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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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ihr wohl widerfahren war. Noch erschreckender fand ich es allerdings, dass sie sich trotz der furchtbaren Verbrennung immer noch zu allem hingezogen fühlte, was mit Feuer zu tun hatte.
    Sie klappte den Deckel ihres Feuerzeugs zu und fuchtelte mit dem Ding hin und her. »Es heißt, dass wir die Waffe einsetzen dürfen, die sie uns ganz am Anfang zuteilten. Unsere Spezialität sozusagen.«
    Mir lief ein Schauder über den Rücken. Wollte Lilou etwa nur mit einem Feuerzeug bewaffnet in den Ring steigen? Ich ließ meine Blicke über den Narbenwulst an ihrem Hals wandern. »Und wie bist du zu deiner Spezialität gekommen, Lilou?«
    »Meine Mutter brachte eines Tages dieses Mädchen mit heim.« Lilous Stimme wirkte geistesabwesend. Sie fuhr mit einem Finger verträumt über die Narbe. »Irgendein dreckiges Balg, das sie in Pflege genommen hatte, aber sie nannte es ihr goldiges kleines Gossenkind. Ein Schwesterchen für mich, wie sie sagte. Aber ich wollte diese Schwester nicht.«
    »Hmm, okay. Du mochtest deine Pflegeschwester nicht – irgendwie verständlich.« Hatte Lilou mich deshalb vom ersten Moment an so irrational gehasst? »Weil sie aus dem Elend kam? Ist das der Grund für deinen Hass auf mich?«
    »Ach, es ist so viel mehr als das. Du gleichst ihr aufs Haar .« Sie runzelte die Stirn und betrachtete finster meine hellen Strähnen. »Die kleine Sunny, mit ihrem süßen Blondhaar.«
    »Sie nannte die Kleine Sunny ?« Irgendwie tat mir das unbekannte Kind leid. Ich wusste, welche Last es war, ständig Bemerkungen über die blonde Pracht zu hören. Da auch noch den Namen Sunny obendrauf zu packen, fand ich echt krass.
    Lilou lachte. Es war das erste Mal, dass sie mich anlachte, und ich merkte, wie sich die Härchen an meinen Armen aufrichteten. »Sunny, Sunny. Sie machte allen etwas vor. Nur mir nicht. Und jeder fragte mich, warum ich sie denn nicht ein bisschen lieb haben könnte.« Ihr Lachen verwandelte sich in ein höhnisches Grinsen. »Ein armes Mädchen, aber so hübsch und so gescheit.«
    »Das ist es also? Du hattest eine Pflegeschwester, die mir ähnlich sah und die arm, aber nicht dumm war – das brachte dein gedankenloses Leben in der Welt der Reichen durcheinander. Oder passte es dir nicht, dass deine Mami diese Sunny lieber mochte als dich?«
    Etwas machte Klick in meinem Gehirn, als ich den Namen wiederholte. Ich kannte ihn. Lilou hatte ihn schon oft hervorgestoßen, wenn sie im Schlaf redete. Eine böse Vorahnung überkam mich. »Moment mal! Ist das etwa die Sunny aus deinem Traumtext? Brenn, Sunny, brenn!? «
    Lilous Augen wurden schmal, aber sie lächelte immer noch. »Arme Sunny! Sie war im Haus, als es niederbrannte.«
    Das Blut in meinen Adern erstarrte zu Eis. Lilou nannte mich einen Freak, aber der einzige Freak hier im Raum war sie. Sie musste das Haus, in dem sich ihre Pflegeschwester befand, angezündet haben. Und jetzt träumte sie davon, mich abzufackeln.
    Ich bezweifelte, dass ich nachts je wieder ein Auge zutun würde.
    Aber ich zwang mich, ruhig zu bleiben. »Dann hast du also vor, mich im Schlaf zu verbrennen, Lilou?«
    »Nein«, erklärte sie nüchtern. »Ich habe vor, dich im Beisein aller anderen zu verbrennen.« Damit beugte sie sich vor und begann ihre Stiefel aufzuschnüren.
    »Das schaffst du nur über meine Leiche.«
    »Ich weiß. Und ich werde auch noch einen Preis dafür bekommen.«
    Den vom Direktorat ausgesetzten Semesterpreis. »Vorsicht, Lilou. Ich an deiner Stelle wäre nicht ganz so zuversichtlich.«
    »Du weißt, dass ich stärker bin als du«, sagte sie. »Wie viele dieser hübschen kleinen Sterne hast du bekommen? Ich habe dir heute beim Training zugeschaut. In deinen Händen sind die Dinger ungefähr so tödlich wie Christbaumschmuck.«
    Zorn packte mich. Sie konnte meine Haare schlechtmachen, aber nicht meine Waffen. »Du hast doch keine Ahnung von meinen Shuriken, du Schlampe.«
    Ihr Lachen schrillte durch das Zimmer. »Wie das schon klingt! Shuriken! Sure I can … klar, ich kann. Besser wäre sure you can’t … kannst du eben nicht!«
    Sie hatte echt keine Ahnung, und ihre Angeberei bestärkte mich nur in meiner Entschlossenheit. »Hast du keine Hausaufgaben oder sonst was zu tun? Du kannst von mir aus das Wohnheim abfackeln, mit sämtlichen Vampiranwärtern schlafen und dich mit Step-Aerobic in den Wächter-Rang hochtanzen, aber das wird dir alles nichts nützen, wenn du in deutscher Grammatik durchkrachst.«
    Ich hatte einen wunden Punkt berührt.
    Sie

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