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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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lass es mich prosaischer ausdrücken: Inmitten von Lügen und Intrigen kann es keine unversehrten Träume geben. Alles, was wir tun, hat Wirkungen und Folgen. Ich bin traurig, mein ferner Geliebter, und für mich ist Trauer kein Zeichen von Schwäche.« Ihre Augen wurden schmal. »Willst du dich zum Pharao aufschwingen?«
    »Tanutamun trägt die Doppelkrone«, sagte er. »Solange er lebt, diene ich ihm mit meinem Leben. Ich bin ein treuer Mensch, meine Freundin. Gerade du müsstest das wissen.«
    »Und das beweist du dem Einzig-Einen, indem du seine ärgsten Feinde heimlich in die Stadt Amuns lässt?«
    »Wir«, verbesserte er sie, »wir haben das getan. Nach bestem Wissen und Gewissen. Weil wir um seine Schwäche wussten.
    Und weil wir hofften, die Stadt damit zu schonen. Nun ist es anders gekommen, was ich mindestens ebenso bedaure wie du. Wir sind eben Menschen, Schepenupet. Und damit leider auch fehlbar.«
    »Für manche Fehler gibt es keine Vergebung«, sagte sie und zog sich langsam aus dem Schein der Straußeneierschalen in eine Ecke des Raumes zurück. Ihr nachtblaues Kleid verschmolz mit dem Dunkel, als würde sie sich auflösen. Montemhet konnte nicht einmal mehr ihre Umrisse ausmachen.
    »Geh nicht!«, bat er. »Nicht jetzt. Ich kann es nicht ertragen, so fern von dir zu sein.« Fast flehend streckte er seine Hände nach ihr aus. »Wie soll ich dich wieder finden?«
    »Bin ich allwissend?«, hörte er sie noch sagen. Dann stand er plötzlich allein in ihren Gemächern.
     
    oooo
     
    Sarit war noch wach, als Basa zurückkam. Er ging leise wie eine Katze und erschrak, als er sie zusammengesunken in einem Stuhl fand.
    »Du? Was machst du hier unten mitten in der Nacht?«
    Das Glimmen des Öllämpchens warf seltsame Muster an die Wand und umgab seinen Körper mit einem dunklen Schimmer, als sei ihm ein Fell gewachsen. Er sah gut aus, wenn er betrunken war, auf anziehende, gefährliche Weise gut. Seine Augen glitzerten und seine Lippen wurden träge, was viele Frauen erregend fanden.
    »Ich habe auf dich gewartet.« Sarit erhob sich langsam. Würde ihm auffallen, dass sie ein neues Kleid trug und sorgfältig frisiert und geschminkt war?
    »Wozu?« Er konnte es kaum noch ertragen, dieses Gesicht, das in Schmerz schier zu ersticken drohte. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und hohle Wangen, was die Schminke eher betonte als verdeckte. Manchmal glaubte er auf ihren durchsichtigen Lidern schon den Schatten des Todes zu entdecken. »Um mir wieder Vorwürfe zu machen?«
    »Du warst bei ihr? Selene?« Ihre Hand fuhr aufgeregt zum Hals. »Oder sind es wieder deine Huren, zu denen du dich Nacht für Nacht schleichst?«
    Das Zimmer schien auf einmal kälter geworden zu sein, als habe eine unsichtbare Macht den Raum in eine düstere Höhle verwandelt.
    »Irgendwann haben wir uns verloren, Basa«, sagte sie leise.
    »Ich weiß nicht einmal mehr, weshalb. Sag du es mir! Wenigstens jetzt, wo es beinahe zu spät ist.«
    »Weil wir uns nie gefunden haben«, erwiderte er nach einer Weile. »Besser, wir wären uns niemals begegnet! Aber dieser Irrtum lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Jetzt lass mich schlafen, Sarit! Unsere Stadt braucht viele neue Häuser. Und Montemhet ist ein ausgesprochen ungeduldiger Bauherr.«
    »Aber ich wollte immer nur dich!« Sarit verstellte ihm den Weg. »Du warst so anders als die glatten jungen Männer aus den feinen Familien, so eigen und geheimnisvoll.
    Deshalb bin ich deine Frau geworden. Deshalb habe ich deine Kinder geboren. Das ist keine Lüge, Basa. Das ist die Wahrheit.«
    Ihre Finger begannen wieder zu tanzen. Sie hatte sie mit frischem Henna eingerieben, aber ihre mageren Hände erinnerten ihn eher an blutige Krallen.
    »Was reizt dich an Selene?«, fragte sie weiter. »Wieso ausgerechnet sie? Weil du mich verletzen willst? Oder sie nicht haben kannst?«
    »Was geht dich das an?«
    »Bin ich nicht deine Frau?«
    »Du weißt nicht einmal, wer ich bin«, erwiderte er. »Du hast dir nie die Mühe gemacht, es herauszufinden. Früher so wenig wie heute.« Er wandte sich ab. »Es ist vorbei.
    Endgültig. Lass uns diese unerfreuliche Unterhaltung beenden!«
    »Willst du die Scheidung? Schickst du mich zurück zu meiner Familie, arm wie eine Bettlerin — ist es das, was du vorhast?«
    »Bitte, Sarit!«
    »Dann sag es mir!«, beharrte sie. »Wieso versteckst du dich ständig? Macht es dir Spaß, mich zu quälen?«
    Er spürte, dass der vertraute Zorn in ihm aufstieg.
    Weshalb hatte

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