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Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Titel: Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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zu glauben, dass ihr Vater in all seinen Transaktionen ein Heiliger war, aber in seinem Herzen war er ein anständiger Mann, und Tom Silver musste sich bezüglich seiner Rolle bei der Katastrophe in der Mine irren.
    Es war sinnlos zu versuchen, ihn davon zu überzeugen, dass ihr Vater unschuldig war. Ihre Hoffnung war nun, dass sie diese Prüfung überstand, bis ihr Vater kam, um sie zu holen, und die Behörden sich um Tom Silver kümmern würden.
    Kormorane mit ihren schwarzen Flügeln zogen über den Himmel, stießen sich jäh hinab ins Wasser, um Fische zu fangen. Deborah legte das Buch beiseite und schaute eine Weile lang zu, spürte den kalten Wind an ihren Hutbändern zerren.
    Etwas flackerte am Horizont. Sie beschattete die Augen und schaute genauer hin, entdeckte einen langen, dünnen tief grüngrauen Streifen. Irgendetwas Mysteriöses haftete dem Anblick an, doch Deborah erkannte, dass es sich um Land handelte.
    Sie stand auf und klopfte sich auf den Oberschenkel, forderte Smokey auf, ihr zum Heck zu folgen. „Haben Sie das Fernrohr?“, fragte sie Lightning Jack.
    Er nickte und reichte es ihr. „Können Sie es schon sehen?“
    „Ja. Sie nicht?“
    „Noch nicht, nicht mit diesen alten Augen“, erwiderte er und fuhr sich mit einer Hand durch die weiße Strähne im Haar.
    Sie stieg auf eine Holzkiste und hielt sich das Fernrohr vors Auge. „Es ist so unauffällig.“
    „Das ist Isle Royale“, sagte Jack, sprach „Isle“ französisch als „Ihl“ aus. Ein ehrfürchtiger Unterton ließ seine Stimme leiser klingen. „Sie wird sich uns langsam offenbaren, in ihrem eigenen Tempo.“
    Sie merkte daran, wie Jack sprach, dass die Insel eine besondere Bedeutung für ihn hatte. Oft genug während der Reise hatte sie den Drang verspürt, ihn – und sogar Tom Silver – zu fragen, wie es dazu gekommen war, dass sie sich auf der wilden unberührten Insel niedergelassen hatten, und was sie dort vorgefunden hatten. Aber sie wollte diese Männer nicht näher kennenlernen, als sie es bereits getan hatte. Schnell hatte sie begriffen, dass sie Abstand halten musste zu ihren Entführern. In dem Moment, in dem sie begann, sie als Menschen zu sehen, lief sie Gefahr, immer mehr unter ihren Einfluss zu geraten.
    „Es ist nicht nur eine Insel“, erklärte Jack ihr, während der dunkle Umriss vor ihnen breiter wurde. „Zu der großen Insel gehören noch viele kleine, und es gibt viele Häfen.“
    Stück für Stück trat die zackige Küstenlinie aus den Nebelschwaden und nahm mehr und mehr Gestalt an. Enten und Silbermöwen drängten sich in Schwärmen um den Kutter. Smokey verbellte die Vögel lauthals, lief dabei von einem Ende des Decks zum anderen. Im Ruderhaus stand Tom und hielt den Blick auf die beeindruckende Insel gerichtet.
    Da sie das Fernrohr nicht länger brauchte, legte Deborah es weg. Die Insel erinnerte sie an eine Festung, nebelverhangen und undurchdringlich, umgeben von einer Phalanx spanischer Reiter aus zackigen schwarzen Felsen. Große Tannen schraubten sich wie schlanke Säulen in die Höhe, reckten sich in den blassen Nachmittagshimmel, und in der Luft lag unverkennbar frischer Kiefernduft. Die Birken schimmerten golden in den Wäldern an den Hängen und Anhöhen der Insel. Helle orange Flechten überzogen die Felsen entlang der Wasserlinie.
    Während der Kutter in eine geschützt liegende Bucht einbog, wo das Wasser gemächlich gegen das felsige Ufer schlug, empfand Deborah Beunruhigung. Das hier war wirklich eine Festung, umgeben von scharfen Felsen und eisigem Wasser, und wenn sie erst einmal an Land gegangen war, wäre sie so sehr Gefangene wie Rapunzel in ihrem Turm.
    Dieser Ort war so abgelegen, dass niemand sie am Ende finden würde. Wie seltsam, dachte sie, während sich Furcht und Hoffnungslosigkeit in ihr ausbreiteten, jede Faser von ihr erfassten. Wie überaus seltsam. In der Nacht von dem Feuer war ihr genau der Gedanke gekommen. Sie erinnerte sich daran, gedacht zu haben, dass eine Katastrophe von solchen Ausmaßen Familien für immer trennen konnte, Ehemann und Ehefrau, Kinder und Eltern. Freunde verloren Freunde aus den Augen, fanden einander nie wieder.
    Nein. Sie glaubte nicht, dass sie lange hierbleiben würde. Zum einen hatte sie Silver und Lightning über „Zufrieren“ reden hören, was meist Ende November geschah und die Inselbewohner zwang, auf dem Festland Zuflucht zu suchen. Zweitens verabscheute Tom Silver sie. Nicht nur weil er ihrem Vater die Schuld an dem Minenunfall

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