den ersten Brocken.
Es nützte nichts, dass Basa nun endlich die Kraft fand, sich loszureißen und nach Hause zu laufen, das schreckliche Bild wurde er nicht mehr los. Die alte Neshet, die ihn an der Tür empfing, bemerkte sofort, in welch gefährlicher Stimmung sich der Herr befand. Sie verneigte sich übertrieben.
»Lass deine Faxen!«, sagte Basa, der ihr fast einen Stoß versetzt hätte, weil ihre berechnende Unterwürfigkeit ihn nur noch wütender machte. »Sag mir lieber, wie es meinem neugeborenen Sohn geht. Hat er sich erholt?«
»Anu ist noch sehr schwach«, erwiderte sie vorsichtig. »Der Kleine schläft die meiste Zeit. Khay hat übrigens immer wieder nach dir gefragt. Ich glaube, er fühlt sich ein bisschen vernachlässigt.«
»Später! Und die Herrin? Hat sie ihn endlich gestillt?«
Neshet schüttelte den Kopf. »Sie kann nicht«, sagte sie bekümmert. »Und er verträgt die Kuhmilch so schlecht.«
Wütend schubste Basa sie zur Seite und stürmte in das Wöchnerinnenzimmer. »Wieso verweigerst du ihm die Brust?« Er riss an Sarits Gelenken, da sie stumm blieb und den Kopf zur Seite drehte, als sei ihr sein Anblick unerträglich. »Schau mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede! Du wirst meinen Sohn nicht verhungern lassen!«
Jetzt sah sie ihn an, wie er es verlangt hatte, allerdings wieder mit jener unergründlichen Mischung aus Müdigkeit und Verachtung, die ihn in der Herzgegend schmerzte. Die dunkle Melodie in seinem Inneren schwoll weiter an.
»Ich bin krank.« Ihr Kopf sank kraftlos zurück.
»Krank? Das bist du erst, wenn ich endgültig mit dir fertig bin.« Mit einem Satz war er bei der Wiege, nahm das Kind heraus und trug es zu ihr. »Du wirst ihn säugen wie eine Hündin ihre Welpen«, sagte er und zerriss ihr dünnes Hemd über der Brust, um den Weg für den hungrigen Kleinen frei zu machen. »Und wenn ich ihm deine hochnäsigen Warzen höchstpersönlich in den Mund stopfen muss!«
Sarit machte keinerlei Anstalten, das kleine Bündel auch nur zu berühren.
»Mein Kind«, flüsterte sie und verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war. »Hast du es gestohlen?«
Ein Schauer überlief ihn.
»Weißt du, wo es ist? Es schwimmt im Nil und die Krokodile werden es fressen. Mein Kleines, mein geliebtes Kleines ...«
Ihre Stimme erstarb.
»So geht es schon den ganzen Tag«, sagte Neshet klagend.
»Es steht schlimm um sie. Ich habe große Angst, dass sie uns bald verlässt.«
»Kümmere dich lieber um meinen neuen Sohn! Wenn Anu nicht bald Muttermilch bekommt, stirbt er.« Basa starrte in das faltige, gelbliche Gesicht des Säuglings. »Was er braucht, ist eine junge, kräftige Amme!«
»Und wo willst du die herbekommen? Keine Frau mit auch nur einem Funken Verstand verlässt ihr Haus. Hast du nicht gehört, was die Assyrer anstellen, wenn sie eine von uns erwischen?« Neshet deutete eine obszöne Geste an, die ihn anekelte. »Bestimmt ist es auch Ruza so ergangen. Wahrscheinlich liegt sie längst in irgendeiner dieser schrecklichen Kalkgruben, die sie überall für die vielen Leichen ausgehoben haben. Und das Kleine ...«
»Halt deinen Mund!«, herrschte Basa sie an. »Ich will von diesem Kleinen nichts mehr hören — nie mehr!«
Anu begann zu wimmern, allerdings nicht laut genug, um die dunkle Melodie in Basa zu übertönen. Fast wäre der Baumeister vornüber gefallen, so kraftlos fühlte er sich auf einmal. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Sein Blick wurde hart.
»Die Fischdämonin«, sagte er. »Sie hat genügend Milch. Sie wird gefälligst etwas davon abgeben.«
»Selene?« Die Alte kreischte auf. »Niemals! Du hast ihr doch verboten, noch einmal einen Schritt in dein Haus zu setzen.«
»Sie kommt, darauf kannst du dich verlassen! Richte ihr aus, dass Anu sonst stirbt. Und seine kranke Mutter dann bestimmt den Verstand verliert.« Er lächelte dünn. »Ich wette, diesen Liebesdienst wird sie ihrer Freundin kaum verwehren.«
»Ich? Jetzt?« Neshets Stimme überschlug sich beinahe.
»Aber wenn .«
»Eine ranzige alte Vettel wie dich rührt schon
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