Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter
Vergleich zu ihm war. Aber so würde es bei jedem Kampf sein.
»So ist es gut!«, feuerte er mich an. »Nach unten drücken! Und festhalten! Nimm deine Ellbogen zu Hilfe! Nicht loslassen!«
»Aber du bist viel zu groß.« Ich ließ meinen Frust an ihm aus.
»Gewöhn dich dran! Alle Gegner werden größer und kräftiger als du sein. Und jetzt spar dir die Luft und arbeite mit deinem ganzen Gewicht!« Er schlug mit der flachen Hand gegen meine Wade. »Dein ganzes Gewicht! Ramm deine Knie in meinen –«
Ich presste ihm ein Knie hart in den Bauch, und er stöhnte. »Verdammt, D, nicht so fest! Yeah …« Er rollte ein wenig zur Seite, immer noch stöhnend. »Und jetzt versuch, mir mit der freien Hand ins Gesicht zu schlagen!«
Ich befolgte seinen Rat, und er zuckte zurück. »Hey, nicht richtig zuschlagen!«, schrie er lachend.
Endlich hatte ich ihn unten – ein Knie auf den Bauch gedrückt, und eine Faust dicht über seiner Nase. »Eigentlich ganz einfach«, sagte ich triumphierend.
»Yeah, bis ich den Spieß umdrehe.« Mit einem einzigen Beinschwung warf mich Yasuo auf den Rücken, bevor ich wusste, wie mir geschah. »Du bist nicht mit dem vollen Gewicht draufgeblieben, D. Du darfst keine Sekunde nachlassen.«
Schwer atmend grinsten wir uns an. Er setzte sich rittlings auf mich und presste meine Hände auf die Matte.
Ich erstarrte.
Es war eine ziemlich intime Situation, und ich ließ meinen Gedanken einen Augenblick freien Lauf. Yasuo sah bestimmt nicht schlecht aus. Außerdem war er nett und cool, und wir verstanden uns ganz gut.
Und da klemmte er mich unter seinen Schenkeln fest und beugte sich über mich, als wollte er mich gleich küssen. Das Lächeln wich aus seinen Augen, und mir wurde klar, dass er etwas Ähnliches gedacht hatte wie ich.
Ich ging noch einen Schritt weiter, erforschte meine Gefühle. Aber da kam nichts.
Und dann stellte ich mir vor, wie es wäre, wenn Ronan sich über mich beugte. Wenn mich Ronan mit den Schenkeln umklammerte und meine Hände festhielte. Eine Hitzewoge schoss durch meinen Körper bis hinauf in die Haarwurzeln.
Yasuo lachte, und die Spannung fiel von uns ab. Im nächsten Moment tat er so, als bearbeitete er meinen Kopf mit Ellbogen und Fäusten. »Pass auf, Drew! Ich schlage dir den Schädel ein!«
»Häh?«
»Wo bleibt deine Deckung?«
»Ach so, klar.« Ich riss die Unterarme hoch und hielt sie mir vors Gesicht.
»Gut machst du das. Immer den Kopf schützen.« Er unterbrach sich einen Moment und legte die Hände auf meine immer noch hocherhobenen Unterarme. Aber das Gefühl der Intimität war verflogen, auch von seiner Seite – als habe er das Szenario ebenfalls durchgespielt und nichts empfunden.
Er rüttelte an meinen Armen. »Ich halte dich am Boden fest. Weißt du, wie du dich aus dieser Lage befreien kannst?«
»Nein.« Ich strampelte und wand mich, aber Yasuo lastete wie ein Felsblock auf mir. »Ich schaffe das nicht.«
Er löste sanft die Abwehrhaltung meiner Hände auf. »Jetzt nimm den Arm hier«, er tippte auf meinen rechten Ellbogen, »und hake ihn durch meinen. Yeah, genau so. Jetzt pack meine Hand.«
Ich befolgte seine Anweisung, und schon hatte ich Yasuos Arm nach außen gedreht. »Cool!«
Er lächelte. »Immer langsam, Blondie! Noch liegst du am Boden. Dein Gegner wird glauben, dass er dich ganz sicher im Griff hat, selbst wenn du dich zu befreien versuchst. Aber hör zu! Wenn du je so hilflos auf dem Rücken liegst, dann versuch näher an die Seile heranzukommen. Rutsch zurück! «
Ich begann mich mit den Fersen zum Mattenrand hin abzustoßen.
»Noch mehr. Zurück an die Seile … an die Wand, an die Bäume – oder was immer den Boden begrenzt.«
Ich rutschte mühsam zurück, bis ich mit dem Hinterkopf gegen das untere Seil stieß.
»Boing«, sagte er. »Angekommen. Jetzt besteht deine einzige Überlebenschance darin, dich wieder hochzurappeln. Du hältst meinen Arm nach außen gedreht, aber ich glaube, dass ich dich in die Enge getrieben und immer noch fest im Griff habe. Schieb dich nun ein wenig hoch!«
Ich sah ihn verärgert an. »Wie soll das denn gehen?«
»Nur ein kleines Stück. Nimm den freien Arm zu Hilfe.« Sein Griff wurde härter, und ich wand mich, um ihn abzuschütteln. Für meinen Geschmack spielte er das Ganze eine Spur zu realistisch durch.
»Du steigerst dich ganz schön rein«, fauchte ich. Ich rollte mich etwas zur Seite und stemmte mich gegen das Seil. »Shit, Yas. Du tust so … als wäre das …
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