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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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bereit.«
    Sie schien meine Meinung nicht zu teilen, aber sie sagte: »Dann hol die Dinger mal her!«
    Ich rannte zu meinem Spind und war zurück, bevor es sich Priti anders überlegen konnte. Wir trafen uns am Stand für Zielübungen. Ich nahm einen Wurfstern in die Hand und legte die übrigen, in schwarzen Samt gehüllt, zu meinen Füßen ab.
    Nervosität erfasste mich, als ich den Arm zum Wurf hob.
    »Geduld, Acari Drew«, sagte sie mit einem amüsierten Lächeln und hielt meinen Arm, bis er ganz ruhig war. »Shuriken ist eine Kunstform, die auch mentales Training erfordert.«
    Sie legte meine Finger um den Wurfstern. Er war kalt und scharf und kaum größer als meine Handfläche. »Ertaste die Waffe erst einmal. Shuriken ist japanisch und heißt Dolch in der Hand . Fahre die Schneiden entlang. Der Stern schmiegt sich enger als jedes Messer in deine Hand. Nichts trennt dich vom Stahl. Kein künstlicher Griff, keine Unebenheit der Klingen.«
    Priti nahm meine Schultern und schob mich in die richtige Position. »Wenn du ein Messer wirfst, musst du auf die Entfernung achten. Nicht so bei Shuriken. Deine weisen sechs Zacken auf. Das sind sechs Treffer-Möglichkeiten.«
    Sie trat hinter mich und ging ein wenig in die Knie, bis sie auf Augenhöhe mit mir war. »Jetzt fixiere die Zielscheibe. Du schleuderst die Waffe nicht einfach ins Schwarze. Du weitest dein Ich, deinen Willen, deine Kraft in seine Richtung aus.«
    Ich hatte das Zentrum der Zielscheibe das ganze Semester hindurch anvisiert. Aber diesmal öffnete ich mich und lenkte meine ganze Energie darauf zu. Als gäbe es einen hauchdünnen Faden, der mich mit der Scheibe verband.
    »Ja«, wisperte sie. »Du verstehst, was ich meine, nicht wahr? Wächter erlernen ein Mantra. Hör zu und merk dir die Worte!« Sie schob beide Hände unter meinen ausgestreckten Arm. » Ich bin Wurzeln tief im Erdreich. Ich bin Wasser, das fließt. Ich stehe fest auf dem Boden. Ich bin Wächterin. «
    Langsam löste sie sich von mir. »Jetzt atme. Spüre den Boden unter deinen Füßen. Spüre die Waffe als Teil deiner Hand. Entspann dich und spüre die Verbindung.«
    Ich befolgte ihre Anweisungen. Ich hob den Kopf, ließ die Schultern ein wenig sinken. Ich fühlte mich leichter.
    »So ist es gut, Acari. Bleib entspannt. Immer entspannt. Der Wurf kommt nicht nur aus deinem Arm. Er kommt nicht nur aus dem Handgelenk. Du ziehst die Kraft aus dem Boden unter deinen Füßen. Lass sie durch deinen Körper strömen. In deinen Arm. Deine Bewegungen sollten fließen. Wenn du die Shuriken schleuderst, gleiten sie auf einer Woge der Energie von dir fort.«
    Ich spürte, was sie meinte. Meine Füße standen fest auf dem Boden. Aus der Tiefe des Erdreichs kam ein Gefühl der Kraft, das in mir aufstieg und mich durchflutete bis in die Fingerspitzen.
    Ich spürte ihr Wispern in meinem Ohr. »Jetzt.«
    Ich warf.
    Der Stern glitt auf einer Woge der Energie aus meiner Hand. Und klirrte zu Boden. Ich hörte ein paar Mädels hinter mir spöttisch kichern.
    Schamesröte stieg mir in die Wangen.
    »Weiter, Acari. Ohne Pause. Du musst es wieder und wieder versuchen.« Priti klopfte mir auf die Schulter und entfernte sich. Ich hörte, wie sie einem der anderen Mädchen einen scharfen Befehl zurief, aber die Worte selbst drangen nicht zu mir durch.
    Das Einzige, was im Moment existierte, war ich, meine Shuriken und die Zielscheibe. Ich versuchte es erneut. Wieder hörte ich das enttäuschende Klirren von Metall auf dem Hallenboden.
    Ich mühte mich ab, aber nach jedem Wurf prallte der Stern von der Zielscheibe ab und klirrte zu Boden.
    Ich merkte, wie die anderen Mädchen ihre Sachen packten und zur Umkleide gingen, aber ich drehte mich nicht um. Ich war entschlossen, einen Treffer zu landen, und wenn ich die ganze Nacht hierbleiben musste.
    Wieder und wieder versuchte ich es. Ping. Ping. Ping.
    Bis …
    Im gleichen Moment, als der Shuriken meine Hand verließ, wusste ich, dass es der Wurf war. Ich hatte es gespürt. Er war durch die Luft gesegelt, getragen von einer perfekten Welle, wie an einer Schnur zum Zentrum der Zielscheibe hin gezogen. Er traf, und er blieb stecken.
    Ein einziges Händepaar klatschte Beifall. Als ich mich umdrehte, sah ich Emma. Sie lächelte mich an. Es war das erste Mal, dass ich ein Lächeln auf ihren Zügen sah. Es erwärmte ihr herzförmiges Gesicht und zeigte, wie hübsch sie war.
    Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Aber nun mach mal«, sagte sie in ihrem Fargo -Slang.
    Viele

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