Isis
und stärker ist als ich.«
»Ohrfeigen sind auf Dauer keine besonders guten Argumente«, sagte Selene. »Sag ihm lieber ganz genau, was du willst und vor allem was du nicht willst. Khay ist kein Dummkopf.
Und ihm liegt viel an dir. Er wird es verstehen. Auch wenn es ihm vielleicht nicht besonders gefällt.« Sie löste sich sanft.
»Außerdem werde ich auch meinen Teil dazu beitragen, dass er dich nicht wieder belästigt. Schlaf jetzt ein bisschen! Das wird dir gut tun nach der ganzen Aufregung.«
»Was hast du vor?«, fragte Isis.
Selene warf ihr eine Kusshand zu. »Mach dir keine Sorgen! Ich bin bald wieder zurück.«
oooo
»Die Siegel der Gräber sind stets unversehrt. Doch wenn sie geöffnet werden, um einen weiteren Toten aufzunehmen, stellt sich heraus, dass Grabbeigaben fehlen - und stets die wertvollsten.«
Die Priester und Propheten hatten sich in der großen Säulenhalle versammelt, um diesen Missstand zu besprechen. Seit einiger Zeit gingen immer mehr Anzeigen und Beschwerden bei den Behörden ein, aber zu einer Festnahme war es bislang noch nicht gekommen.
»Wer auch immer die Ruhe der Toten zu stören wagt, muss bestraft werden«, forderte der Hohepriester Horachbit. »Und hart dazu. Nur sehr strenge Strafen besitzen abschreckende Wirkung.«
»Allerdings müssen wir die Diebe erst einmal fangen, bevor wir sie bestrafen können«, sagte Schepenupet. »Darauf sollten wir uns vorrangig konzentrieren.«
»Aber wo sollen wir anfangen?« Amun-Priester Irtis Stirn legte sich in Falten. »Die Totenstadt ist ein schier unendliches Areal.«
»Es kommt erst zu diesen Anzeigen, seitdem die alten Gräber wieder benutzt werden, richtig?« Montemhet hatte lange gewartet, bevor er sich in das Gespräch einmischte. Alle nickten. »Und die Übergriffe konzentrieren sich auf einen bestimmten Bereich?«
»Wo früher nur Herrscher die letzte Ruhe fanden, kaufen sich jetzt mehr und mehr Leute ein, die erst vor kurzem zu Geld gekommen sind«, sagte Horachbit mit deutlicher Verachtung. »Nichts mehr ist so, wie es einmal war.«
»Gibt es irgendwelche Pläne von diesen alten Grabanlagen?«, fragte Montemhet. »Wäre es denkbar, dass geheime Gänge sie untereinander verbinden?«
»Solche Pläne gibt es«, sagte Schepenupet überrascht. »Im Tempelarchiv liegt ein ganzer Stapel davon. Ich habe sie selbst schon in der Hand gehabt. Aber was willst du mit ihnen anfangen? Auf mich haben sie nur wie ein verwirrendes Labyrinth gewirkt.« Sie zog die Stirn kraus. »Was du jedoch von Gängen sagst, klingt durchaus interessant. Mir ist, als hätte ich solche Verbindungen auf den Zeichnungen gesehen.«
»Man muss sich sicherlich näher mit diesen Plänen beschäftigen«, sagte Montemhet, »um sie wirklich entschlüsseln zu können. Im Grunde sind sie nichts anderes als Konstruktionsentwürfe. Vielleicht sollten wir fachkundige Hilfe hinzuziehen. Ich habe schon eine Idee, wen ich fragen könnte.«
»Du willst sie irgendwelchen Unbefugten aushändigen? Niemals!« Horachbit schwitzte unter seiner dicken Puderschicht. »Ich verbitte mir diesen unüberlegten Schritt!«
Montemhet kam langsam näher.
»Wer das Wort Treue nicht kennt, sollte besser nicht die Treulosigkeit beschwören«, sagte er scharf. »Ich verbürge mich natürlich persönlich, dass kein Wort über diese Pläne nach außen dringt. Aber nur wenn wir wissen, ob und wie die Gräber untereinander verbunden sind, haben wir eine Chance, die Diebe zu erwischen. Wir könnten ihnen eine Falle stellen. Aber dazu müssen wir erst wissen, wo.«
Nach längerem Hin und Her fand sein Vorschlag die Zustimmung der meisten Anwesenden. Horachbit verließ die Versammlung verfrüht, um seinen Unwillen unmissverständlich kundzutun; die anderen zerstreuten sich allmählich.
»Gibt du mir die Pläne gleich?«, fragte Montemhet, der jeden Augenblick genoss, den er mit Schepenupet allein verbringen konnte.
»Wie du willst.«
Gemeinsam betraten sie das Tempelarchiv, und in einem der verstaubten Fächer entdeckte sie nach kurzer Suche schließlich die Unterlagen.
»Sieh dich vor!«, sagte sie, als er die Pläne an sich nahm.
»Keiner fordert Horachbit ungestraft heraus. Weißt du nicht, wie sehr er dich ohnedies schon hasst?«
»Dich nicht?«, fragte Montemhet gelassen. »Wieso warst du eigentlich heute allein? Wäre es nicht interessant gewesen für deine Adoptivtöchter, bei solchen Besprechungen dabei zu sein?«
»Amenardis hat sich nicht wohl gefühlt«, sagte
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