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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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kinderleicht.«
    Ich schaffte es, meinen freien Arm unter den Körper zu schieben. Sobald ich mich mit dem Ellbogen abstützen konnte, war es einfach, mich in eine halb sitzende Position zu bringen. Er war immer noch über mir, aber meine Schultern berührten jetzt die Seile.
    »Yeah, so ist es gut. Manchmal hat es durchaus Vorteile, wenn man mit dem Rücken zur Wand kämpft.« Er strahlte. »Und jetzt sieh zu, dass du dein Bein frei bekommst.«
    Sein Körper lastete nicht mehr so schwer auf mir. Ich löste ein Bein aus der Umklammerung. Und dann lachte ich. Diese Bewegungsfolge war eine Offenbarung. Ich konnte erst mein eigenes Gewicht und dann das Gewicht des Gegners einsetzen, um die Hebelwirkung zu verstärken.
    Er deutete mit dem Kinn auf meine Schultern. »Lass dich gegen die Seile sinken. Sie engen dich nicht mehr ein, sondern stützen dich. Schieb dich hoch, Stück für Stück.«
    Von da an übernahm mein Instinkt.
    Als ich mich halb an der Seilabsperrung aufgerichtet hatte, ließ er los und hob beide Hände. »Und jetzt steh auf!«
    Ich klatschte ihn begeistert ab. Und dann ließ ich mich auf die Matte fallen und rang nach Luft, halb lachend und halb keuchend. »Danke, das war ganz große Klasse. Ich fühle mich jetzt immerhin bereit, in Würde und Anmut mein Leben auszuhauchen, wenn mir der nächste Draug begegnet.«
    Er warf sich ebenfalls auf die Matte, und eine Weile lagen wir schweigend und in freundschaftlicher Verbundenheit nebeneinander.
    »Warum musstest du das tun?«, fragte er schließlich. »Den iPod behalten, meine ich. Das mit dem Familienfoto checke ich ja noch, D. Aber ein iPod?«
    »Ich weiß.« Ich seufzte und legte einen Arm über die Augen. »Aber es war ein Touch . Der speicherte sogar Bücher.«
    »Bücher … cool«, sagte er sarkastisch. »Deine verdammte Nerdsucht bringt dich irgendwann noch um.«
    Er hatte einen wunden Punkt berührt. Ein paar andere Mädchen hatte sie bereits umgebracht. Ich wechselte rasch das Thema. »Und du? Schadet es eigentlich deinem Ruf, wenn du mit einem Nerd wie mir herumhängst? Solltest du es nicht eher deinen Vampir-Kumpels gleichtun? Dein Freund Josh ist ja im Moment so was von angesagt. Der kann sich vor Lilou und ihrer Clique kaum noch retten.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Wir ziehen ab und zu um die Häuser. Manche der Jungs sind schon in Ordnung.«
    Zu meiner Verwunderung klang seine Stimme irgendwie angespannt. Konnte das Angst sein? Ich schoss eine ganze Salve von Fragen auf ihn ab. »Wie sieht das bei euch Vampir-Anwärtern aus? Steht ihr auch in einem ständigen Wettbewerb wie die Acari? Hast du Angst vor den anderen Jungs? Oder hast du Angst vor dem Umwandlungsprozess in einen Vampir? Weißt du überhaupt, wie das alles abläuft? Müsst ihr sterben , bevor ihr Vampire werden könnt? Und was geschieht, wenn die Sache irgendwie nicht klappt? Entstehen dann diese wahnsinnigen Draug, oder was?«
    »Du weißt, dass ich dir diese Dinge nicht beantworten darf, Drew.« Er seufzte, und wieder spürte ich seine Anspannung. »Aber mit der Annahme, dass ich Angst habe, liegst du nicht ganz falsch.«

Wochen vergingen.
    Ich besuchte den Unterricht. Ich wurde stärker. Das Ende des Semesters kam in Sicht. Noch ein paar Wochen, und der vom Direktorat ausgesetzte Preis gehörte mir.
    Bei vielen Mädchen stand ich auf der Abschussliste, wie Lilou es prophezeit hatte, aber Emma und Yas gaben mir Rückendeckung.
    Ich wagte es nicht, meinen Freundeskreis zu erweitern. Fast täglich verschwanden jetzt Mädchen, und die wuchernden Gerüchte der Anfangszeit waren verstummt, als befürchteten die Acari, dass auch ihnen das Ende drohte, wenn sie den Mund nicht hielten.
    Immer deutlicher zeigte sich, dass es hier nur zwei Möglichkeiten gab – Erfolg oder Tod. Und da mein Überleben womöglich vom Scheitern eines anderen Mädchens abhing, mochte ich nicht allzu viele neue Freundschaften schließen. Ich hatte nie menschliche Nähe gekannt, und ich wusste nicht, wie ich den Verlust eines Freundes oder einer Freundin verkraften würde.
    Zu den Lehrkräften hingegen pflegte ich durchaus ein engeres Verhältnis. Merkwürdigerweise verstanden wir uns hervorragend. Daheim war ich meinen Lehrern immer voraus gewesen, aber hier konnte mir jeder einzelne Dozent etwas beibringen, selbst der unheimliche Master Dagursson.
    Ich wusste, dass einige Mädels schwer zu kämpfen hatten. Das ließ sich im Unterricht kaum verbergen. Aber ich brachte mich mit Herz und Seele ein.

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