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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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unserer Kommilitonen hatten bereits geduscht. Sie saßen herum und warteten darauf, dass Wächterin Priti sie entließ.
    Ich verstaute meine Wurfsterne sorgfältig in ihrem Bett aus Samt und eilte zu den Tribünen. Das Duschen und Umziehen musste ich auf später verschieben.
    »Hey, du stinkst.« Lilou schnüffelte übertrieben. »Eklig. Nicht zum Aushalten.« Sie und ihre Clique zogen sich auf einen der oberen Ränge zurück.
    Ich lächelte. Highschool-Gehässigkeiten und albernes Theater ließen mich im Moment kalt. Ich war dabei, die Wurftechnik eines Ninja zu erlernen.
    Wächterin Priti trat vor die Kampfsportgruppe. Sie war frisch geduscht und trug ein weißes Trägerkleid, das ihre Figur perfekt zur Geltung brachte. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie zu Härte und Brutalität fähig war, obwohl eine Frau von ihrem Rang fast so etwas wie eine Kampfmaschine sein musste. Aber vermutlich entblößte sie ihre strahlend weißen Zähne auch dann noch zu einem Lächeln, wenn sie einen dieser unberechenbaren Draug mit ihrem Chakra enthauptete.
    »Großartige Neuigkeiten, meine Vögelchen. Wir haben entschieden, auf welchem Gebiet der Wettbewerb um den Semesterpreis dieses Mal ausgetragen wird.«
    Mein Herz klopfte schneller, und ich rutschte unruhig auf meinem Platz nach vorn. Endlich hatte das Warten ein Ende. Ich tippte auf Mathe. Ein Computerprogramm vielleicht?
    »Wir werden ein Turnier nach dem K.o.-System abhalten. Acari gegen Acari. Wer verliert, scheidet aus. Wer gewinnt, tritt gegen die nächste Gegnerin an. So geht es immer weiter, bis zum Finale.«
    Ich ließ mir kein Wort ihrer Ankündigung entgehen. Ein Turnier? Aber in welchem Fach? Oder ging es um eine Art Abfragen von Allgemeinwissen?
    Wächterin Priti bedachte uns mit ihrem charakteristischen Lächeln. Das bedeutete gute Nachrichten für mich. Ich wusste es. »Diesmal fiel die Wahl des Gremiums auf …«
    Ich hielt den Atem an.
    »… Kampfsport.«

Ich saß mit dem Rücken zur Wand auf meinem Bett und versuchte mich zu konzentrieren. Beim Abendessen hatte ich mich zwar gezwungen, etwas zu trinken – das erforderte schon die Aussicht auf einen Kampfsport-Wettbewerb –, aber ich war nicht in der Lage gewesen, auch nur einen Bissen herunterzubringen.
    Master Alcántara hatte erklärt, die Teilnahme sei freiwillig. Ich konnte aussteigen. Aber damit vergab ich meine vielleicht einzige Chance, diesen öden Felsenbuckel zu verlassen. Zu fliehen.
    Außerdem hegte ich den Verdacht, dass die Entscheidung für oder gegen ein Mitmachen bereits Teil des Tests war. Wächter waren die Besten der Besten, und deshalb wurde von den Acari wohl erwartet, dass sie sich jeder Konkurrenz stellten.
    Nur hatte ich mich bisher nie in dieser Rolle gesehen. Ich war motiviert und zielstrebig, ja, aber doch keine Kampfsportlerin.
    Ich schlug mein Buch über die nordische Götterwelt zu. Meine Gedanken waren an diesem Abend nicht bei der Lektüre.
    Kampfsport. Schon der Gedanke bereitete mir Übelkeit. Von allen Unterrichtsfächern ausgerechnet Kampfsport? Und was bedeutete das genau? Dass wir mit Schutzkleidung gegeneinander antraten? Mit Waffen? Nach welchen Regeln würden wir kämpfen? Wie sah ein Sieg aus? Mussten wir die Rivalin verletzen? Oder gar töten ?
    Natürlich würden einige der Mädchen sterben. Das konnte in der Hitze des Gefechts nicht ausbleiben. Selbst im Training kam es gelegentlich zu tödlichen Unfällen.
    »Du siehst nicht gut aus, Unterschicht.« Lilou knallte die Zimmertür zu und hängte ihre Tasche an den Bettpfosten. »Schiss wegen der Wettkämpfe? Na ja, kein Wunder, so wie du dich im Sport anstellst …«
    Sie ließ sich auf ihr Bett fallen, und einen Moment lang starrten wir einander wortlos an. Jeder unbeteiligte Beobachter hätte diese Farce eines Zusammenlebens für ganz normal gehalten – zwei Zimmergenossinnen in einem Studentenwohnheim, die vor dem Schlafengehen noch ein wenig über die Ereignisse des Tages quatschten. Dann zog sie ihr Feuerzeug heraus, und ich hörte, wie sie es an- und ausmachte. Schnipp schnapp schnipp schnapp – immer wieder.
    Und diese Zicke beschimpfte mich als Freak. »Warum tust du uns nicht den Gefallen und fackelst dich selbst ab?«
    Sie zerrte am Halsausschnitt ihres Uniform-Oberteils. Ich hatte ihre Narbe fast vergessen, aber diese Geste verriet mir alles über den unschönen Hautwulst. Sie hatte schon mal eine Brandverletzung erlitten, so viel stand fest.
    Ich fröstelte bei dem Gedanken, welches Unglück

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