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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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überlief, war so heftig, dass meine Haut um zwei Größen schrumpfte. Ich erkannte die verführerische Stimme, den rollenden Akzent. Ich wusste, wen ich sehen würde, wenn ich mich umdrehte.
    Verdammter Mist. Ich war so was von angeschissen.
    Ich schluckte, aber irgendwie fand ich meine Stimme wieder. »Master Alcántara.«
    Sein Anblick nahm mir den Atem. Sein dichtes schwarzes Haar glänzte. Seine rätselhaften dunklen Augen glitzerten. Er war eine stattliche Erscheinung, charmant, bezaubernd, verführerisch. Vor allem aber strahlte er Macht aus.
    Ich hatte Zorn erwartet, Streit, doch über seine Züge huschte eher etwas Verruchtes, wenn nicht gar Lasterhaftes, und das machte mir Angst.
    Er hielt den Kopf schräg und sah mich nachdenklich an. »Ich spürte dein Herannahen. Wie eine Fackel, deren helle Flamme die endlose Schwärze der Nacht durchschneidet.«
    Blankes Entsetzen erfasste mich. Ich hatte grob gegen die Gesetze dieser Insel verstoßen. Er war einer der wichtigsten Vampire hier, und er hatte mich ertappt. Welche furchtbare Strafe drohte mir nun?
    Ich wartete auf seinen Angriff, aber er starrte mich nur an, verzehrte mich mit seinen Blicken. Weshalb blieb er so gelassen? Spielte er mit mir, bevor er seine Fänge in mein Fleisch schlug?
    Er fuhr mit einem Finger meine Wange entlang. Meine Haut brannte unter seiner Berührung. »Hast du mich gespürt, so wie ich dich gespürt habe? Hast du mich gesucht, so wie ich dich gesucht habe?«
    Mir stockte der Atem unter seinem durchdringenden Blick. Ich keuchte, zwang mich, gleichmäßig Luft zu holen, um nicht in einen Zustand der Hyperventilation zu geraten. Es dauerte eine Weile, ehe ich sprechen konnte und mir eine Antwort zurechtgelegt hatte. »Sie haben mich gesucht? Die Steine … ich fühlte mich zu den Steinen hingezogen.«
    Seine Augen leuchteten auf. »Dann hast du es also gespürt, ja?«
    Wusste er nicht mit letzter Sicherheit, welche Wirkung er auf mich ausübte? Ich hatte bisher angenommen, Vampire wüssten alles . Auch, dass ihr Ruf Menschen unweigerlich in den Bann schlug. Ich nickte vorsichtig. »Ja. Ich … spürte etwas.«
    Seine Blicke verschlangen mich. Ich bemühte mich, nicht vor ihm zurückzuweichen. Gleichzeitig musste ich verhindern, dass ich mich in der Tiefe dieser exotischen, kohlschwarzen Augen verlor. Sorgsam strich er mir eine Haarsträhne aus der Stirn. »Gleich und Gleich findet sich, Annelise.«
    Allmählich wurden meine flachen Atemzüge tiefer, und mein Herzschlag verlangsamte sich. Ich durfte jetzt nicht ohnmächtig werden, sonst erwachte ich vielleicht in einem schrecklichen Verlies. Panik erfasste mich. »Klingt nach einer Bekanntschaftsanzeige«, stammelte ich.
    Sein Lachen hallte von den Steinsäulen wider. »Wahrlich, du amüsierst mich.«
    Ich lächelte zaghaft. Warum hatte er mich noch nicht getötet?
    Er zog eine Augenbraue hoch und sah mich verschmitzt an. » Gleich und Gleich findet sich. Das könnte ein Gesetz der Quantenmechanik sein. Was denkst du? Bist du nur deshalb hier, weil das Universum die Aktionen irgendwelcher sinn- und verstandloser Partikel diktierte?« Er trat noch näher. »Oder fühltest du dich als Weib zu mir hingezogen, Annelise?«
    Meine Gedanken rasten. Was zum Henker faselte er da? Redete er von Physik? Spielte er wie eine Raubkatze mit seiner Beute? Oder waren das die Worte eines Mannes? »Stellen Sie diese Frage als mein Lehrer?«
    Er lachte. »Armes verwirrtes Kind! Wie muss das für dich sein? Bereitet es dir Vergnügen, zum ersten Mal in deinem Leben eine echte Herausforderung zu spüren?«
    Nein, es bereitete mir kein Vergnügen, vor allem nicht, wenn ich an das Gemetzel dachte, das dieser Unterredung folgen würde. Aber ich beschloss mitzuspielen, schon allein deshalb, weil ich damit mein Ende ein wenig hinauszögerte. Also erwiderte ich: »Sie halten mich ganz schön auf Trab, Master Alcántara.«
    »Ich wusste, dass es dir auf der Insel gefallen würde.« Er legte seine Hand an meine Wange, und ich erstarrte. Aber seine Haut fühlte sich nicht schlaff und feuchtkalt an, wie ich vermutet hatte, sondern angenehm fest und kühl.
    Er ist ein Killer, sagte ich mir vor. Ein Monster. Ich bog meinen Kopf zur Seite.
    Er trat einen Schritt zurück, setzte sich auf die Steinplatte und gab mir durch einen Wink zu verstehen, dass ich es ihm gleichtun sollte. »Sag, cariño , hast du schon einmal überlegt, wie du auf diese Insel gelangt bist? Glaubst du etwa, dass dich dieser armselige Sucher

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